Vor bald vier Jahren habe ich bereits einen Post über das Skitourengehen mit Kindern verfasst (Skitouren mit Kindern). Inzwischen haben wir einiges an Erfahrung gesammelt, die Kinder sind solide Skitourengänger geworden und haben Freude daran.

Kinder motivieren

Wie immer bei anstrengenden Tätigkeiten ist das Motivieren das A und O, das kennen wohl die meisten von euch. Erst recht gilt dies für Kinder, da ist viel Fingerspitzengefühl gefragt. Folgende Faktoren haben einen Einfluss (und sind ungefähr die gleichen wie bei Erwachsenen):

  • Gewicht der Ausrüstung
  • Schneebeschaffenheit
  • Wetter
  • Gruppe

Deshalb sollte man die Kinder gut kennen oder zumindest immer einen Plan B bereit halten. Das Gewicht kann man verringern, indem man ihnen möglichst viel davon abnimmt. Teeflasche, Lunch, Ersatzjacke, das alles kann auch ein Erwachsener in seinen Rucksack nehmen. Nur die Sicherheitsausrüstung muss im Rucksack bleiben. Für erste Schritte wählt man am besten einen Hang, wo die Kinder gefahrlos üben können, ohne Rucksack. Später kann dann eine richtige Tour geplant werden, die sogar auf einen Gipfel führt.

Für den Anfang tut es auch ein geeigneter Hang

Klein beginnen

Wie bringt man die Kinder aber überhaupt so weit, dass sie auf Skitour wollen? Da wir beide, meine Frau und ich, auf Skitouren gehen, war diese schöne Winterbetätigung immer ein Thema. So war es für sie selbstverständlich, dass sie das auch probieren wollten. Schon als sie mit dem Skifahren begannen, zog es sie immer in den Pulverschnee, was auch den Skilehrern nicht verborgen blieb. Die erste Skitour führte nur über 50 Höhenmeter zu einer Alphütte, wo die Kinder spielen und LVS suchen konnten. Es folgten die Haushänge bei unserem Clubheim im Hasliberg und eine Skitour zu Hause (ja, früher, als es noch Schnee hatte im Flachland) auf den Stierenberg. Nun aber musste endlich ein richtiger Gipfel her, mit 9 ½ und 8 Jahren schafften sie diese Premiere auf dem Rickhubel, einem kleinen Gipfel in der Glaubenbergkette im Kanton Obwalden. Es waren bloss 500 Höhenmeter, aber das reicht völlig für ein ganzheitliches Erlebnis.

Noch motivierender für Kinder ist es natürlich, wenn andere Kinder dabei sind. Mit Mama und Papa auf Tour zu gehen mag ja schön sein, aber mit Gleichaltrigen haben sie halt noch mehr Spass.

Die externen Faktoren

Ein entscheidender Faktor für eine gelungene Kinderskitour ist die Schneequalität. Zumindest bis die Kinder sicher sind auf Skitouren darf man nur bei guten Schneeverhältnissen gehen, das heisst Pulver- oder Sulzschnee*, jedenfalls einfach zum Fahren. Mit schlechtem Schnee kommen sie noch schnell genug in Berührung. Unsere machten ihre Erfahrungen auf dem Rossstock.

Wichtig für das Gelingen der Skitour ist auch das Wetter. Gehe nur bei schönem Wetter und nicht allzu tiefen Temperaturen. Kälte zehrt an den Kräften, Kinder reagieren da noch sensibler als Erwachsene. Nebel oder Schneefall sind auch keine Motivatoren und können die Kinder verunsichern, zudem wird auch die Abfahrt bei schlechter Sicht gefährlicher.

*) Unter Sulzschnee verstehe ich hart gefrorenen Schnee, dessen obersten 3 – 4 Zentimeter von der Sonne aufgeweicht sind, ein Traum zum Fahren.

Abfahren im schweren, nassen Schnee
Abfahren im schweren, nassen Schnee

Und zu guter Letzt: Nur ausgeruhte Kinder sind motivierte Kinder. Das heisst, dass sie vor der Tour genügend Schlaf haben müssen. Was es heisst, mit Kindern auf Tour zu gehen, die zu spät ins Bett gegangen sind, haben wir hier erfahren: Die Skitour, die Krisenmanagement verlangte.

Bewegung im Alltag

Motivation fängt aber schon im Alltag an, den Kindern muss die Freude an der Bewegung vermittelt werden. Da stehen wieder die Eltern als Vorbilder in der Pflicht. Nimmt man für jede kurze Strecke das Auto, wirkt das für die Kinder nicht glaubwürdig und ihnen wird ein falsches Bild vermittelt: Wozu soll ich mich anstrengen, wenn es doch auch bequemer geht? Wir haben für uns eine klare Rangfolge der Fortbewegungsmittel festgelegt:

  1. Fahrrad/zu Fuss
  2. ÖV
  3. Auto

Damit sind wir sehr gut gefahren (oder eben gegangen) und es gab bei uns noch nie Diskussionen wegen Elterntaxi.

Ausrüstung

Skischuhe

Tourenskischuhe gibt es ab Grösse 34. Ob sich deren Anschaffung aber lohnt, ist sehr fraglich. Unsere Kinder waren immer mit ihren normalen Pistenschuhen auf Tour und hatten keine Probleme damit. Inzwischen sind ihre Füsse so gross, dass sie die alten Tourenskischuhe ihrer Mutter tragen können.

Skis und Bindung

Ein Problem in diesem Alter sind natürlich Tourenskis. Es müssen nicht die neusten Bretter sein, ein paar alte tun es auch, da sie sowieso leiden werden. Man frage in der Bekanntschaft oder in einem Sportgeschäft nach, da findet man bestimmt ein Paar, das sonst fortgeworfen würde. Wir hatten jeweils alte Pistenskis, auf die wir ebenso alte Tourenbindungen montiert hatten, eine Silvretta 400 oder 404 erfüllt da weiterhin ihren Zweck. Statt auf Skis eine Tourenbindung zu montieren kann auch ein Skitourenadapter auf den normalen Pistenskis verwendet werden, wie er von der Koch alpin GmbH in Österreich hergestellt wird.

Den Adapter kriegt man in der Schweiz offensichtlich nicht mehr, kann aber online bestellt werden:

Bergzeit
gigasport.ch

Hat die Kinder das Skitourenvirus definitiv gepackt, lohnt sich eine Investition in eine optimierte Ausrüstung.

Felle

Ein weiteres unabdingbares Utensil sind Steigfelle, ohne die geht es nicht hoch. Wir nehmen für die Kinder alte Felle, klappen jeweils den überstehenden Teil um und befestigen diesen mit einem Skiriemen. Das klappt im Normalfall problemlos, sonst muss man halt unterwegs neu befestigen.

Zu langes Fell befestigen
Zu langes Fell befestigen

Skistöcke

Es braucht keine speziellen Tourenskistöcke, die normalen Stöcke für die Piste reichen.

Lawinenschutzausrüstung

Hier gibt es keine Kompromisse: Auf eine richtige Skitour muss das Dreierset aus Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), Lawinenschaufel und Sonde mit. LVS können in einem guten Sportgeschäft gemietet werden. Dass die Schaufel nicht nur im Ernstfall eingesetzt werden kann, darauf kommen die Kinder schnell:

Die Kinder haben Spass mit der Lawinenschaufel
Die Kinder haben Spass mit der Lawinenschaufel

Helm

Der Helm auf Skitouren, das ist so eine Sache. Jedenfalls für mich. Auf dem Fahrrad, beim Klettern und beim Skifahren auf der Piste bin ich ein Verfechter des Kopfschutzes. Auf Skitouren erspare ich mir aber das zusätzliche Gewicht und Volumen. Die Kinder haben ebenfalls schon genug zum Schleppen, da schreiben wir auch keinen Helm vor. Natürlich kann es immer blöd gehen. Auf der Piste trage ich den Helm nicht, weil ich meinen Fahrkünsten nicht traue, sondern wegen den anderen Pistenbenutzern. Auf Skitouren ist man generell vorsichtiger unterwegs und fährt nie am Limit, jedenfalls nicht als normaler Tourengänger. Es ist bestimmt nicht falsch, auch auf Skitouren einen Helm zu tragen, in der Familie verzichten wir aber alle darauf. Schlussendlich muss jeder für sich alleine resp. für sein Kind entscheiden. Inzwischen gibt es auch spezielle Skitourenhelme, die leicht und weniger voluminös sind.

Geführte Kindertouren

Wer keine Erfahrung hat im Skitouren planen und führen, kann sich auch einem Verein wie dem Schweizer Alpenclub oder dem Deutschen Alpenverein anschliessen. Eine kurze, nicht repräsentative Nachforschung bei den verschiedenen Sektion hat ergeben, dass nur sehr wenige Sektionen Skitouren explizit für Anfänger anbieten, darunter nebst dem SAC Homberg der SAC Bern, SAC Piz Terri und SAC Lägern. Verschiedene Sektionen bieten zwar einfache Skitouren an, diese sind aber nicht ausdrücklich als für Anfänger oder Kinder gekennzeichnet. Nachfragen lohnt sich. Am besten fragst du mal bei der Sektion in deiner Region nach.

Und wenn alles klappt, finden die Kinder gefallen an den Skitouren.

Skitouren machen auch Kindern Spass!
Skitouren machen auch Kindern Spass!

Hast du schon Erfahrungen mit Kinderskitouren gemacht? Was machst du anders? Deine Meinung interessiert mich!

11 thoughts

  1. Bin auch seit einigen Jahren mit Kindern auf Skitour, Am Anfang ging ich auch Kompromisse bei Tourenbindung und Fellen ein. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass man hier keine Abstriche machen sollte. Ich empfehle eine leichte Tourenbindung, welche bis Z-Wert 4 einstellbar ist. Dazu unbedingt „Zuschneidfelle“ und für steilere Passagen Harscheisen. Dann kommt auch mit den kids sehr weit: https://www.facebook.com/horst.lederer.5

    1. Das ist richtig, wenn die Kinder wirklich Freude gekriegt haben an Skitouren, kommt man an einer optimierten Ausrüstung nicht mehr vorbei. Danke für den Hinweis, werde das noch ergänzen.

  2. Als Obmann des größten Salzburger MTB-Club habe ich vergangene Woche die strahlenden Augen eines Buben im Alter von 6 1/2 Jahren gesehen, mit welch einer Freude er die 540 hm geschafft hat.
    Wir haben mittlerweile 5 Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren die am Skitourensport ihre Freude haben

  3. Klasse Beitrag!

    Immer wieder stoßen wir auf unseren Skitouren mit unserer Tochter (6) auf begeisterte und zugleich überraschte Tourengeher.
    Das Thema Skitouren mit Kindern ist – zu unrecht – leider noch unterentwickelt. Wir haben deshalb mal angefangen unsere Erfahrungen zu sammeln.
    Besucht uns doch auf http://kinderskitour.at oder auf Facebook unter https://www.facebook.com/kinderskitour/

    Viel Spaß bei den ersten Touren mit eurem Nachwuchs.

    Wer Anschluss sucht (Tiroler Unterland) kann sich natürlich gerne bei uns melden. Gemeinsam macht es den Kids meist noch mehr Spaß!

  4. Unser Sohn ist bald 8 Jahre, aber sehr zart. Der Aufstieg mit Alpinski und dem ContourAdapter war einfach zu schwer Die für ihn beste Aufstiegsvariante haben wir uns in Norwegen abgeschaut- Langlaufski mit entsprechenden Fellen darunter und seine Abfahrtsausrüstung bei uns im Rucksack- das ist wirklich optimal. Manchmal wollte er sogar lieber mit den Langlaufski wieder abfahren, was bei Pulverschnee auch richtig Spass machen kann 🙂

  5. Toll, dass ihr auch Skitouren mit Kinder unternehmt. Wir haben gemerkt, dass wir die Aufstiege mit Ausbildung, Schanzenbauen und Gipfelfondue interessanter gestalten müssen. Auch mit einer Fackelabfahrt in der Nacht. Nun hat sich gezeigt, dass die Kinder daran grosse Freude haben. Unser Verein alpine-experience hat 52 paar Skis in allen Längen (ab130 cm) erstellt mit modernen Skitourenbindungen und Tourenschuhe, welche die Kinder gratis ausleihen können. Wir haben nun 3 -4 Tourenlager im Jahr mit 30 bis 40 Kinder und Jugendlichen pro Lager.
    Ist doch erfreulich, wenn die Kids nicht am gamen sind.
    Falls die Kinder in einer Gruppe mit gleichaltrigen in die Berge wollen: https://www.alpine-experience.ch/

  6. Alpin zu schwer… Langlauf nicht abfahrtstauglich…
    Alternative Telemark Ausrüstung! Schuhe gibt es ab Mondo 19.0 (ca. 29/30). Schuhe sind deutlich leichter als Alpin-Skischuhe und sind viel bequemer zum Gehen. Die Bindung wiegt sogar nur ein Drittel von der Kombi Alpinbindung mit Adapter. (Beispiel bei Schuhgröße 22.0: 2.285gr. Telemark gegenüber 4.410gr. Alpin Schuh & Bindung. Das ist (fast) nur die Hälte

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