Zwischendurch braucht man als Paar einfach mal nur Zeit für einander. Den ganzen Alltag hinter sich lassen, die Sorgen, die Arbeit und – ja auch die – die Kinder. Da wir sowieso etwas zu feiern hatten, war dieses November-Wochenende bestens geeignet, drei Tag in den (natürlich) Bergen zu verbringen. 

Furggespitz und Gummfluh
Furggespitz und Gummfluh

Wir wissen die Kinder bestens aufgehoben und warten auf den Zug. Die Frau weiss nicht, wo es hingeht. In Aarau steigen wir um, in Olten wieder. Gemütlich fahren wir durchs Mittelland, über Bern geht es weiter nach Thun und Spiez, schon mitten in den Bergen. Nochmals umsteigen, wir fahren durch das Simmental und frischen alte Erinnerungen an Touren auf.

In Zweisimmen müssen wir nochmals umsteigen in den noblen „Golden Pass Panoramic Express“. Von Express kann jedoch keine Rede sein, wäre ja auch zu schade, wenn er einfach durch die schöne Landschaft brausen würde. Bei Schönried, das die Wasserscheide bildet zwischen Simme und Saane, geht es wieder abwärts nach Gstaad.

Die Frau sieht ihre Ahnung bestätigt, wir steigen hier aus. Und steuern gleich das nächste Hotel an, den Bernerhof. Wir werden freundlich empfangen, beziehen das Zimmer. Nach einem kurzen Spaziergang durch Gstaad und einem Kaffee in der Konditorei nutzen wir die Wellness-Anlage des Hotels. Das Essen in der schönen, alten Wirtsstube ist ausgezeichnet, wir lassen es uns schmecken.

Wandern auf der Wispile

Am nächsten Morgen stärken wir uns am Frühstücksbuffet. Und wie! Wir können den feinen Sachen nicht widerstehen. Fast alles ist aus der Region und es schmeckt hervorragend. Jedenfalls sind wir danach für den ganzen Tag gestärkt. So starten wir unsere Wanderung vom Hotel aus, durchqueren die Fussgängerzone und anschliessend das Chaletviertel, wo einige sehr beeindruckende Häuser stehen. Auch die drei Grandhotels strahlen Luxus aus, von dem wir uns aber nicht blenden lassen, wir gehen weiter Richtung Wispile. Normalerweise fährt eine Gondelbahn auf die Wispile, nicht jedoch im November. Das kommt uns sehr gelegen, so vermeiden den Rummel. Anfangs noch auf Asphalt, wechselt der Weg auf Schotter. Und mit jedem Meter steigt natürlich auch die Aussicht. Der Weg führt mitten durch die imaginäre Skipiste, denn hier sollte eigentlich in weniger als einem Monat Ski gefahren werden.

Die Hügel und Berge rundherum wecken das Verlangen, hier noch mehr zu wandern. Sanft gewellte Erhebungen reihen sich aneinander, man verspürt Lust, über die ganze Kette zu wandern. Parallel zur Wispile verläuft der Wasseregrat, auch der mit einer Gondelbahn erschlossen, auch diese ausser Betrieb. Sieht auch sehr interessant aus, etwas anspruchsvoller als unser Berg. Kommt auch auf die Bucketlist. Auf der anderen Seite steht die Gummfluh, die wir letztes Jahr bereits von unserer Biketour auf dem Col des Mosses aus gesehen haben.

Wir nähern uns der Bergstation Wispile, als vor uns plötzlich Vögel auffliegen. Birkhühner! Eins, zwei, drei, fünf, nein, sieben dieser schönen Tiere machen sich davon. Ein weiteres Highlight an diesem Wochenende! Bald erreichen wir den Gipfel, der gleich hinter dem Restaurant liegt, das natürlich geschlossen ist. Wir rasten und geniessen die Aussicht, essen ist noch nicht nötig. Von nun an verläuft der Weg sanft abfallend auf dem breiten Rücken der Wispile. Wunderbar, zu zweit durch die Natur zu streifen, all die Berge im Blickfeld. Da ist zum Beispiel das Wildhorn, das auch mal Ziel einer Skitour war, das Spitzhorn, der Sanetschpass, wo man schöne und anspruchsvolle Klettereien vorfindet. Weiter weg erheben sich das Balmhorn, meine erste Hochtour, und der Altels.

Bei Punkt 1836 müssen wir uns ein erstes Mal entscheiden: Lauenen oder Gsteig? Wir entscheiden uns für Gsteig und gehen geradeaus weiter. Ein überdimensionales Caquelon lässt vermuten, dass es im Winter hier weniger einsam ist als jetzt, werden hier doch Fondue-Events durchgeführt. Über Lauenen erheben sich noch zwei weitere Berge: Der Giferspitz und das Lauenehorn. Diese kann man überschreiten und dann über den Wasseregrat zurück wandern. Die Bucketlist wird ergänzt. Bald kommen wir zur nächsten Verzweigung, wieder können wir uns entscheiden zwischen Lauenen und Gsteig, wieder wählen wir Gsteig. Jetzt ist es aber fertig mit geradeaus wandern, steil führt der Weg durch den Wald abwärts. Auf einem Bänklein ruhen wir nochmals und geniessen die Aussicht.

Nachher geht es weiter abwärts. Über Wiesen und Weiden gelangen wir an den nächsten Wegweiser. Diesmal müssen wir uns entscheiden zwischen Gsteig und Feutersoey (ja, das heisst wirklich so). Das Schönste haben wir hinter uns, Gsteig ist weiter als Feutersoey, also gehen wir nach Feutersoey. Das Postauto haben wir knapp verpasst, wir finden aber noch die letzte offene Wirtschaft im Dorf, so dass wir die Zeit gemütlich überbrücken können, bis uns das Postauto wieder nach Gstaad zurück bringt.

Nach Saanen

Heute liegt nur ein Spaziergang drin, auch das Wetter ist nicht mehr so strahlend schön. Wir haben uns wiederum (massiv) gestärkt am Frühstücksbuffet, so dass wir nun bereit sind, mit leichtem Gepäck der Saane entlang zu spazieren. Da die herbstliche Pracht vorbei ist, ist es nicht wirklich spektakulär, aber wir geniessen es auch so. Im Fluss sehen wir immer wieder eine Wasseramsel, diese Vögel scheinen sich hier wohl zu fühlen. Der Bahnhof von Saanen sieht nostalgisch aus, geschmückt mit blühenden Geranien (zur Erinnerung: Es ist November).

Die Kirche fasziniert mich, sie ist im gleichen Stil gebaut, wie man ihn im Pays-d’Enhaut  und im Greyerzerland findet. Das Hotel Bahnhof, an dem wir vorbeikommen, hat auch schon bessere Zeiten erlebt. Dafür treffen wir unverhofft auf eine wunderschöne Häuserzeile aus uralten Gebäuden, die schön renoviert und geschmückt worden sind. Die Kirche betrachten wir nur kurz von weitem, die Gassen interessieren jetzt mehr. Das Zentrum besteht ebenfalls aus alten Häusern oder neuen, die sich sehr gut ins Ortsbild integrieren.

Und überall trifft man auf den Kranich. Er ist das Wappentier der Grafen von Greyerz. Tatsächlich gehörte das Saanenland zuerst zum hochburgundischen Königreich, danach lange Zeit wie das übrige Berner Oberland auch zum deutschen Reich, wobei es von den Grafen von Greyerz als Lehen verwaltet wurde. Nachdem der letzte Graf von Greyerz 1555 Konkurs machte, wurde das deutschsprachige Saanenland wie auch das französischsprachige Pays -d’Enhaut von den Bernern übernommen.

Nach diesem Rundgang durch Saanen kehren wir entlang des gleichnamigen Flusses wieder zurück nach Gstaad. Dort ist auf der Freilufteisbahn ein Eishockey-Match im Gange, Buben um die zehn Jahre jagen dem Puck nach, Väter und Trainer schreien aufs Spielfeld. Wir schauen eine Weile amüsiert zu, bevor wir in die Bäckerei verschwinden. Ohne Souvenir kann man ja nicht nach Hause.

Infos zur Wispile

Start: Gstaad
Ziel: Feutersoey (alternativ Gsteig oder Lauenen)
Strecke: Gstaad – Bergstation Wispile – Höj Wispile – Feutersoey
Distanz: 15 Kilometer
Höhenmeter: 1050 Meter
Dauer: 4 Stunden
Schwierigkeit: T2
Höhepunkte: Aussicht auf die umliegenden Berge
Alternative: Wenn die Gondelbahn fährt kann die Wanderung erheblich abgekürzt werden.

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