Nach unserer Bergsteigerwoche in Saas-Fee wollten wir uns im zweiten Teil dem Biken und Wandern widmen. Am meisten Bikemöglichkeiten schienen sich uns in Crans-Montana zu bieten. Das ist der Ort, dessen schrecklichen Hochhäuser schon von weitem zu sehen sind. Nichtsdestotrotz wagten wir uns dort hin und fanden auch einige ganz schöne Orte.

Lac Moubra

Besuch bei den Bienenfressern

Auf dem Weg von Saas-Fee nach Crans-Montana legen wir einen Halt im Leukerfeld ein um zu schauen, ob die Bienenfresser noch dort sind. Sie sind. Und sind noch voll damit beschäftigt, die Jungen grosszuziehen. Begeistert schauten wir den farbenprächtigen Vögel zu. Plötzlich ruft Silvan: „Ein Wiedehopf!“ Tatsächlich lässt sich dieser wunderschöne Vogel oberhalb der Brutröhren der Bienenfresser nieder, um nach Nahrung zu suchen. Während wir ihn im Juni nur kurz und von weitem sahen, können wir ihm jetzt zehn Minuten zuschauen. Was für ein Erlebnis für uns Naturfreunde! Glückselig fahren wir weiter nach Crans-Montana, um den Zeltplatz zu suchen, den wir nach einigen Umwegen auch finden. Im Gegensatz zur (Zer-)Siedlung Crans-Montana ist dieser sehr idyllisch. Er liegt direkt am Lac Moubra, den Zeltplatz kann man frei wählen im Wald.

Villages Bike

Die Seite von Crans-Montana verspricht eine Tour zum Kennenlernen der Dörfer am Südhang über Sierre. Die Tour ist 23 Kilometer lang und weist 980 Höhenmeter auf. Dass die Tour zuerst abwärts führt und dann hoch, ist ein kleiner Nachteil. Man braucht eigentlich keine Karte, man startet beim Lac Moubra und folgt den dunkelroten Wegweisern mit der Nummer 180 „Villages Bike“.

Wir starten also quasi vor der Haustüre, fahren zuerst durch einen Wald ab und dann hoch zu den Aussenquartieren von Montana (die sehr weit reichen wegen der Zersiedelung). Aber immer, wenn man denkt, „jetzt reicht es dann mit Asphalt“, kommt wieder ein Feldweg. Allerdings muss man im Wallis auch auf diesen Strassen immer mit Autoverkehr rechnen. Dann aber geht es los, steil fahren wir durch den Wald abwärts, gerade richtig in der Schwierigkeit, weder langweilig noch unfahrbar. Kurz, es macht mächtig Spass. Fast zu schnell erreichen wir das erste Dorf, Mollens.

Am Dorfbrunnen füllen wir die Trinkflaschen auf und fahren weiter abwärts nach Ventôhne und durch die Rebberge, wo wir eine Pause einlegen. Dabei entdeckt Silvan einen wunderschönen Segelfalter, der bei uns zu Hause nicht vorkommt. Entgegen dem Namen der Tour fahren wir nicht hauptsächlich durch Dörfer, sondern über Wiesen, durch Wälder und Rebbergen. Wir sind positiv überrascht. Von Chermignon-d’en-Bas geht es endgültig wieder aufwärts Richtung Crans-Montana. In Lens wollen wir gemütlich etwas trinken, geraten aber mitten in die 1.-August-Feier. Wir finden trotzdem noch ein Restaurant, wo wir den Durst löschen.

Die Pause ist auch nötig, denn nun kommen nach dem Lac Louché zwei unfassbar steile Aufstiege mit über 20 % Steigung. Wir schieben die Bikes zum Teil und machen ein-, zweimal Pause. Aber nun haben wir es bald geschafft, noch durch den Wald von Grand Zour, dann sind wir wieder beim Zeltplatz.

Courtavey Bike

Nach der gestrigen Tour unterhalb von Crans-Montana geht es diesmal in die Höhe. Wir folgen den Schildern der Nummer 179 „Courtavey Bike“. Diese leiten uns mitten durch den Verkehr von Crans. Zum Glück ist dieses Dorf nicht grösser. Beim Etang Grenon können wir aber die Hauptstrasse verlassen und steigen hoch zum Lac de Chermignon, einem künstlichen See, der den Charme eines Feuerwehrweihers versprüht. Auch hier müssen wir immer noch Autoverkehr über uns ergehen lassen. Nach dem See wird es aber besser, wir fahren hoch durch den Wald, es folgt ein schöner Abschnitt, der nur kurz unterbrochen wird von Feriensilos, die unvermittelt vor uns auftauchen. Dass diese mit dem Auto erreichbar sind, ist selbstredend, was der Biketour wieder etwas Charme nimmt.

Wir fahren weiter zur Alp L’Arnouva und erreichen die Station Signal, die neu erstellt wird. Entsprechend ist auch der Baustellenverkehr gross. Fluchtartig fahren wir weiter, erreichen nun wieder grünere und ruhigere Gefilde. Noch eine steile Rampe, bevor wir die Abfahrt zur Station Les Marolires in Angriff nehmen können. Von dort steigt die Route nochmals steil an, wieder müssen wir eine über 20 % steile Strasse hoch. Es ist aber die letzte auf dieser Tour, nun können wir die Abfahrt geniessen. Bei einem schönen Aussichtspunkt rasten wir nochmals, bevor wir einen kurzen Singletrail fahren. Dieser endet auf einer Forststrasse, welche aber bald in eine Asphaltstrasse mündet. Das ist schade, geht es doch nur noch darum, Höhe zu vernichten. Und dafür haben wir die ganze Anstrengung in Kauf genommen? So sind wir natürlich schnell wieder in Montana.

Sozusagen als Entschädigung suchen wir den Bikepark auf, der sich gemäss Website von Crans-Montana bei der Talstation der Cry d’Er-Bahn befindet. Wir treffen jedoch statt eines Pumptracks Lastwagen an, die Sand wegkarren. Im Wald finden wir doch noch eine Art Pumptrack, wo sich die Kinder nun austoben können. Auch einen Nortshore gibt es, dieser ist allerdings gesperrt. Es bleibt mir ein Rätsel, welche Politik Crans-Montana mit den Bikern verfolgt. Wollen sie nun Biker oder nicht? Kennen sie deren Bedürfnisse? Wie dem auch sei, wir machen das Beste daraus.

Der Bisse du Tsittoret entlang

Eine Bisse, im Oberwallis Suone, im Südtirol Waal genannt, war früher lebenswichtig, versorgte sie doch die trockene Gegend mit Wasser. Heute sind sie nicht mehr notwendig, dafür eine touristische Attraktion, da sie entweder relativ flach sind und somit geeignet, auch mit Kindern zu wandern, oder weil sie zum Teil sehr ausgesetzt sind und die Wanderwege schwindelerregend. Unsere Wanderung gehört zu Ersteren, ist sie doch gemäss Website die meistbegangene in der Gegend.

Eigentlich beginnt die Wanderung in Vermala, doch die Frau hat eine andere Variante ausgeknobelt, da wir den ersten Teil bereits mit dem Bike gefahren sind. Wir fahren deshalb mit dem Bus bis Les Barzettes und starten dort. Wir steigen durch den Wald hoch, dem fröhlich sprudelnden Bach entlang. Der Weg ist abwechslungsreich und bietet immer wieder eindrucksvolle Aussichten auf die Walliser Bergwelt. Aber da wir eben im Wallis sind, müssen wir schon die nächste Asphaltstrasse überqueren, erreichen dafür nun die Bisse. Doch statt einem rustikalen Holzkanal oder einem aus Stein erwartet uns ein profaner, gesichtsloser Betonabfluss, wohl bei der Sanierung ein Zeichen des Fortschritts. Wie die Hotelbunker… Genug gelästert, wir wandern weiter, die Landschaft ist wunderschön, wenn man die Zivilisationsspuren ausblendet.

Wir sind praktisch alleine unterwegs. Die am meisten begangene Bisse? Von wegen! Wir geniessen jedenfalls die Ruhe. Bis wir Cave de Colombine erreichen. Meine Güte, diese Horden! Heerscharen von Familien belagern den Wanderweg! Kein Wunder, kann man doch bis hierhin mit dem Auto fahren. Bei der nächstbesten Gelegenheit biegen wir links ab auf einen anderen Wanderweg, wo wir bald wieder alleine sind. Wir werden mit einer formidablen Aussicht belohnt. Schon bald haben wir den höchsten Punkt der Wanderung erreicht. Ein Grund für eine Pause. Irgendwo pfeift (korrekter schreit) ein Murmeltier, nach längerem Suchen mit dem Feldstecher entdecken wir es. Menschen sind eindeutig mehr unterwegs als Murmeltiere.

Wir steigen über Blumenwiesen zur Tièche ab, welche das Ziel der Familienwanderer zu sein scheint, jedenfalls vergnügen sich viele Leute am und im Bach. Wir gehen weiter, bleiben am orographisch rechten Ufer, um auf den Wasserfall blicken zu können. Ganz hübsch ist dieser, unten schlängelt sich der Bach durch die grünen Matten, die von Lärchen gesäumt sind. Wir bleiben der Bisse treu, die etwas höher durch den Wald verläuft, bevor die „heiligen Wasser“ durch offenes Gelände fliessen. Das eröffnet uns das grossartige Walliser Panorama mit seinen Dutzenden von Viertausendern. Eigentlich haben wir uns jetzt etwas zu trinken verdient, weshalb wir in der Cave de Colombine einkehren wollen. Doch diese ist proppenvoll, kein Platz mehr für vier durstige Wanderer. Gehen wir halt direkt weiter zur Bushaltestelle Ploumachit, wo wir praktisch gleich einsteigen können. Perfektes Timing!

Downhill vom Mont Lachaux

Fabian, unser Biker, schaut sich immer zuerst die Bikemöglichkeiten der Region an. Und da blieb ihm natürlich auch die Downhill-Strecke vom Mont Lachaux nicht verborgen. Klar konnten wir nicht abreisen, ohne den gemacht zu haben. Für die Nacht und den folgenden Tag sind starke Regenfälle angesagt, so dass wir beschliessen, schon heute heimwärts zu fahren. Da kommt diese Strecke gerade recht, bis zum Mittag sollten wir wieder zurück sein.

Wir fahren hoch mit der Gondelbahn. Verglichen mit dem Runcatrail in Flims ist die einmalige Fahrt günstiger, der Preis akzeptabel. Unvergleichlich ist die Aussicht: Wieder das ganze Walliser Panorama vor Augen, vom Mont Blanc (OK, ist nicht ganz Wallis) bis zum Goms. Wir müssen wegen Bauarbeiten zuerst queren, bis wir den Trail erreichen. Dort ist ein Hügel. Ich interpretiere es als Starthügel, die Kinder als Schanze. Und gehen schon mal Anlauf holen und fliegen darüber hinweg. Der erste Teil ist zum Einfahren, nicht zu ruppig. Dann aber wird es steil und holperig, ich hänge ständig in den Bremsen. Ich stelle fest: Hier braucht es ein Downhill-Bike, kein Racefully oder gar ein Hardtail wie die Kinder.

Die Strecke ist in eine wunderbare Landschaft eingebettet, ignoriert man mal die Spuren vom Wintersport. Im dritten Teil wird es etwas flacher, die Kinder fliegen über die Tables, ich beschränke mich aufs Fotografieren. Bald kreuzen wir den Weg von vorgestern und geraten in die Grossbaustelle. Schnell weiter. Die Strasse ist staubig, sie wird gewässert. Na gut, eine Abkühlung schadet ja nicht. Nun fahren wir aber den Weg abwärts, den wir bei der Courtavey Bike hoch gefahren sind. Wir fahren durch den Wald, endlich mal etwas Flow. Eins, zwei sind wir wieder bei der Talstation und fahren zurück zum Lac Moubra. Ein guter Abschluss der Tage in Crans-Montana.

Und Crans-Montana?

Wie eingangs schon erwähnt ist Crans-Montana alles andere als ein architektonisches Highlight, zumindest für mich als Laien nicht. Die Dorfkerne von Crans und Montana sind ja noch einigermassen ansehnlich, wenn auch im Pseudo-Chaletstil. Leider bilden hier die Strassen das Zentrum, aber das muss wohl so sein, damit die Schönen und Reichen ihre teuren Luxuskarren zeigen können. Die Leute in den Restaurants sind freundlich, bei den Preisen muss man aufpassen, es wird schnell teuer. Aber nebst den beiden Zentren wuchern die Gebäude in alle Richtungen, da stehen schon mal mitten im Wald irgendwelche riesigen Komplexe. Im Wallis scheint es kein Raumplanungsgesetz zu geben.

Fazit

Die Touren waren ganz hübsch, vor allem die erste. Die Sonnenterrasse bietet beste Aussicht in die Walliser Alpen und lässt einen von Gipfelbesteigungen träumen. Der Zeltplatz „La Moubra“ am gleichnamigen See ist sehr hübsch gelegen und ruhig. Hier trifft man auch die normalen Leute, keine Pelzmäntel. Nebenan findet man einen Seilpark und auf dem See sind jede Menge Wasseraktivitäten möglich, zum Beispiel Pedalofahren. Ob ich nochmals dorthin in die Ferien fahren würde? Wohl nicht, höchstens einzelne Touren dort unternehmen.

Morgen früh am Lac Moubra

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