Wieder mal auf eine ganze Woche auf Skitouren gehen. Und ins Ausland. Na gut, ist gleich ennet der Grenze, aber was soll’s. Seit ich nicht mehr Militärdienst leiste, habe ich an keiner Tourenwoche mehr teilgenommen. Das habe ich mir wieder mal gegönnt mit dem SAC Homberg. Eine Woche im Aostatal, drei Tage in Vetan auf der Sonnenseite hoch über dem Aostatal, drei Tage im engen Valle di Cogne. Und was soll ich sagen? La vie est belle!

Das Aostatal
Das Aostatal

In einem Kleinbus werden wir abgeholt und fahren zur Raststätte Grauholz bei Bern, wo der letzte Teilnehmer zusteigt. Dann geht die grosse Rätselei los. Wir wollen noch eine Tour machen unterwegs, aber wo? Die Lawinensituation ist nicht einfach, tags zuvor war sie noch auf gross in einigen Teilen der Alpen. Also muss es etwas kleineres sein und nicht so hoch gelegen. Das Fribourgerland ist schön eingeschneit und nicht besonders hoch, so dass wir diese Region genauer unter die Lupe nehmen.

Auf Skiern unterwegs

La Vudalla, 1670 m

Von weitem sehen wir eine schöne Flanke, die uns ideal erscheint. Wir fahren in die Nähe, stellen aber fest, dass zu wenig Schnee liegt. Also wieder zurück und beraten. Noch einmal wird die Flanke inspiziert mit dem Feldstecher. Der Tourenleiter findet dann tatsächlich eine Variante, die machbar erscheint. Wir fahren wieder in die Nähe und finden: OK, das sollte gehen. Also los, alles bereit machen und los. Allzu viel Schnee liegt aber auch hier nicht, aber es geht. Der Tourenleiter scheint in Zeitlupe zu gehen, während wir hinterherhecheln. So kommt es mir jedenfalls vor. Wir steigen hoch über Weiden, aufpassen muss man auf den Stacheldraht, der da und dort noch liegt. Bald haben wir eine grossartige Aussicht auf das frisch verschneite Greyerzerland unter stahlblauem Himmel. Bei der ersten Rast fällt mir auf, dass dieser Himmel inzwischen eher grau geworden ist. Der Moléson vis-à-vis wird auch von Wolken eingehüllt, es beginnt zu schneien. Wir gehen trotzdem weiter, wir treffen immer mehr Leute an. Scheinbar gibt es noch einen einfacheren Aufstieg. Der Gipfelhang ist sehr steil, wir reihen Spitzkehre an Spitzkehre. Damit hätten wir das auch wieder geübt. Auf dem Gipfel haben wir kaum Aussicht, der Berg hält nicht, was er verspricht (ich nehme an, das „Vu“ in Vudalla kommt von „Vue“, Aussicht). Das ist uns aber egal, wir freuen uns jetzt auf die Abfahrt durch den knietiefen Pulverschnee. Und los geht’s! Wie das stiebt! Der pure Wahnsinn! Ausser Atem bleiben wir stehen und schauen zurück. War das grossartig! Auch die folgenden Hänge sind nicht schlecht, wir kommen schnell voran. Ab der Hälfte wird er allerdings decklig und schwer. Und jede Erhebung im Schnee könnte nicht nur ein Stein sein, sondern ist ein Stein, also besser umfahren. Zuunterst reicht es gerade noch, um die Strasse zu erreichen. Diejenigen, die neue Skis haben, tragen sie aber lieber.
Nun haben wir aber Durst, wir suchen das mittelalterliche Städtchen Gruyères auf. Gar nicht einfach, selbst jetzt anfangs März treten sich hier die Touristen auf den Füssen herum. Wie das wohl erst im Sommer ist? Zwei Restaurants sind voll, wir versuchen es nun in der H.R. Giger-Bar. Diese ist mit Figuren des berühmten Künstlers eingerichtet und verbreitet eine etwas gruselig-morbide Atmosphäre. Ist aber noch interessant. Das Panaché schmeckt nach der Skitour so oder so. Und dann geht es weiter ins Aostatal, nach Vetan ins Hotel Notre Maison.

Pointe Leysser, 2735 m

„Starten wir um acht Uhr, OK?“, fragt der Tourenleiter. Es ist jetzt 20 vor, wir sitzen immer noch gemütlich beim Frühstück. Die Frage war rein rethorisch, denn es war ihm ernst. Er hatte Angst, dass es im Laufe des Tages warm und der Schnee faul würde. Fünf nach können wir starten, auch nicht schlecht. Es ist jetzt noch frostig kalt. Und im Tal unten blühen die Kirschbäume bereits. Irgendwie eigenartig, so vom Frühling in den Winter zu kommen. Die Landschaft zeigt sich hier oben, auf 1800 Meter, noch tief verschneit. In Einerkolonne steigen wir hoch. Die Sonne strahlt vom Himmel, kalt ist es trotzdem immer noch. Rundum erheben sich mächtige Berge, von denen ich keinen einzigen kenne. Irgendwo da hinten müsste der Gran Paradiso sein, auf dem ich auch schon war. Wir steigen weiter hoch. Klack, klack, klack, das monotone Geräusch der Tourenbindungen wirkt einschläfernd. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Dann und wann schert jemand aus, um ein Foto zu machen. Der Wind frischt auf, kalt bläst er uns ins Gesicht. Wir machen nochmals Pause, bevor wir die letzten Meter zum Gipfel in Angriff nehmen. Dort erwartet uns eine grossartige Aussicht. Hunderte von Gipfeln erheben sich rundum, darunter der Höchste von allen: Der Mont Blanc.
Nun kommt das Beste, die Abfahrt. Wir wollen aber nicht auf der Aufstiegsroute abfahren, sondern in einem anderen Tal. Der Tourenleiter inspiziert den Hang und sticht hinein. Den Schwüngen nach zu beurteilen muss der Schnee super sein. Die anderen fahren ebenfalls hinunter, jeder einzeln, so dass nur eine Person im Hang ist. Mir ist das trotzdem zu heikel, ich fahre noch etwas auf dem Grat abwärts. Dafür kann ich von hier die anderen fotografieren. Hang um Hang fahren wir abwärts, der Schnee stiebt nur so. Bis wir zu einem sehr steilen Hang kommen. Hier muss ich auch durch. Da hätte ich den oberen auch fahren können. Wir fahren diesen wieder einzeln. Dann bin ich an der Reihe, fahre auch Schwung um Schwung. Die Oberschenkel fangen an zu brennen, ich möchte anhalten. Aber doch nicht mitten in diesem steilen Hang! Ich beisse mich weiter durch. Nein, das geht nicht, die Hosen müssen bald Feuer fangen, so brennen meine Oberschenkel. Ich will anhalten. „Dorezieh! (Durchziehen)“ Also weiter kämpfen, bis ich bei den anderen ankomme. Merke: Biken reicht noch lange nicht als Training für das Skifahren. Ich werde mir also etwas einfallen lassen müssen. Mehr Skitouren könnte die Lösung sein.
Wir fahren weiter ab, Hang um Hang, der Schnee ist nicht mehr so gut, aber immer noch akzeptabel. Aber einmal ist auch die längste Abfahrt zu Ende. Um zum Hotel zu gelangen, müssen wir nochmals die Felle aufziehen. Dort erwartet uns ein Panaché (für Nicht-Schweizer: Radler). So muss das sein!

Zwei Tage später steigen wir mangels valabler Alternativen erneut auf die Pointe Leysser, diesmal aber in umgekehrter Richtung. Wir steigen das Tal hoch, das wir vorher hinunter gefahren sind, und fahren dort ab, wo wir aufgestiegen sind. Erfreulicherweise ist es windstill, zumindest bis wir auf dem Gipfel sind. Dort windet es wieder, allerdings aus der entgegengesetzten Seite wie die Tage zuvor. Die Abfahrt ist dann, na ja, nicht mehr ganz so gut wie die Tage zuvor. Der Pulverschnee fliegt in Platten umher, aber es geht einigermassen zum Fahren. Unten treffen wir sogar Sulzschnee an, oder besser eine Vorstufe davon.

Pointe Fetita, 2623 m

Heute brauchen wir den Bus. Gefühlte 100 Kurven hinunter bis St. Nicolas, dann wieder die ähnliche Anzahl hoch nach Vens. Dann können wir endlich starten auf den Skis, hoch zum Col de Mont Joux. Von dort müssen wir wieder abfahren zu einer Brücke, das heisst, die Felle abziehen. Und bei der Brücke wieder aufziehen. Dieses Spiel haben meine Aufstiegshilfen aber nicht gern, das eine will nicht mehr kleben. Zum Glück haben wir noch Reservefelle dabei. Und weiter geht’s. Über Alpen steigen wir hoch, vor einem Gebäude rasten wir. Die Gegend ist grandios, wir sind ganz alleine unterwegs in dem Tal. Kurz nachdem wir wieder gestartet sind, ruft jemand: „Schaut, dort!“ Fünf Birkhähne fliegen vor uns vorbei! Was für ein Anblick! Und über uns hinweg fliegt noch einer. Wir gewinnen stetig an Höhe, unser Ziel liegt vor uns. Aber dort erwartet uns noch ein steiler Hang. Die Lawinengefahr ist immer noch auf Stufe 3. Ich bin wieder mal am Schluss, da ich immer wieder fotografiere. Es ist kalt, wieder bläst ein bissiger Nordwind, der den Schnee über die Flanken bläst. Ich sehe, dass die anderen nun in Lawinenabständen hoch steigen. Mir ist nicht wohl, fühle mich matt. Mir ist ganz komisch. Was soll das? Ich würde am liebsten abliegen. Und dann diesen Hang hoch. Bei Gefahrenstufe 3. Ich fange an zu grübeln. Was, wenn sich nun ein Schneebrett löst? Und die anderen mitreisst? Was muss ich eigentlich machen? In der Schweiz würde ich die Rega rufen, aber hier? Ach, weg mit den negativen Gedanken, so komme ich nicht vorwärts! Weiter. Aber mir ist immer noch komisch, habe kaum Kraft. Sterben oder ohnmächtig werden? Was soll der Blödsinn, weiter! Ich gehe weiter. Jeden Schritt muss ich mir erkämpfen. Über mir sehe ich die anderen. Die beiden Vordersten kämpfen auch, allerdings mit dem Ausstieg zum Gipfel. Scheint nicht ganz einfach zu sein. Ich kämpfe weiter. Schritt für Schritt, Spitzkehre für Spitzkehre. Ich mache nie mehr Skitouren! Ha, das hast du auf einer ersten Skitouren auch gesagt, und nachher noch hunderte unternommen! Bin ich zu alt für Skitouren? So ein Quatsch, du bist der Jüngste der Gruppe, reiss dich zusammen! Endlich komme ich als letzter oben an. Muss was essen, Schokolade einwerfen, war wohl ein Hungerast. Oder ist das dieser berühmt-berüchtigte dritte Tag in der Höhe. Geht jedenfalls besser. Aber jetzt, wo bin ich eigentlich? Der Mont Blanc ist nun noch näher als am Vortag, ein gewaltiges Massiv. Die Dent du Géant daneben ist da gar nicht riesig. Weiter südlich sieht man den Gran Paradiso, so jedenfalls erzählen es uns die alten Hasen.
Wir sind hoch gekommen, aber jetzt müssen wir ja auch irgendwie wieder runter, diesen steilen Hang mit über 30° Neigung bei Gefahrenstufe 3. Unser Tourenleiter fährt voran, er ist sehr erfahren und weiss, was er macht. Ich vertraue ihm und fahre auch hinunter. Hält! Zum Glück. Die nächsten zwei Hänge befahren wir auch noch einzeln, danach können wir frei fahren. Ich fühle mich wieder besser. Und immer noch scheint die Sonne strahlend vom Himmel. Bald erreichen wir die Brücke, wo wir die Felle wieder aufziehen müssen. Und ich erinnere mich an heute Morgen, wo wir ziemlich lange auf der Strasse abwärts gefahren sind. Jetzt das alles wieder hoch! Nach gefühlten drei Stunden sind wir wieder im Pass (tatsächlich war es ungefähr eine halbe Stunde). Von dort her sind wir dann schnell wieder in Vens. Aber Achtung! Da lauern immer noch Gefahren. Ich habe sie mir im Aufstieg nicht gemerkt, in der Abfahrt wurden sie mir augenblicklich bewusst: Da waren mitten auf der Wiese Trockenmauern, ungefähr einen Meter hoch. Ich bemerkte sie erst, als ich schon darüber hinwegflog, also zu spät. Da ich im Begriff war, eine Kurve zu fahren, konnte ich mich nicht mehr retten und landete im Schnee. Na ja, nicht weiter schlimm, aufstehen und die letzten Meter noch fahren. Bei einem Panaché im Örtchen lassen wir die Tour nochmals Revue passieren, bevor wir wieder die hunderte Kurven runter- und wieder hochfahren.

Testa del Gavio, 3047 m

Nach dem Unterkunftswechsel ins Val di Cogne unternehmen wir heute die erste Tour hier. Das Ziel sollte ein Pass sein, aber wir landeten dank der Salamitaktik des Tourenleiters, die ich bald 25 Jahre kenne, ganz woanders. Aber der Reihe nach. Wir starten auf 1550 Meter bei Epinel. Wir betreten den Gran Paradiso Nationalpark und werden gleich mit dessen Wildheit bekannt gemacht. Es geht durch den Wald auf nicht klar definierten Wegen hoch, aber irgendwie geht es. Plötzlich erspähen wir eine Gämse. Nein, zwei, drei, acht total! Und sie sind nur ungefähr 50 Meter entfernt, lassen sich überhaupt nicht stören von uns. Wir steigen ein enges Tal hoch, Wald wechselt sich mit offenen Flächen ab. Bald schon entdecken wir wieder Gämsen, die uns interessiert beobachten. Was wohl diese farbigen Zweibeiner da oben wollen, scheinen sie sich zu denken. Über der Waldgrenze machen wir eine erste Rast, leider ist es ausgerechnete hier nicht windstill, vorher war es ziemlich warm und ohne Wind. Auf der anderen Hangseite äsen Gämsen, sie lassen sich von uns ebenfalls nicht stören. Dieses Seitental könnte gut „Vallée des Chamois“ heissen. Nach der Pause steigen wir weiter hoch zur nächsten Hochebene, dann „schauen wir mal“. Dann sind wir dort und schauen mal. Der Tourenleiter schlägt vor, statt zum ursprünglichen Ziel mal da rechts hoch zu steigen. Also steigen wir mal da hoch. Kaum dort, kommt der nächste Vorschlag: Da diese Flanke hoch, rechts an dem „Dent du Géant“ (so sieht er aus) vorbei. Trotz diskretem Widerstand einer Person gehen wir weiter. Nun stehen wir am Fuss der Testa del Gavio. Von hier geht es zu Fuss weiter. Über verschneite Felsen gelangen wir auf ein Plateau, das gleichzeitig der Gipfel ist. Bis zur Gipfelmarkierung sind es noch ungefähr 100 Meter. Nur Fels und Schnee rundherum. Und trotzdem ziehen unter uns wieder Gämsen vorbei. Unglaublich, wo diese Tiere überleben können. Was für eine Aussicht von hier! Wir gratulieren einander, mir gratulieren sie nochmals zum Geburtstag. Der Älteste erzählt mir, dass er auch mal in einer Tourenwoche Geburtstag gefeiert hätte und ihm die Kameraden auf dem Gipfel ein Ständchen darbrachten. Er sei völlig überwältigt gewesen und hätte fast geheult. Ich finde das sehr schön, kann mir das aber nicht so recht vorstellen, dass deswegen die Emotionen mit einem durchgehen. Dann zückt der Tourenleiter seine Mundharmonika und beginnt zu spielen, während die anderen singen. Und rund um uns herum diese Berge. Auf einen Schlag verstehe ich den Ältesten! Mir kommt das Augenwasser, ich muss mich extrem beherrschen, das ich nicht schluchze vor Freude und Glück. Ich, der ich alles andere als bekannt für Gefühlsausbrüche bin! Ich schaue mich um, kann mich kaum sattsehen. Es wird aber Zeit für den Abstieg, unten wartet ja noch jemand. Nun folgt der rasante Teil der Tour, bis weit unten fahren wir im Pulverschnee. Das Tal wird immer enger und der Schnee schlechter, es ist nun nur noch ein sicheres Runterkommen. Das Stück durch den Wald ist wieder altbekanntes Terrain, wir müssen einfach irgendwie um die Bäume herum fahren, im Stemmbogen, mit Ausflügen in die Botanik und so weiter kämpfen wir uns da durch. Nachdem wir beim Bus angekommen sind, gehen wir zum letzten Teil der Tour über: Durst löschen auf einer Sonnenterrasse in Cogne. Womit ist wohl klar.

Gran Serra, Wintergipfel (3498 m)

Unser ältester Teilnehmer hat schon vorgängig von diesem Berg erzählt. Er war mit der SAC-Sektion Homberg bereits vor 35 Jahren mal dort oben, die Tour sei kein Problem. Was das Besondere an unserem Vorhaben ist, ist die Tatsache, dass wir von der Unterkunft aus starten wollen – und der Gipfel 2000 Meter weiter oben ist. Gibt also insgesamt eine eher etwas längere Tour. Wir starten in der Morgendämmerung, ein Weg führt durch den Wald hoch. Für Abwechslung sorgen einmal mehr Gämsen, die uns praktisch vom Wegrand aus zuschauen. Aus der Felswand, vor der wir durchqueren, schaut keck ein Steinbock herunter. Immer wieder entdecke ich Gämsen, die anderen scheint das weniger zu interessieren. Nun ja, wenn ich wilde Tiere sehe, werde ich halt wieder zum Kind und freue mich wie ein solches. Mit dem Erreichen der Waldgrenze kommt auch die Sonne und wärmt uns. Schweigend steigen wir hoch, vorbei an Alphütten. Es liegt ziemlich wenig Schnee für diese Jahreszeit, überall gucken noch Steine hervor. Oder man spürt sie, wenn man drüber geht. Die Orientierung ist schwierig in dem Gelände, der Tourenleiter muss öfters die Route ändern. Vor einer Steilstufe machen wir nochmals Halt. Der Erfahrene meint, wir müssten weiter links herum, sie hätten seinerzeit keine solch steile Stufe drin gehabt. Der Tourenleiter ist sich aber sicher, dass die Route dort durchgeht, die Skitourenkarte zeigt es so an. Am Fusse des Couloirs binden wir die Skis auf den Rucksack und steigen hoch auf den Grat. Den Rest des Weges können wir wieder auf den Skis zurücklegen, allerdings ist die vorhandene Aufstiegsspur sehr steil angelegt und die Unterlage rutschig. Ich bin jedenfalls froh um die Harscheisen. Ein Kollege und ich entscheiden sich oben für den Wintergipfel, die anderen gehen nach rechts zum Fuss des Felsgrates. Während wir warten, klettert ein Teil der anderen hoch, sie erreichen allerdings den Gipfel nicht, es wäre zu zeitaufwändig. Inzwischen ist die Sonne hinter Wolken verschwunden, zusammen mit dem Wind ist es jetzt unangenehm kalt. Als wir alle wieder zusammen sind, fahren wir durch guten Pulverschnee hinunter zum Einstieg des Couloirs. Nun geht die Diskussion los. Skis anbehalten oder aufbinden? Das Problem ist, dass es nicht ein schönes Schneecouloir ist, sondern mit Felsen durchsetzt ist, die ein kontrolliertes und elegantes Fahren unmöglich machen. Die einen rutschen runter, zu dritt beschliessen wir, die Skis aufzubinden. Der erste versucht es zu Fuss, die zweite auch. Ich bleibe als Letzter oben. Der Tourenleiter meint, es ginge besser mit den Skis, ich lasse mich überzeugen und es geht tatsächlich recht problemlos. Zuletzt zieht auch noch der letzte die Skis an. Nun folgt wieder viel Pulverschnee, bald schon erreichen wir die ersten Hütten. Nach einer letzten Pause fahren wir weiter durch den nunmehr nicht mehr so pulvrigen Schnee. Ab jetzt ist es nur noch ein sicheres Runterkommen. Bei der Waldgrenze, wo der Weg wieder beginnt, ziehen die meisten, darunter auch ich, die Skis wieder ab und tragen sie runter, denn an ein angenehmes Fahren durch den Wald ist nicht zu denken. Auch diese Tour endet standesgemäss in einem Lokal bei der einen oder anderen Runde Panaché.
Am Abend schauen wir die Karte nochmals an. Darauf ist tatsächlich nirgends ein Couloir zu sehen, nur ein blauer Strich über Gletscher. Sieht total einfach aus, aber wir wissen es jetzt besser. Ich schaue mir das Aktualisierungsdatum der Karte an: Jahr 1988! Der Verkäufer lachte sich wohl ins Fäustchen, als er diese Antiquität verkaufte.

Eine standesgemässe Heimreise

Auch alles Schöne hat ein Ende, so auch diese Tourenwoche. Wir fahren wieder nach Hause, aber nicht direkt. Einen ersten Halt legen wir im Cave des Onzes Communes in Aymavilles ein, wo wir uns mit Wein eindecken. Nächster Halt ist in Aosta. Wir bummeln durch die Altstadt, einige decken sich mit hiesigen Spezialitäten ein. Auf der Piazza geniessen wir einen Kaffee an der Sonne. Markant sind die Reste der Wehrbefestigung, deren Ursprung bis in die Römerzeit zurückreicht.

Bei strahlendem Sonnenschein über- resp. durchqueren wir den Grossen St. Bernhard, im ersten Dorf auf Schweizer Boden, Bourg St. Pierre, legen wir einen weiteren Halt ein, um ein Lawinenbuffet mit unserem verbliebenen Lunch und den frisch erworbenen Leckereien zuzubereiten. Nach dieser Stärkung treten wir endgültig die Heimreise an, unterbrochen von einem Kaffeehalt beim Teilnehmer, der als erster zu Hause ist.

Eine grossartige Woche ist damit zu Ende, ich kenne wieder eine schöne Gegend mehr. Und Arbeit gibt es noch genug, so dass ich mir eine Rückkehr, auch mit der Familie, durchaus vorstellen kann. Herzlichen Dank an alle Teilnehmer und den Tourenleiter, es war toll mit euch! Vielleicht nächstes Jahr im Weissbierland wieder. 🙂

Das Aostatal

Das Aostatal liegt in der nordwestlichen Ecke von Italien und ist eine autonome Region mit Sonderstatut. Amtssprachen sind italienisch und auch französisch, was mir sehr entgegenkommt, da ich Italienisch nur sehr rudimentär beherrsche (oder eben nicht beherrsche). Das Aostatal wurde zuerst von Kelten bewohnt, bevor es von den Römern erobert wurde. Danach herrschten nacheinander die Burgunder, die Ostgoten, die Langobarden und die Franken. Ab dem 11. Jahrhundert gehörte die Gegend bis 1946 zum Hause Savoyen, wenn auch mit ein paar Unterbrechungen. 1861 wurde das Tal Teil des Italienischen Königsreiches. Unter Mussolini wurde die Gegend, wie das Südtirol und Walsersiedlungen auch, italianisiert und die französische Sprache verboten, trotzdem wird sie zum Glück immer noch verstanden und gesprochen. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Aostatal)

Das Aostatal gleicht stark dem Wallis, es ist ebenfalls ein inneralpines Trockental mit trockenen Sommern und kalten Wintern, was die Gegend um Cogne zu einem Mekka für Eiskletterer macht. Der Nationalpark Gran Paradiso, der zum einen Teil in der Region Aostatal liegt, zur anderen im Piemont und an den französischen Vanoise Nationalpark grenzt. Der höchste Punkt des Nationalparkes und der Region Aostatal ist namensgebende Gran Paradiso mit 4061 Metern. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalpark_Gran_Paradiso).

In Cogne ist noch eine Bergbausiedlung sichtbar. Bis 1979 wurde hier noch Magnetit abgebaut. Das Erz wurde mit Gondeln ins Tal befördert, dort mit einem Zug nach Acque Fredde gefahren und dann wieder mit einer Gondelbahn nach Aosta hinunter. Nach der Einstellung des Betriebes war geplant, die Bahn touristisch zu nutzen, die Strecke wurde tourismustauglich gemacht und wäre eigentlich bereit gewesen zur Eröffnung – bis man diverse Mängel feststellte. Das Projekt ist seither in der Schwebe (Quelle: https://westalpen.wordpress.com/2015/04/21/ferrovia-del-drinc-val-di-cogne).

Unterkünfte

Hotel Notre Maison, Vetan

Das Hotel sieht sehr exklusiv aus von aussen, ist aber sehr rustikal und heimelig. Wir fühlten uns bestens aufgehoben. Vor dem Essen pflegten wir uns jeweils an der Bar zu treffen, die eine grosse Auswahl an Getränken bietet. Das Essen war gut, für Skitourengeher knapp ausreichend. Die Zimmer sind einfach, genügten aber unseren Ansprüchen vollkommen. Die Umgebung ist sehr ruhig, mit einem Ratrac wird eine Rutschbahn für die Kinder präpariert. Eine Loipe zieht die Langläufer an, für Schneeschuhläufer ist die Gegend ein Paradies.

Hotel Petit Dahu, Valnontey – Cogne

Vom Haupttal auf 600 Meter geht es hoch durch das enge Tal nach Cogne auf 1500 Meter. Links und rechts ragen die Wände steil hoch, nur gerade um Cogne selber öffnet sich das Tal etwas. Um zu unserer Unterkunft zu gelangen, müssen wir nach Valnontey, einem Weiler in einem Seitental. Hier beginnt auch der Nationalpark „Gran Paradiso“. Und hier finden wir das Hotel Petit Dahu. Wenn ich richtig gehört und übersetzt habe, ist „Dahu“ eine Gämse mit zwei kurzen und zwei langen Beinen, um besser am Hang gehen zu können. Das Hotel ist sehr klein und hat nur wenige Zimmer, ist dafür sehr familiär. Das Paar führt das Hotel alleine. Die Zimmer sind sehr klein, aber zum Schlafen reicht es allemal. Der Aufenthaltsraum ist gleichzeitig der Speisesaal und lädt tatsächlich zum Verweilen ein. Sofa und Sessel stehen vor einem Cheminée, sehr gemütlich. Auch wenn der Patron wohl für jedes Wort bezahlen muss, so wenig wie er redet, seine Künste in der Küche sind ausgezeichnet. Wir haben jeden Abend hervorragend gegessen, der empfohlene Wein war jedes Mal ein Treffer.

Auf Flickr gibt es noch mehr Fotos: https://flic.kr/s/aHskwcj7T3

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