3, 34, 38, 67, 73, 84, 94, 99, 599. Nein, das sind nicht die Lottozahlen, sondern die Nummern aller Routen von SchweizMobil, die ich auf meiner grossen Hügelrunde befahren habe. An diesem katholischen Feiertag, dem 15. August, gönnte ich mir eine etwas längere Ausfahrt über die Luzerner Hügellandschaft.

Ostergau bei Willisau
Ostergau bei Willisau

Geplant hatte ich die Tour schnell: An den Sempachersee rüber, über den zweiten Hügel nach Willisau, weiter nach Zell und hoch auf die Hügel von unserer letzten Biketour, runter nach Pfaffnau, der Wigger entlang nach Zofingen und über Safenwil nach Suhr, wo ich dann das heimatliche Wynental hochfahre. Tönt etwas weit, aber gemütlich, diese zwei Hügel sind locker zu schaffen. Da ich die Karte nicht genauer angeschaut hatte, erlebte ich dann doch die eine oder andere Überraschung.

An Sempach vorbei

Die Kinder gehen zur Schule, ich schwinge mich auf mein Gravelbike und radle los, den altbekannten Radweg nach Beromünster hoch und weiter zum Golfplatz Hildisrieden, von wo ich eine schöne Aussicht in die Berge habe. Abfahrt ins Tal, am Steinibühlweiher vorbei auf meinem alten Arbeitsweg. Ein kurzes Stück fahre ich auf der Nord-Süd-Route und fahre dann ab nach Sempach Station, wo ich meinen Augen nicht traue: Wo früher, als ich noch dort arbeitete, Wiesen und Felder waren, sind die Wohnblöcke wie Pilze aus dem Boden geschossen! Ich orientiere mich nun an der Herzroute, der Nummer 99, die auf ziemlich holprigen Feldwegen nach Neuenkirch führt. Gut, habe ich mein Gravelbike und nicht ein hochgezüchtetes Rennrad. Von Neuenkirch her steigt die Strasse an, hoch zur Windblose, von wo ich wieder eine schöne Aussicht in die Innerschweiz und den Vierwaldstättersee habe.

In Willisau gibt’s Kaffee

Nun geht es abwärts, zuerst aber die Trinkflasche am Brunnen auffüllen. Das wird sich noch als einer der Knackpunkte der Tour herausstellen, das Nachfüllen. Nun sause ich hinunter, Richtung Ruswil – und verpasse prompt einen Wegweiser. Nicht schlimm, bei Rüediswil treffe ich wieder auf die Route. Über Feld und durch Wald geht es weiter zum Soppensee und nach Stätebach, wo ich die erste kleine Überraschung erlebe: Die Strasse führt nicht schön eben ins Ostergau, sondern steigt zuerst steil an, bevor ich wieder hinunter fahren kann. Ostergau hat übrigens nichts mit Ostern zu tun, sondern bedeutet der „Gau östlich von Willisau“. Die Weiher entstanden im ersten und zweiten Weltkrieg als Folge des Abbaus von Torf, welcher anstelle von Kohle verheizt wurde. Ich erreiche das Städtchen bald, es ist fast ausgestorben, bin wohl noch etwas früh dran für einen Feiertag. Aber ein Restaurant hat offen, ich gönne mir einen Kaffee. Ein Bummel durch das schöne Städtchen mit den prächtigen Häusern lohnt sich, am besten an einem Sonn- oder Feiertagmorgen, wenn es noch kaum Autoverkehr hat.

Ein Déjà-vu

Ich fahre nun durch das Tal nach Zell rüber. So dachte ich. Das „Tal“ entpuppt sich als Hügel, der mir 160 Höhenmeter Aufstieg bescherte. Die sind aber bald bewältigt, ich fahre ab nach Zell, nur um gleich wieder auf der anderen Seite hoch zu fahren nach Fischbach, wo mich die nächste kleine Überraschung erwartet: Der Radweg führt links hoch, wenn auch nur 30 Höhenmeter. Dafür kann ich im Wald nach Grossdietwil abfahren anstatt der Hauptstrasse entlang. In Grossdietwil fülle ich nochmals die Flasche am Brunnen, dann gilt es ernst, eine steile Strasse führt hoch zur Grossdietwilerallmend, insgesamt 180 Höhenmeter. Allerdings unterbreche ich auf der ersten Anhöhe den Aufstieg mit der Mittagspause.

Wieder im Aargau

Ich bin nun auf der Strecke, die wir kürzlich auf der Luzerner Hügeltour in die andere Richtung befahren haben. In der Ferne sind Eiger, Mönch und Jungfrau auszumachen. Diese Aussicht war uns das letzte Mal verwehrt gewesen. Vom Kulminationspunkt fahre ich ab Richtung Roggliswil, jetzt den Jura statt die Alpen vor Augen. Der nächste Ort, Pfaffnau, hält wieder eine kleine Überraschung bereit, die Route führt steil aufwärts zum Wald. Dafür bin ich abseits des Verkehrs, nach Erreichen des höchsten Punktes fahre ich gemütlich über Felder ab ins Wiggertal und dem Bach entlang nach Zofingen, dem nächsten mittelalterlichen Kleinstädtchen. Die Gassen laden zum Bummeln ein, in den Strassencafés kann man dem nicht sehr geschäftigen Treiben entspannt zuschauen. Bekannt ist der Niklaus-Thut-Platz mit dem Niklaus-Thut-Brunnen, der dem Stadthelden gewidmet ist. Niklaus Thut nahm auf Seiten der Habsburger an der Schlacht bei Sempach anno 1386 teil, überlebte diese aber nicht. Er war Bannerträger der Stadt Zofingen und der Legende nach soll er angesichts der drohenden Niederlage das Banner von der Stange gerissen und verschluckt haben.

Wasser!

Ich nehme lieber noch einen Schluck Wasser und setze meine Tour fort, fahre an Safenwil vorbei, nun auf dem „Alten Bernerweg“. Bei Kölliken passiere ich die riesige Halle der Sondermülldeponie, einem Mahnmal der Verantwortungslosigkeit, das 900 Millionen Franken gekostet hat. Von Oberentfelden fahre ich gemütlich der Suhre entlang nach Suhr. So allmählich wäre ein Brunnen willkommen, ich habe nur noch einen Schluck in der Flasche. Aber erst in Oberkulm komme ich wieder an einem vorbei. Eine Karte mit allen Brunnen wäre schon noch eine gute Idee. Und ich denke über die Realisierung nach. Nun ist es nicht mehr weit nach Hause, hier kenne ich mich aus und verlasse (meistens) die ausgeschilderte Route, die Wynental-Route, denn es gibt schönere Wege hier als die offiziellen. Nach fast acht Stunden erreiche ich mein Zuhause wieder, mit schmerzendem Knie und Hintern, aber glücklich.

 Info

Die Tour verläuft vornehmlich auf markierten Routen, die auf Schweiz Mobil zu finden sind. Geschätzte 80 – 90 Prozent verlaufen auf Asphalt, der Rest sind Forst- und Feldwege, die zum Teil ziemlich ruppig sind. Dafür hat sich mein Gravelbike bestens bewährt: Viel weniger Rollwiderstand auf Asphalt als ein Mountainbike, aber geländegängiger als ein Rennrad.

Daten

125 Kilometer
1791 Höhenmeter
6:05 Stunden Fahrzeit

Mein Gravelbike hat sich bewährt
Mein Gravelbike hat sich bewährt

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