Im IBA Bolle di Magadino waren wir schon zwei Mal, das ist allerdings eine Weile her, 2015 und 2017. Das ist kein Grund, es nicht ein drittes und viertes Mal zu machen, wie jetzt in den Herbstferien, denn zu entdecken gibt es für Naturliebhaber immer etwas.

gewässer mit schwachem nebel, dahinter bäume, links schilf
Am Morgen in der Bolle di Magadino

Was ist denn IBA? IBAs sind „Important Bird and Biodiversity Areas“, also wichtige Gebiete für Vögel. Ende der Siebziger Jahre wurde das Programm von Birdlife International ins Leben gerufen, die nationalen Verbände führen die Liste. Aktuell sind es rund 12’000 IBAs in mehr als 200 Ländern. Leider bedeutet es nicht, dass die Gebiete dann tatsächlich geschützt sind, sondern nur, dass sie eben wichtig sind für die Vögel.

Auf der Tenero-Seite

Unser erster Ausflug in den Herbstferien soll uns also in Bolle di Magadino führen, aber auf der Seite von Tenero. Dazu nehmen wir den Bus bis Tenero Brere. Zu Fuss überqueren wir die Brück über die Verzasca, die hier ruhig und breit daherfliesst, ganz anders als im Tal oben. Gleich danach können wir in den Wald abzweigen. Zu dieser Jahreszeit hört man fast ausschliesslich Rotkehlchen singen. Dann und wann ruft auch ein Buntspecht. Krähen machen sich bemerkbar, aber nicht die bei uns verbreitete Rabenkrähe, sondern die grau-schwarze Nebelkrähe. Der Weg führt durch die Sumpflandschaft, hinaus zu einem Hide.

Jemand mit einer Kamera ist schon da, er konzentriert sich auf eine Rohrammer, die im Schilf herumklettert. Wir lassen uns nieder, spähen hinaus. Viel scheint nicht los zu sein aktuell, keine Limikolen in Sicht. Bachstelzen fliegen überall umher. Dazwischen entdecken wir doch noch spannende Vögel: Schwarzkehlchen stärken sich hier vor der Weiterreise. Im Gras hüpft ein Wiesenpieper umher, Rauchschwalben flitzen über dem Wasser.

Auf der Suche nach dem Weg

Wir kehren um, auf einem etwas anderen Weg. Im Wald geht eine ganze Familie quer durch den Wald, reisst Pilze ab. Zur Erinnerung: Wir sind hier in einem Naturschutzgebiet, wo Wege nicht verlassen und Pflanzen nicht abgerissen werden dürfen. Da gehören Pilze auch dazu. Ein Grünspecht ruft auf einer Espe.

Von der Brücke schauen wir nochmals in die Verzasca, entdecken eine Wasseramsel und einen Zwergtaucher. Zurück bei der Bushaltestelle suchen wir einen Wanderweg. Irgendwie deckt sich die Realität nicht mit der Karte, jedenfalls ist die riesige Baustelle nicht verzeichnet. Wir suchen den Weg durch das bekannte Sportzentrum Tenero. Hier halten sich Italiensperlinge auf, eine dem Haussperling nah verwandte Art und der hier an dessen Stelle vorkommt. Auf dem Rasen stolzieren Nebelkrähen umher.

Endlich sind wir wieder am Ufer des Lago Maggiore. Beim Lido spienzeln wir kurz um die Ecke und entdecken einen Flussuferläufer. Doch noch eine Limikole gesichtet. Ein Seidenreiher schreitet durchs Wasser, ab und zu schnellt sein Kopf vor, wieder ein Fischchen weniger. Wir können ihn am Ufer entlang begleiten und fotografieren, er lässt sich nicht beirren. Welch schönes Erlebnis! Anschliessend suchen wir den weiteren Weg, nach einigen Umwegen erreichen wir wieder die Uferpromenade, auf der wir zur Wohnung zurückkehren.

Von Magadino zurück

Die zweite und in diesen Ferien letzte Tour starten wir in Magadino. Mit Bus und Bahn hätten wir ungefähr ¾ Stunden dort hin. Ich habe eine andere Möglichkeit entdeckt, nämlich jene mit dem Schiff. Dieses verkehrt stündlich von Locarno nach Magadino, in nur zwanzig Minuten ist man da. So geniessen wir die Morgendämmerung auf dem Schiff und kommen entspannt in Magadino an.

Dort ist es einen Moment vorbei mit der Entspannung, wegen Bauarbeiten am Uferweg müssen wir 500 Meter der Haupstrasse entlang gehen. Was sind wir froh, als wir abdrehen können in die Bolle. Leider hat sich der Nebel grösstenteils verflüchtigt, das hätte wunderschöne, mystische Fotos gegeben. Aber auch so ist es schön. Auf einem toten Baum sitzt ein Kormoran, im Vecchio Letto del Fiume, wo einst der Ticino floss, schwimmen Krickenten. Wir besteigen einen Beobachtungsturm, blicken über das Schilf. An einem Baum hackt ein Buntspecht.

Wir gelangen an den eigentlichen Ticino, mittendrin eine Kiesinsel. Da lohnt es sich immer, genau hinzuschauen. Tatsächlich wuselt da eine Gebirgsstelze herum. Weiter draussen hüpfen braune Vögel umher, die wir mit der Zeit als Wiesenpieper bestimmen können. Auch zwei Wasseramseln tummeln sich im und am Wasser.

Am Ende des Weges steht nochmals eine Aussichtsplattform, von der wir aber nichts entdecken können. Auch beim nächsten gibt es nicht viel zu entdecken, ausser einem Mäusebussard. Dafür singen überall Rotkehlchen. Eine Freude ist der Wald, so wild. Zu einer anderen Jahreszeit gäbe es hier viele Entdeckungen zu machen, zum Beispiel den Pirol. Wir schlendern Richtung Strasse, um dort den Ticino zu überqueren, die Augen und Ohren immer offen.

Zurück nach Tenero

Zum Glück kann man die Strasse unterqueren, überqueren wäre lebensgefährlich bei dem Verkehr. Wir gehen möglichst schnell auf die andere Seite des Flusses und dort parallel zum Flugplatz. Besondere Entdeckungen gibt es auch da nicht, ausser zwei Grünspechten. Wir kommen zu einem Gehöft, genannt Stallone (hat mit Sylvester aber nichts zu tun). Weite Agrarflächen prägen die Umgebung. Scheint langweilig. Aber da entdecken wir einen kleinen Vogel. Bei genauem Hinsehen identifizieren wir es als Braunkehlchen! Dieser sehr selten gewordene Brutvogel rastet hier vermutlich, bevor er weiter zieht in den Süden. Kurz nach dem Hof erblicken wir nebst Distelfinken ein Schwarzkehlchen.

Braunkehlchen auf einem pfahl
Braunkehlchen

Von der Haltestelle der nahen Berufsschule fahren wir mit dem Bus zurück nach Locarno. Natürlich kehren wir nicht nach Hause zurück, ohne noch traditionellerweise im Café „Al Porto“ unsere schöne Wanderung zu beschliessen mit einem feinen Kuchen und Kaffee. Auf dem Nachhauseweg, kurz nachdem wir wieder gestartet sind, hält Silvan inne. „Da, ein Pelargonien-Bläuling!“ ruft er erfreut. „Hast du den schon mal gesehen?“ frage ich. „Nein, aber den erkennt man sofort.“ Ach so, na dann. Wie wir weiter belehrt werden, ist der gar nicht einheimisch, sondern stammt aus Südafrika. Er wurde von dort mit den Zierpflanzen eingeschleppt, ist aber glücklicherweise nicht invasiv. Also, freuen wir uns mit Silvan über die Entdeckung.

Schmetterling
Ein Pelargonien-Bläuling

Info

Den Namen „Bolle di Magadino“ kommt davon, dass hier einst alles Sumpf war, wo Methanblasen entwichen, die „Bolle“ auf italienisch.

Von Birdlife Schweiz gibt es eine Beschreibung der Bolle di Magadino.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.