Für eine Reportage über das Biken mit Kindern wollten wir die „Goldiroute“ in Emmetten ausprobieren. Die Beschreibung tönt verlockend: Mit der Seilbahn von Beckenried hoch zur Klewenalp, rüber zur Stockhütte, runter nach Emmetten, weiter nach Seelisberg und runter bis nach Treib am Vierwaldstättersee, von wo es mit dem Schiff zurück nach Beckenried geht. Das haben wir auch gemacht, aber nicht immer auf der Originalroute. Und was soll ich sagen, es war der Hammer! Wir nannten sie deshalb „Goldiroute superplus“.

Sanft geht es los
Sanft geht es los

Meine Frau bestand darauf: Start in Beckenried und mit der Seilbahn hoch, damit wir die grösste Steigung zur Stockhütte rüber zu Beginn hinter uns haben. So startet unsere Tour also gemütlich mit der Seilbahn zur Klewenalp hoch. Von dort hat man bereits eine Postkartenaussicht, die fast schon kitschig ist.

Blick von der Klewenalp zu den Mythen
Blick von der Klewenalp zu den Mythen

Von der Klewenalp zur Stockhütte

Für kleine Kinder gibt es einen Spielplatz und einen Streichelzoo. Wir fahren los, wollen zur Stockhütte rüber. Schon bei der ersten Verzweigung bleiben wir stehen: Zwei Wege führen zur Stockhütte. Wir nehmen jenen, wo auch der Bikewegweiser hinzeigt. Statt eines Aufstieges erwartet uns erst mal eine Abfahrt auf einer Schotterstrasse. Beim Tannibüel fahren wir in eine Steigung hinein. Jetzt geht es hoch! Ja, aber nur ein paar Meter, dann ist auch schon die nächste Abfahrt fällig. Bis jetzt war diese Route weder technisch noch konditionell anspruchsvoll,  so wie sie sein muss für eine Familientour. Wir fahren weiter ab auf der Alpstrasse, halten ab und zu an und bestaunen die herrliche Bergwelt. Und ehe wir uns versehen, sind wir bei der Stockhütte, wo wir diesen Sommer schon mal waren. Pause oder nicht? Klar, wir haben ja Zeit, und Durst ebenfalls.

Zwangspause

Nach der Pause geht es weiter, die Strecke kennen wir nun. Zuerst auf der Strasse, dann irgendwo im Wald rechts abbiegen in eine Waldstrasse. Damit verlassen wir zum ersten Mal die Goldiroute, aber nur so die Asphaltstrasse hinunter zu fahren ist ein bisschen, na ja, langweilig. Wir brettern also runter, bis sich mit einem Knall eine Premiere ankündigt: Zum ersten Mal auf einer Tour habe ich eine Panne, der Schlauch ist geplatzt. Zehn Minuten verschnaufen für die anderen, zehn Minuten Arbeit für mich. Weiter geht es, wir fahren vorbei an Rotifluh, weiter zum Eggeli. Und danach einbiegen in den Singletrail über die Weide, wir kennen ihn ja. Wir haben das Gefühl, dass wir diesmal lockerer fahren, ich steige jedenfalls nie ab, im Gegensatz zum letzten Mal. Dann in den Wald einbiegen, auf dem Weg locker nach unten fahren, und schon bald stehen wir auf der Strasse. Irgendwie geht alles schneller als vor eineinhalb Monaten.

Besuch bei der Bikearena Emmetten

Auf der Asphaltstrasse sind wir schnell in Emmetten. Dort suchen wir die Bikearena Emmetten auf, ich habe mit Herrn Christen abgemacht. Er hat sich meinen Blog gut angeschaut, er begrüsst mich und meine Frau und fragt gleich, ob wir die Kinder nicht dabei hätten. Doch, doch, die werden da vorne die Treppe runterhobeln. Wir erkundigen uns über die Goldiroute und die ganze Organisation der Bikerouten. Diese werden in Freiwilligenarbeit unterhalten, ohne finanzielle Unterstützung. Selbst der Gemeindepräsident legt Hand, ihn treffen wir später im Bikekeller.

Goldi zeigt den Weg
Goldi zeigt den Weg

Für die Goldiroute empfiehlt uns Herr Christen Varianten. „Für euch ist das nichts, ihr müsst hier runter fahren, hier hat es tolle Singletrails.“, und zeichnet uns die Möglichkeiten gleich auf der Karte ein. Das hat kaum Steigungen in dieser Route, die ist ideal für Kinder, finden wir. „Ach ja? Andere finden, das sei sehr steil und habe lange Aufstiege.“ Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Die Steigungen kommen tatsächlich erst noch. Nun wollen wir weiter, wir bedanken uns und fahren weiter, ich mit „Goldi“ im Rucksack.

Singletrails à go-go

Wir fahren zuerst auf der Seelisbergstrasse hinunter bis zum „Blätz“ und zweigen dort, der Beschilderung folgend (aber der weinroten), nach links ab und fahren an einer Kapelle vorbei. Ab hier steigt nun die Strasse an, ist aber immer noch asphaltiert. Am Waldrand legen wir eine Pause ein und fahren dann auf der Schotterstrasse weiter. Nun wird sie aber wirklich steil und wir wissen nun, was Herr Christen gemeint hat.

Wir haben keine Aussicht, dafür Schatten. Das ist bei diesen Temperaturen fast mehr Wert. Und dann war da noch etwas mit Abzweigung und Seelisberg und so. Ah, hier! Also nach links und weiter. Der Weg steigt wieder leicht an, nun müsste bald die Hohle Gasse kommen. Und wirklich, hier ist eine Felsgasse, man würde sich nicht wundern, wenn plötzlich Wilhelm Tell hervorstürmen würde. Tatsächlich wurde hier in den 40er Jahren ein Film über den Schweizer Nationalhelden gedreht.

Nach dieser Zusatzschlaufe durch den Brennwald (Route 924) wechseln wir auf die Route Höch Flue (Route 925). Zuerst kommen wir aber an einen Aussichtspunkt. Und was für eine Aussicht wir da haben! Da bleibt einem die Spucke weg: Wir stehen über einer senkrechten Felswand, der tiefblaue Vierwaldstättersee liegt fast 600 Meter weiter unten, vis-à-vis die Rigi, weit hinten Luzern, in die andere Richtung die beiden Mythen mit Schwyz zu deren Füssen.

Eine umwerfende Aussicht

Nach dieser grandiosen Aussicht haben wir nun aber einen Singletrail in Aussicht. Schon kurz nach dem Start kommt eine Verzweigung: Links der Wanderweg, geradeaus der Biketrail. Wir wollen aber nicht auf die Strasse runter! Wir fahren trotzdem mal in diese Richtung, vielleicht wird das ja was. Zuerst geht es aber steil zwischen Steinen hoch, ich schaffe es nicht bis zuoberst und muss schieben.

Nach diesem kurzen Anstieg folgt gleich wieder eine Abfahrt. Ober besser, ein Abstieg, denn mir ist das Gelände zu verblockt, ich schiebe. Allerdings nur ein paar Meter, dann setze ich mich wieder aufs Bike und fahre los. Auf ruppigem Untergrund, mit Felsbrocken und Wurzeln gespickt, fahren wir los, es ist eine Freude! Genau die richtige Schwierigkeit für uns, nicht zu schwer, nicht langweilig. Kurve für Kurve, Welle für Welle, Hindernis für Hindernis geniessen wir den Spass, bis wir wieder zu einem Aussichtspunkt kommen und verschnaufen können. Wieder haben wir diesen sensationellen Ausblick. Inzwischen haben sich Bike- und Wanderweg wieder vereint, so sind wir den beiden Wanderinnen, die kurz vor uns gestartet sind, nicht in die Quere gekommen.

Seelisberg entgegen

Der weitere Weg ist jetzt nicht mehr so ruppig, dafür mit engen Kurven gespickt. Die erste habe ich eigentlich schon gemeistert, als ich doch noch abstehen muss. Fabian, der vor mir fährt, macht diese trotz seinen grossen Rädern locker. Wir fahren bis zur nächsten Aussichtskanzel, mit Panorama wird nicht gegeizt auf diesem Trail. Die Jungs drängen zum Weiterfahren, es warten noch mehr Singlerails. Durch den Wald und über Wiesen jagen wir Seelisberg entgegen.

Da wir uns hier auf  einem Wanderweg befinden, muss immer mit Fussgängern gerechnet werden, man muss also auf Sicht anhalten können. Das letzte Weglein, und wir kommen in Seelisberg an. Bei einer Kapelle verschnaufen wir erst mal. „War das geil oder war das geil“, frage ich in die Runde. „Weder noch, das war super-mega-geil!“ war Fabians prompte Antwort.

Mit dem Schiff zurück

Nun sind wir wieder auf der Original-Goldiroute, und wir erhaschen nun einen Blick auf den Urnersee, das Rütli – die Wiege der Schweiz – und die Urner Alpen. Ach, ist das fantastisch! Bis Treib fahren wir nun auf der Asphaltstrasse, die wider Erwarten nicht autofrei ist. Immerhin hat es nicht viel Verkehr. So erreichen wir schon bald Treib, wo wir auf das Schiff warten. Das Restaurant „zur Treib“ ist ein uraltes, wunderschönes Haus. Wir haben schön Zeit, uns etwas auszuruhen und umzusehen. Dann kommt das Schiff: Der Schaufelraddampfer „Stadt Luzern“, ein herrliches Schiff mit Baujahr 1928. Gemütlich lassen wir uns zurückschiffen via Gersau nach Beckenried. Interessant ist, dass man die mächtigen Kolben arbeiten sieht, sehr eindrücklich. Eine Fahrt mit dem Dampfer lohnt sich auf jeden Fall mal.

Die halbe Stunde ist schnell um, und unsere Tour ist zu Ende. Und was für eine Tour, der absolute Knaller! Wir werden sie nicht das letzte Mal gefahren sein. Nur Silvan muss wieder auf dem Parkplatz herumkurven, damit er noch auf 30 Kilometer kommt… Wo er die zusätzlichen drei Kilometer gefahren ist, bleibt sein Geheimnis.

Infos zur „Goldiroute superplus“

Eine geniale Familienbiketour mit Unterstützung von Seilbahn und Schiff. Viele Singletrails, wenig Aufstiege, aber steil. Unsere Route ist eine Kombination der Routen 921 „Bella Vista“, 924 „Brennwald“, 925 „Höch Flue“ und der „Goldiroute“. Ausgangsort ist Beckenried.

Start: Klewenalp
Ziel: Treib am Vierwaldstättersee
Strecke: Klewenalp – Tannibüel – Stockhütte – Hammen – Emmetten – Brennwald – Seelisberg – Treib
Distanz: 27 Kilometer
Höhenmeter: 565 Meter aufwärts, 1570 Meter abwärts
Dauer: 2.5 Stunden
Kondition: mittel
Technik: leicht (Original Goldiroute) bis schwer (Goldiroute superplus)
GPS-Track: Original GoldirouteGoldiroute mittelschwer, Goldiroute superplus (hier beschrieben)
Höhepunkte: Singletrails zwischen Stockhütte und Emmetten sowie im Brennwald, Aussicht
Alternative: Die Original-Goldiroute verläuft hauptsächlich auf Strassen und stellt keine technischen Anforderungen.

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