Wir fuhren mit dem Bernina-Express nach Poschiavo, aber nicht im Bernina-Express: So heisst die Bikeroute von Samedan über die Bernina nach Poschiavo im Puschlav. Wir sind in Pontresina zugestiegen.

velofahrerin auf alpstrasse, im hintergrund berge
Auf dem Weg zum Hospiz

Auch wenn wir in Pontresina auf 1800 Meter sind, es lohnt sich, früh zu starten. Um 20 nach sieben fahren wir los durchs Dorf, wechseln bei bester Gelegenheit auf die andere Seite des Berninabaches. Noch ist die Strecke gemütlich, erst nach dem Zeltplatz in Morteratsch steigt der Weg an, so dass wir zum Teil schieben müssen. Vorher aber bestaunen wir die Eisriesen, die in den nächsten Jahrzehnten keine mehr sein werden, so schnell und unaufhaltsam schmilzt das „ewige“ Eis.

Über die Bernina

Nach der Steilstufe durch den Arvenwald wird es wieder flacher. Wir fahren über Alpstrassen durch Weiden, vorbei am Lej Pitschen und Lej Nair, erreichen den Lago Bianco (hier macht sich die Sprachgrenze bemerkbar, vom Rätoromanischen geht es über ins Italienische). Der Weg dem Lago entlang verläuft zuerst auf einem Singletrail, nicht immer ganz einfach zum Fahren. Zudem kommen andere Biker und Wanderer entgegen, aber man macht einander selbstverständlich Platz.

Bei der Haltestelle ‚Ospizio Bernina‘ geht der Weg in eine Strasse über. Der See hat wenig Wasser, überall ragen Felsen heraus. Am Ende des Sees erblicken wir erstmals das Puschlav. Von nun an geht es hauptsächlich abwärts.

Legendäre Alp Grüm

Irgendwann verpassen wir eine Abzweigung. Da der Weg so schön ist, beschliessen wir, darauf weiter zu fahren. Nur Fabian ist damit nicht einverstanden, denn wir verpassen dadurch einen Singletrail. Er kehrt um und fährt den korrekten Weg. Wir anderen fahren durch lockeren Lärchenwald und an Wiesen vorbei bis zum ‚Belvedere‘, wie das Bergrestaurant heisst, wo wir auch wieder auf Fabian treffen. Es lockt mit einer Aussicht wie aus einem Flugzeug, nur kann man sie länger geniessen. Weit unten glitzert der Lago di Poschiavo. Und besonders wichtig: Vor uns stehen Kaffee und Kuchen.

Und weiter sieht man von hier die berühmte Alp Grüm mit der 180-Grad-Kurve. Klar, dass man da auf einen der roten Züge wartet und ein Foto schiesst. Nach der Stärkung fahren wir zum Bahnhof hinunter, dann weiter einen steilen Weg hinunter. Hier trennt sich zum ersten Mal die Spreu vom Weizen.

Abwärts nach Poschiavo

Rechterhand sehen wir den Palügletscher, oder das, was noch übrig ist von ihm. Weiter geht die Fahrt hinunter nach Cavaglia, die Ebene lässt uns vorerst mal ausruhen. Danach geht es aber wieder abwärts, mal schön flowig, mal ruppig, aber immer fahrbar. Jedenfalls ist die Strecke sehr abwechslungsreich. Zwischendurch verschnaufen wir, was Silvan gleich dazu nutzt, den Wegrand zu inspizieren. Prompt entdeckt er Raupen des Wolfsmilchschwärmers. Sie sind sehr auffällig gefärbt, sie wollen damit sagen: „Friss mich nicht, ich bin giftig!“ Das rührt daher, dass sie sich hauptsächlich von Zypressenwolfsmilch ernähren, die ihrerseits giftig ist.

Weiter geht die Fahrt, Fabian weit voraus, wir hintendrein, irgendwann. Netterweise wartet er ab und zu auf uns. Es wird immer wärmer, je weiter wir nach unten kommen. Der letzte Singletrail, dann erreichen eine Strasse. Gemütlich rollen wir nach Poschiavo, wo es schon unangenehm warm ist, obwohl der Ort auf rund 1000 Meter liegt. „Das war eine schön flowige Tour!“, meint Fabian. Na ja, flowig stelle ich mir anders vor, aber Spass hat es gemacht.

Mit dem nächsten Zug fahren wir wieder auf die Bernina, steigen bei der Station Bernina-Diavolezza aus, wir wollen die Abfahrt noch auskosten. Nur dumm, dass Fabian kurz nach dem Start eine Speiche bricht. Etwas vorsichtiger als sonst fährt er mit uns heim. Bei der Montebellokurve lassen wir es uns nicht nehmen, den Weg zu fahren, den wir schon vor zwölf Jahren mit zwei kleinen Knöpfen gefahren sind, der eine noch auf dem Windschattenvelo. Natürlich sind wir jetzt viel schneller unterwegs, unser Abenteuer endet kurz darauf in Pontresina. Eine rundum empfehlenswerte Tour!

Info

Der Bernina-Express ist eine sehr abwechslungsreiche Biketour vom alpinen Gelände bis hinunter in den Süden. Auf Schweiz Mobil ist es die Route 673. Man sollte schon vertraut sein mit Singletrails, „eMTB-sind-hipp-wir-sind-schon-lange-nicht-mehr-velo-gefahren-aber-mieten-wir-welche-und-probieren-da-mal“-Leute haben hier nichts verloren.

Start: Pontresina (offiziell in Samedan)
Ziel: Poschiavo
Strecke: Pontresina – Morteratsch – Bernina Ospizio – Alp Grüm – Cavaglia – Poschiavo
Distanz: 31 Kilometer
Höhenmeter: 660 Meter aufwärts, 1415 Meter abwärts
Dauer: 3 Stunden
Kondition: mittel
Technik: mittel
GPS-Track: Route Bernina Express
Höhepunkte: Drei- und Viertausender bei Morteratsch, alpines Ambiente über die Bernina, Aussicht von der Alp Grüm, Singletrails nach Poschiavo
Alternative: Mit dem Zug bis Bernina Ospizio, auf dem Rückweg ebenfalls dort aussteigen

Relive ‚Bernina Express‘

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