Radreisen sind faszinierend: Man fährt von Ort zu Ort, durchfährt jeden Tag andere Landschaften. Dass dies auch mit Kindern jeden Alters geht, haben wir schon mehrfach gezeigt. Ich verrate deshalb einige Tipps und Tricks, die bei Mehrtagesreisen mit Kindern zu beachten sind.

Weshalb überhaupt mehrere Tag auf dem Velo?

Ganz einfach: Es ist schlicht grossartig, draussen unterwegs zu sein und jeden Tag neue Landschaften kennen zu lernen. Jeder Tag bringt etwas anderes, man ist so auf das Hier und Jetzt fokussiert, dass man alles andere schlicht vergisst. Man bekommt den Kopf wirklich frei, es hat gar keinen Platz für die Alltagssorgen. Man möchte gar nicht mehr aufhören zu radeln (jedenfalls mir geht es jeweils so).

Zwischen Pontresina und Samedan

Start in Meiringen
Start in Meiringen

Wie alt müssen Kinder sein für eine Radreise?

Das Alter spielt eigentlich kaum eine Rolle – wenn sie altersgerecht unterwegs sind. Kleinkinder fahren am besten im Kinderanhänger mit. Er bietet zugleich viel Stauraum (der in dem Alter aber vorwiegend mit Windeln gefüllt ist).

Der Kinderanhänger ist ein bequemes Transportmittel
Der Kinderanhänger ist ein bequemes Transportmittel

Wie lange können Etappen sein?

Es darf auch mal ein bisschen mehr sein
Es darf auch mal ein bisschen mehr sein

Mit Kleinkindern sollten maximal 20 Kilometer lange Etappen geplant werden. Im Schulalter können es auch mal 40 Kilometer sein am Tag. Eltern merken aber selber, was richtig ist für ihre Kinder, eine eiserne Regel gibt es sowieso nicht.

Unsere Kinder sind mit 10 Jahren auch schon 70 Kilometer gefahren, aber das muss in dem Alter die Ausnahme sein. Notfalls nimmt man den Zug, wenn ein bestimmter Ort erreicht werden muss. Wichtig ist immer, dass regelmässig Pausen eingelegt werden, damit sich die Kinder wieder erholen können.

Wichtig: Viele Pausen, damit sich die Kinder erholen können
Wichtig: Viele Pausen, damit sich die Kinder erholen können

Was, wenn die Ausdauer noch nicht so gross ist?

Das Kind fährt zwar schon selber Velo, aber für eine Veloreise hat es noch zu wenig Ausdauer. Was dann? Da empfiehlt sich ein Windschattenfahrrad, ein Einrad, das an der Sattelstange festgemacht wird. Das Kind kann so mittreten, aber auch einfach ruhen, wenn es keine Lust hat. Zudem muss es sich nicht auf die Strasse konzentrieren. Auf den ersten beiden Veloreisen war jeweils einer der Jungs auf dem Windschattenvelo dabei.

Rassig unterwegs auf dem Trailer
Rassig unterwegs auf dem Trailer

Es gibt auch Systeme, mit denen das Kinderfahrrad am Erwachsenenrad festgemacht werden kann, der Effekt ist derselbe wie beim Windschattenvelo, das Kind kann aber, wenn es möchte, selber fahren.

Welches Fahrrad?

Selbstverständlich muss ein Fahrrad die gesetzlichen Erfordernisse erfüllen (Licht, Reflektoren, Klingel). Auch Schutzbleche (es ist vielleicht nicht immer schönes Wetter) und natürlich ein Gepäckträger sollten auch vorhanden sein. Wenn sie selbständig fahren, kann ihnen auch eine Gepäcktasche (Sacoche) zugemutet werden, allerdings eine kleine, die bei Erwachsenen für das Vorderrad gedacht ist. Darin können sie ihre Ersatzkleider und Regenkleider verstauen sowie anderes, das sie benötigen. Aber Achtung wegen dem Gewicht, sehr selektiv packen. Es müssen ja nicht alle 25 Stofftiere mitkommen (viel Spass beim Verhandeln mit dem Kind).

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Damit kommen wir zu einem weiteren wichtigen Aspekt: Dem Gewicht des Fahrrades. Kindervelos sind vergleichsweise billig, weil auch die billigsten Komponenten verbaut werden. Und billig heisst eben auch schwer. Das sind wohl hier nur 50 Gramm und dort 100 Gramm, aber in der Summe kommt einiges zusammen. So kann ein Kinderfahrrad schon mal 12 – 14 Kilogramm wiegen und somit schnell mal halb so viel wie das Kind selber. Stellen wir uns vor, wir Erwachsenen müssten mit einem Fahrrad fahren, das halb so schwer ist wie wir selber!

Wir sind auf unseren Reisen mit Mountainbikes unterwegs, die wir mit Gepäckträger und Schutzblechen versehen haben. Das erlaubt uns, auch mal etwas abenteuerliche Wege zu wählen. Vom Rollwiderstand her ist aber ein Strassenvelo besser für Kinder.

Auch Kinder können mit Packtaschen fahren
Auch Kinder können mit Packtaschen fahren

Wo übernachten?

Zu Beginn der Rheinroute, die Kinder waren sieben und fünfeinhalb Jahre alt, fragten sie jeweils, wo wir übernachten, ihnen war es nicht geheuer. Wir erklärten es ihnen ausgiebig, zeigten auch auf der Karte, wie weit es noch ist (dadurch bekommen sie auch ein Gefühl fürs Kartenlesen). Schon bald aber fragten sie nicht mehr, sie vertrauten uns, dass wir schon vorgesorgt hatten. Jedenfalls hatten wir immer ein Plätzchen zum Übernachten gefunden. Welche Unterkünfte man aufsucht, ist natürlich dem individuellen Geschmack und Budget überlassen.

Hotel

Am bequemsten ist ein Hotel, allerdings auch am teuersten. Die Hotels entlang der markierten Routen von SchweizMobil sind für Velofahrer eingerichtet. Sie müssen einen Mindeststandard erfüllen, wie zum Beispiel einen abschliessbaren Platz für die Fahrräder. Ein weiterer Vorteil ist, dass man am wenigsten Gepäck mitschleppt.

Jugendherberge

Eine günstigere Alternative sind die berühmten Jugendherbergen. Sie haben kaum mehr etwas gemein mit den Jugendherbergen vor dreissig Jahren. Zum Teil sind es auch fast Hotels, es gibt sogar Familienzimmer mit Doppelbetten.

Nichts mehr von Mief: Die Jugendherberge Scuol
Nichts mehr von Mief: Die Jugendherberge Scuol
Speisesaal
Speisesaal der Jugendherberge Saas-Fee
Das Bistro
Das Bistro im Wellness Hostel 4000 in Saas-Fee

BnB

Natürlich sind auch BnB’s eine gute Übernachtungsmöglichkeit. Das Nachtessen muss man meistens auswärts einnehmen, aber der Gastgeber weiss immer eine Empfehlung. Und nicht nur das, er weiss auch viel über die Gegend und kann einem Geheimtipps geben. Es lohnt sich also, zwischendurch mal eine private Herberge aufzusuchen.

Schlafen im Stroh

Für Kinder ist das ein Riesenspass. Da können sie im Nachtlager herumtollen, Burgen aus Stroh bauen und sich darin verstecken. Strohlager befinden sich naturgemäss auf Bauernhöfen, für Kinder der ultimative Spiel- und Abenteuerplatz. Nicht zu vergessen die Tiere, die zu einem Bauernhof gehören. Das reinste Paradies für Naturkinder.

Maximaler Spass: Schlafen im Stroh
Maximaler Spass: (Vor dem) Schlafen im Stroh

Der Nachteil liegt auf der Hand: Mehr Gepäck. Denn man muss den Schlafsack mitnehmen, was das Gewicht und vor allem das Volumen des Transportgutes anschwellen lässt. Aber es lohnt sich!

Das Eigenheim: Übernachten im Zelt

Am meisten Unabhängigkeit und Freiheit verspricht das Zelt. Zeltplätze gibt es viele, und Platz darauf ist für ein kleines Zelt eigentlich immer vorhanden. Wer es besonders abenteuerlich mag, kann auch wild campieren. Aber Achtung, das kann in gewissen Gegenden verboten sein. Am besten sowieso zuerst den Grundbesitzer fragen, wenn er ausfindig zu machen ist.

Das Eigenheim für unterwegs
Das Eigenheim für unterwegs

Auch hier ist der Nachteil klar: Nebst den Schlafsäcken kommen noch das Zelt und die Kochutensilien dazu, was am besten auf einem Anhänger, zum Beispiel dem Bob Ibex, zu transportieren ist. Aber die Flexibilität ist dafür unerreicht. Und die Kinder werden es lieben.

Welche Touren sind geeignet?

Prädestiniert für Radreisen mit Kindern sind Fluss- oder Seewege, die naturgemäss eher flach sind. Trotzdem hat es auch da Steigungen, die sich aber mit Schiff oder Bahn entschärfen lassen. Besonders empfehlenswert für Einsteiger sind die Rheinroute von Disentis nach Schaffhausen, die Aareroute von Meiringen nach Solothurn und die Mittellandroute von Solothurn nach Lausanne.

Ich habe mir angewöhnt, nicht strickt der Beschilderung zu folgen, sondern zu Hause Varianten auszutüfteln, die noch weniger Verkehr haben oder interessanter sind. Zum Beispiel sind wir von Sargans statt auf der Schweizer auf der Liechtensteiner Seite gefahren, so dass wir vom Autobahnlärm verschont waren.

Gut ausgeschilderte Velorouten
Gut ausgeschilderte Velorouten

Bodensee-Rundtour

Rund um den Bodensee ist eine beliebte Radroute, die zum Teil identisch ist mit der Rheinroute. Sie weist wenig Steigungen auf und kann fast immer mit dem Schiff verkürzt werden, was für die Kinder ein zusätzliches Erlebnis ist.

Rheinroute

Die einzige wirklich namhafte Steigung auf der Strecke von Disentis bis Schaffhausen ist von Ilanz nach Valendas. Diese lässt sich aber mit dem Zug ab Ilanz umfahren. Zudem durchquert man die einzigartige Rheinschlucht, die Ruin Aulta. Wir sind seinerzeit trotzdem hoch nach Valendas geradelt und haben dort zwei Nächte im Stroh übernachtet (es war allerdings herbstlich kühl). Die Rheinschlucht haben wir zu Fuss durchquert bis zur Haltestelle Versam, ein eindrückliches Erlebnis. Der Rest der Route ist wie erwähnt ziemlich flach, wenn man nicht strickt der Route 2 durch die Dörfer der Bündner Herrschaft fährt, sondern immer am Rhein bleibt. Für die Strecke von Kreuzlingen nach Stein am Rhein benutzten wir das Schiff, da die Route vielfach der Hauptstrasse entlang führt. Im Herbst ist allerdings zu beachten, dass nur noch ein Schiff am Morgen fährt.

Die Beschreibung der Tour findet man in meinem Führer: Das Familien-Velobuch

Rheinroute: In Liechtenstein
Rheinroute: In Liechtenstein
Rheinroute: In der Abendsonne unterwegs
Rheinroute: In der Abendsonne unterwegs

Aareroute und Mittellandroute

Die Aareroute startet eigentlich in Oberwald im Goms und führt zuerst mal über den Grimselpass. Klar, dass das mit Kindern nicht machbar ist. Deshalb sind wir in Meiringen gestartet, das vom Mittelland her besser erreichbar ist als das Goms. Die Route hat auch so noch genügend Steigungen drin, an denen die Kinder zu beissen haben. Die erste grosse Steigung führt hoch zu den Giessbachfällen und zum Hotel Giessbach. Natürlich lässt sich dieser Teil mit dem Schiff umfahren, wäre aber schade. Von Interlaken her nahmen wir ebenfalls das Schiff nach Spiez, da auf diesem Abschnitt die Route wieder mehrheitlich entlang der Autobahn führt. Mehr dazu liest du hier: Tourentipp: Dr schöne grüene Aare naa

Giessbachfälle
Giessbachfälle
Durch die Gassen von Interlaken
Durch die Gassen von Interlaken
Vor dem Bundeshaus
Vor dem Bundeshaus

Die Mittellandroute ist mit dem letzten Teil unserer Variante der Aareroute identisch, allerdings in die andere Richtung, von Solothurn über Biel nach Yverdon und weiter nach Lausanne an den Genfersee.

Wie plane ich eine Radreise?

In der Schweiz ist das Portal SchweizMobil das ultimative Planungstool. Es gibt noch viele andere Seiten, die fertige GPS-Tracks zur Verfügung stellen, jedoch nicht für Mehrtagestouren. Um selber Tracks zu zeichnen, muss man ein Abo lösen, das aber relativ günstig ist. Die GPS-Tracks kann man exportieren. Oder man verwendet gleich das Smartphone (mit all seinen Nachteilen). Nebst dem Routenverlauf bietet SchweizMobil noch viele weitere Features: Übernachtungsmöglichkeiten, ÖV-Haltestellen, Einkaufsmöglichkeiten, Servicestellen für Radfahrer und so weiter. Auch detaillierte Routenbeschreibungen findet man hier.

Zeichnet man eine Route auf SchweizMobil, erhält man gleich alle wichtigen Daten: Höhenprofil, Distanz in Kilometer, ungefähre Zeit sowie die Höhenmeter. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil bei der Planung von Touren mit Kindern. Nachdem der Track erstellt wurde, kann er aufs GPS exportiert werden. Nichtsdestotrotz: Auf den Touren habe ich immer noch eine Karte aus Papier dabei, man hat einfach die bessere Übersicht. Und bekanntlich halten die Akkus nicht ewig, wenn man mal vergisst, diesen aufzuladen, steht man dann plötzlich im Schilf. Ein nettes Hilfsmittel ist das GPS aber schon, man muss nicht immer wieder anhalten, die Karte hervorkramen und erst mal zwei Minuten suchen, wo man sich nun wirklich befindet. Befestigt am Lenker, hat man immer die Übersicht und weiss sofort, wo es lang geht.

Sehr nützlich: GPS
Sehr nützlich: GPS

Gepäcktransport vs. Gepäck mitnehmen

Das Gepäck transportieren lassen oder selber mitnehmen? Es gibt Anbieter, die dein Gepäck von Ort zu Ort transportieren. Das ist bequem, man reist mit leichtem Tagesgepäck. Ein Anbieter ist Eurotrek. Auf Wunsch organisieren die Leute von Swisstrails die ganze Tour: Fahrräder, Gepäcktransport, Unterkünfte. Wer sich nicht um die ganze Organisation kümmern will, kann beruhigt die Planung in die Hände von Swisstrails legen.

Selber bevorzugen wir die Selfmade-Methode: Alles Gepäck selber mitnehmen, alles selber organisieren. Für mich geht etwas verloren, wenn man alles organisieren lässt. Plant und organisiert man selber, kann man sich noch einen Hauch von Abenteuer bewahren. Klar, man schleppt mehr, hat mehr Verantwortung der Familie gegenüber. Aber es erfüllt einen auch mehr. Je nach dem muss man sogar einen Gepäckanhänger mitschleppen, aber so hat der Papa auch etwas zu tun. Letztendlich ist es bloss eine Geschmacksfrage, was man bevorzugt. Hauptsache, du machst es!

Ideal für viel Gepäck: Der Bob Ibex
Ideal für viel Gepäck: Der Bob Ibex

Wie transportiere ich die Räder?

So schön Veloreisen sind, so mühsam ist das Erreichen des Ausgangsortes und die Rückreise vom Zielort. Wenn man die Tour nicht als Rundreise plant, ist man auf den ÖV angewiesen. Und da arbeitet die SBB kräftig daran, das Erlebnis immer mehr zu vermiesen. Führte sie früher noch Gepäckwagen mit, sind es heute nur noch kleine Abteile in den normalen Personenwagen, wo maximal drei Fahrräder Platz haben. Zu viert muss man sich also schon auf zwei Wagen verteilen. Und immer schwebt da die Unsicherheit, ob es überhaupt noch Platz hat da oder ob dieser schon besetzt ist. In Regionalzügen ist es einfacher als in IC und ICN (dort muss man im Sommerhalbjahr sowieso reservieren). Das Velo kostet ein 1/2 Billette, aber maximal 12 Franken (Velotageskarte). Mit der Juniorkarte sind die Räder der Kinder gratis, Anhänger kosten jedoch gleich viel wie ein Velo, auch Kinderanhänger, die früher gratis waren. Ein weiteres Indiz, dass die SBB die Velofahrer am liebsten los werden würde.

Das Thema habe ich schon in einem eigenen Post abgehandelt, dort gibt es noch mehr Informationen: Fahrrad und Bahn: Wie kompatibel ist das?

Eine (unvollständige) Packliste

Packlisten zu allen möglichen Unternehmungen findet man jede Menge im Internet. Ich weise deshalb nur auf die Sachen hin, die mir persönlich wichtig und/oder nützlich erscheinen auf Radreisen. Als da wären:

  • Veloflickzeug (Pneuheber, Ersatzschlauch, damit man wenigstens eine Platten flicken kann)
  • Regenbekeidung (Jacke, Hose, Regenüberschuhe)
  • Helm!
  • Leuchtwesten
  • Stirnlampe
  • Natürlich geht heute nichts mehr ohne Handy
  • Karte(n)
  • Kompressionssäcke für die Ersatzwäsche (spart viel Platz)
  • Ladegeräte

Fehlt noch was? Melden!

Nun auf zur Planung und viel Spass auf der ersten Radreise mit den Kindern!

Regenbekleidung ist äusserst nützlich!
Regenbekleidung ist äusserst nützlich!

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