Zuerst war da der Plan, von Solalex zum sagenumwobenen Lac de Derborence und zurück zu wandern. Dann kamen die Erkältungen der anderen, wir kürzten den Plan auf den Pas de Cheville. Mit dem Tempo, mit dem wir auf der Alp mit den Vögeln vorwärts kamen, mussten wir selbst um dieses Ziel bangen, aber es reichte. Zum Glück.

Auf der schönen Alp Azeinde
Auf der schönen Alp Azeinde

Es ist kalt

Wir starten in Solalex mit Handschuhen und Kappen, die Temperaturen sind um die null Grad. Kalt genug, um ordentlich kalte Ohren zu kriegen. Südlich davon steilt sich die Mirroir d’Argentine auf, eine bekannte Kletterwand. Bei dieser Kälte verspüre ich aber keine Lust zum Klettern, zumal die Platte nordwärts gerichtet und den ganzen Tag im Schatten ist. Wir wandern Richtung der Alp Anzeinde, der Weg steigt steil an. Im Wald beobachten wir die flinken Tannenmeisen und die schönen Gimpel mit ihren roten Bäuchen, jedenfalls die Männchen. Die Weibchen tragen zum dezent grauen Kleid einen schwarzen Hut. 

Die Sonne kommt hinter dem Berg hervor, es wird gleich wärmer. Vor uns klettert ein Hausrotschwanz auf den dürren Stängeln umher. Silvan ist im Jagdmodus, er stülpt sein tarnfarbenes Tuch über das Gesicht und schleicht sich an. Geübt „schiesst“ er aus der Deckung heraus auf den Vogel. Es gesellen sich noch mehr Rotschwänze dazu.

Und so sieht das Resultat von Silvans Pirsch aus:

Hausrotschwanz
Hausrotschwanz

Unbekannte Rufe

Kurz darauf lassen uns unbekannte Rufe aufhorchen. In einiger Distanz sehen wir zwei schwarze Vögel. Wir schauen mit den Ferngläsern: Es sind Alpenkrähen! Sie sind etwas grösser als die bekannten Alpendohlen und haben auch rote Beine, aber im Gegensatz zu den Dohlen mit ihren gelben Schnäbeln haben sie rote, leicht gebogene Schnäbel, welche filigraner sind als jene der Rabenkrähen. Insgesamt zählen wir vier dieser schönen Vögel. Sie sind sehr selten, Silvan hat ausgerechnet, dass wir heute 1/32 der Schweizer Population gesehen haben. Wie zum Vergleich gesellt sich eine Alpendohle dazu.

Wir verweilen lange an diesem Ort, während andere Wanderer an uns vorbeiziehen. Drei Frauen erzählen uns, dass sie eine Gämse gesehen hätten, weit weg, sonst kein Tier. „Es hat viele Vogelarten hier“, entgegnet die Frau. „Jaja, Vögel hat es auch, aber keine Steinböcke und nur eine Gämse!“ Offenbar gibt es nur Gämsen, Steinböcke und Vögel, letztere scheinen nicht interessant zu sein, weil es so viele hat.

Ein Turmfalke taucht kurz auf, wir entdecken Hänflinge, Distelfinken, Bergpieper, Misteldrosseln und sogar zwei Zitronenzeisige. Wir suchen einen Platz zum Rasten und beobachten weiter.

Nur noch zum Pass

Ziel wäre ja der Lac de Derborence, welchen wir aber vor dem Start schon abgeschrieben haben, aber nun wollen wir immerhin den Pas de Cheville erreichen, den Übergang in die Derborence. Wir gehen an Anzeinde vorbei, der Weg steigt kaum mehr an, eine weite Hochebene breitet sich aus. Am Wegrand steht ein Felsblock, die Frau und Silvan müssen da Hand anlegen, Junior mitsamt der Kamera. Ich hätte die ja zuerst abgelegt.

Wir erreichen den Pas de Cheville und schauen auf die andere Seite. Den See sehen wir nicht, er liegt zu tief  unten, aber die Walliser Viertausender wie Bishorn, Weisshorn, Zinalrothorn, Obergabelhorn und Matterhorn erblicken wir in der Ferne. Wir kehren wieder um, gehen auf dem gleichen Weg zurück. Diesmal sind wir schneller, bald schon sind wir in Solalex, wo inzwischen auch die Sonne eingekehrt ist. Wir beenden unsere Wanderung im Restaurant Miroir d’Argentine mit Kaffee und Crèmeschnitte. Quel plaisir!

Info

Da man auf dem gleichen Weg zurück geht, ist die Wanderung für alle geeignet, die aufwärts wandern können, man kann ja jederzeit umkehren. Statt nur nach Gämsen und Steinböcken Ausschau zu halten, sollte man sich auch die Vögel mal genauer anschauen, man wird überrascht sein von der Vielfalt, auch wenn man nicht alle kennt. Eine gute Hilfe ist da das Standardwerk für Vogelkundler, der Kosmos Vogelführer Ein Fernglas ist Pflicht!

Start: Solalex
Ziel: Solalex
Strecke: Solalex – Anzeinde – Pas de Cheville retour
Distanz: 10 Kilometer
Höhenmeter: 580 Meter
Wanderzeit: 3 Stunden
Schwierigkeit: T1
GPS-Track: Route zum Pas de Cheville und zurück
Höhepunkte: Vögel, Aussicht auf die Walliser Viertausender, das mächtige Diablerets-Massiv
Alternative:
  • Zum Lac de Derborence, wie wir es ursprünglich geplant haben
  • Umrundung Argentine-Massivs

Relive ‚Zum Pas de Cheville und zurück‘

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.