Der Vorstand des SAC Homberg begab sich auf Bildungsreise ins Wallis. Ziel der Exkursion waren die beiden Oberwalliser Städte Visp und Brig. Für einmal waren also nicht die hohen Berge oder die anderen grossartigen Naturlandschaften das Ziel, sondern Städte. Oder besser Städtchen.

Auf dem Sankt Martiniplatz
Auf dem Sankt Martiniplatz

Ein Rundgang durch Visp

Ehe man es sich versieht, ist man vom Berner Oberland mitten im Wallis angekommen, Lötschberg Basistunnel sei Dank. Obwohl schon fast zehn Jahre offen, bin ich das erste Mal dort durchgefahren. Nun ja, es ist halt ein Loch, wo der Zug auf der einen Seite hinein fährt und auf der  Seite wieder raus, kein mystisches Erlebnis. Visp kannte ich bis jetzt erst als Verkehrsknotenpunkt, ist der Ort doch Ausgangspunkt für die weltberühmten Feriendestinationen Saas-Fee und Zermatt. Nun wollten wir aber noch eine andere Seite kennen lernen. Herr Salzmann führt uns in diese andere Welt.

Visp wurde ursprünglich auf drei Hügeln erbaut, nicht ganz so viele wie Rom (es wurde wohl deshalb auch nicht so gross). Warum auf den Hügeln? Der Märjelensee im Goms wurde vom Aletschgletscher gespiesen. Immer wieder lief er über, eine verheerende Flutwelle wälzte sich dann das Rhonetal hinunter und überschwemmte dieses. Auf den Hügeln waren die Vispemer sicher, bis in die Neuzeit bauten sie nicht unterhalb der Hügel, entsprechend war die Einwohnerzahl immer mehr oder weniger konstant. Erst mit der Rhonekorrektion breitete sich das Dorf aus, dank der Wasserkraft siedelte sich Industrie an, zum Beispiel die Lonza, die im Bereich Chemie und Biotechnologie tätig ist. Sie profitierte von der Elektrizität des eignen Wasserkraftwerkes, bis die feinen Herren Blocher und Ebner den Energiebereich verkauften, um schnelles Geld zu machen. Heute darf der Staat Wallis den Strom subventionieren, damit der Standort erhalten bleibt.

Visp musste viel erdulden

Visp war auch das Tor zu den Pässen. Hier mussten sich die Säumer entscheiden, ob sie über den Simplon oder den Monte Moro-Pass wollen. Auch wegen der strategischen Lage wurde Visp immer wieder in kriegerische Händel reingezogen. Als ob das nicht reichte, gab es immer wieder Feuersbrünste, 1518 brannte beinahe ganz Visp ab. Deshalb gibt es auch fast keine Häuser mehr, die vor 1518 gebaut wurden. Das älteste dieser wenigen ist rund 1000 Jahre alt. Der senkrecht aufgestellte Stein auf dem Dach soll vor bösen Geistern schützen. Als würde Feuer nicht genügen, gab es auch immer wieder Erdbeben, zum Teil so heftige, dass in den Gebäuden Risse entstanden und die Spitze des Kirchturms einstürzte.

Gleich gegenüber dem kirchlichen Machtsymbol steht das weltliche, das Rathaus, ein Bau aus den Nachkriegsjahren. Den Abschluss der dritten Seite des Platzes bildet das Gericht, das mit seinen Arkaden dem Stockalperpalast in Brig nachempfunden ist. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist der erste Kreisel der Welt, wie manche behaupten, markiert durch einen Stein in der Mitte der Kreuzung. Eher der Tatsache entsprechen dürfte die Interpretation als Denkmal an eine Schlacht in grauer Vorzeit. Die Polizei scheint jedenfalls nicht zu wissen, dass es sich hier um einen Kreisel handelt, fuhr sie doch just in dem Moment auf der falschen Seite durch, als wir vor Ort waren.

Die Sonne in der Flasche

Nach der interessanten Führung konnten wir nun in die Wärme. Die Weinfässer gleich nach dem Eingang liessen Gutes erahnen, im nächsten Raum war denn auch eine Tafel und Regale voller Wein. Wir waren im Weinkeller von Chanton Weine zu Gast, einem Produzenten von Weinen aus alten Rebsorten. Der erste Wein ist ein „Gwäss“, einem sauren Wein. Er wird aus riesigen Trauben gewonnen, wie wir auf dem Stadtrundgang erfahren hatten:

Lebensfreude an der Wand
Lebensfreude an der Wand

Unter „saurem Wein“ muss man sich jetzt nicht Essig vorstellen, sondern ein Wein mit erhöhtem Säuregehalt. Früher war der Gwäss ein Alltagswein, Arbeiter tranken bis zu drei Liter pro Tag. Allerdings hatte er dazumal nur rund 7 % Alkoholgehalt, heute um die 13 %. Trotzdem, ich könnte nicht mehr arbeiten… Der nächste Wein hiess „Lafnetscha“. „Lafe“ ist Walliserdeutsch und heisst soviel wie trinken, saufen. „Netscha“ bedeutet „nicht schon“, also „trink ihn nicht schon“, da der Wein zuerst reifen muss. Der Petite-Arvine war, na ja, nicht so mein Geschmack, da mundete mir der nächste schon mehr, der berühmte Heida. Die Heida-Rebe ist auch unter den Namen Savagnin blanc/jaune oder Traminer bekannt. Der Heida wird in Europas höchstem Weinbaugebiet in Visperterminen auf 800 Meter und in Varen kultiviert. Nach vier weissen Weinen gab es noch zwei rote, einen Humagne rouge und einen Cornalin, dazu Walliser Roggenbrot und Wurst.

Auf dem Weg zum Bahnhof gerieten wir in einen Laternenumzug, voran die Musik, hinterher die Kinder mit ihren selber gebastelten Laternen.

Laternenumzug
Laternenumzug

UNESCO-Welterbe Swiss Alps Jungfrau-Aletsch

Am nächsten Morgen hatten wir Zeit, uns in Brig etwas umzuschauen. Wir schlenderten durch die Altstadt, vorbei am Denkmal des Geo Chavez, der 1910 als Erster den Alpenhauptkamm von Brig nach Domodossola überflog, allerdings bei der Landung schwer verletzt wurde und ein paar Tage später starb. Am Ende der Altstadt steht der berühmte Stockalperpalast, den Kaspar Stockalper von 1658 bis 1678 erbauen liess. Er war ein Frühkapitalist und handelte mit allem, mit Söldnern und Salz, Erzen und Schnecken, und wurde so steinreich. Böse Zungen behaupten, dass der Neid der älteste Walliser sei (so ähnlich steht es auf der Website des Stockalperschlosses), die Walliser vertrieben Stockalper aus fadenscheinigen Gründen nach Domodossola ins Exil. Sein Vermächtnis ist aber auch heute noch beeindruckend.

Nach dem Rundgang begaben wir uns auf die andere Seite des Rotten, wie Rhone im Oberwallis heisst, nach Naters, wo das World Nature Forum steht. Es ist ein Besucher-, Studien- und Kongresszentrum des UNESCO-Welterbe Swiss Alps Jungfrau-Aletsch, das erst kürzlich seine Tore geöffnet hat. Das Museum mit dem modernen Ausstellungskonzept bietet Jung und Alt Lehrreiches, Spass und Unterhaltung. Man lernt die Kultur- und Naturlandschaft rund um den Aletschgletscher, den grössten Gletscher der Alpen, kennen und verspürt immer mehr Lust, diese Landschaften selber auszukundschaften (was wohl auch das Ziel der Ausstellung ist).

Infos

Stadtrundgang in Visp: visitvisp.ch

Hotel Ambassador, Brig: www.ambassador-brig.ch

Besucherzentrum World Nature Forum, Naters: www.jungfraualetsch.ch

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