Das Suhrental zwischen Schöftland und Oberentfelden wird durch intensive Landwirtschaft geprägt, zerschnitten von der Umfahrungsstrasse. Gut, gibt es da eine Ökoinsel in dieser grünen Wüste, die „Graströchni“.

Das Fernrohr ist auf eine Rarität gerichtet
Das Fernrohr ist auf eine Rarität gerichtet

Das Reservat liegt bei der Kreuzung nahe der Autobahnauffahrt Aarau-West, ganz im Norden von Holziken und ist das bedeutendste und mit gut drei Hektaren das grösste Schutzgebiet des Birdlife Aargau. Es entstand auf dem Boden einer ehemaligen Kiesgrube, die mit Bauschutt und lehmigem Aushub aufgefüllt wurde. Verschiedene Lebensräume bilden auf relativ kleinem Raum ein buntes Mosaik. Von Feuchtgebieten bis Trockenstandorten ist alles zu finden. Es ist auch ein wichtiger Rastplatz für die Zugvögel im Frühling und im Herbst. Umfasst ist das ganze Gebiet von einer hohen und dichten Hecke, nur gegen Westen ist das Gebiet offen und wird dort durch einen zehn Meter breiten extensiv genutzten Wiesenstreifen begrenzt.

Silvan und ich machen uns also auf zu diesem Gebiet. Den Eingang zu finden ist gar nicht so einfach, besser gesagt, man muss halt um das halbe Areal gehen. Wir haben auf ornitho.ch gelesen, was tags zuvor für Vögel gesichtet wurden, das spornte uns an. Ob wir auch einige davon sehen werden? Auf der anderen Seite von unserem Startpunkt aus erreichen wir den Beobachtungsspot. Wir schauen eine Weile, nehmen Feldstecher und Fernrohr hervor, aber wir sehen nichts, keinen Vogel im Gebiet, ausser den zahlreichen Rauchschwalben, die zwitschernd auf Insektenfang sind. Aber kein Vogel im Gebüsch, keiner am Boden, nichts.

Wir gehen ein Stück westwärts, am Wall blühen noch zahlreiche Blumen, die Sträucher tragen Früchte im Überfluss. Schwarzdorn, Weissdorn und Rosen brechen fast zusammen unter der Last.

Doch noch eine Rarität

Von einem anderen Standort suchen wir das Gelände ab, ich mit dem Feldstecher, Silvan mit dem Fernrohr. „Da, ein Neuntöter!“, ruft er plötzlich. Tatsächlich, da sitzt ein Jungvogel auf einem Pfosten. Und in der Hecke noch ein zweiter. Neuntöter spiessen ihre Beute, hauptsächlich Insekten, auf Dornen auf. Der Volksglaube meinte, dass er zuerst neun Beutetiere aufspiesse, bevor er sie fresse, daher der Name. Er ist noch der häufigste aller Würgerarten, aber auch an vielen Orten verschwunden wegen der intensiven Landwirtschaft, die weitestgehend auf ausgeräumten Landschaften basiert.

Wir schauen noch eine ganze Weile, aber es will sich einfach kein anderer Vogel zeigen, so dass wir uns bald mal auf den Rückweg machen. Ausserhalb des Reservates sehen wir Kleinstrukturen auf der Wiese und Grasstreifen, die stehen gelassen wurden für die Insekten. Leider sind diese Massnahmen nur gerade auf das unmittelbar angrenzende Gebiet beschränkt. Nötig wäre ein radikales Umdenken, sowohl bei den Bauern als auch bei den Konsumenten, also bei uns.

Wir machen uns auf den Heimweg, diesmal mit einer kurzen Beobachtungsliste. Tja, das ist die Natur und kein Zoo: Mal hat man Glück, mal nicht. Und gerade das finde ich das Spannende, man weiss nie, was einen erwartet.

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