Jetzt, wo man wieder mit anderen raus darf, konnte ich meine ursprünglich für Mai geplante SAC-Tour über den wilden Gnipen und den zahmen Wildspitz durchführen. Regelmässigen Blog-Leser*innen dürfte auffallen, dass diese Tour bereits letztes Jahr hier auftauchte. Ja, fast.

Fast auf dem Gnipen, eröffent sich uns eine fantastische Aussicht

Orchideen am Wegrand

Wir treffen uns um acht Uhr in Goldau. Das Dorf ist noch fast unbelebt, wir nehmen den Frauenschuh-Weg. Gewiss, die dürften jetzt, Ende Juni, verblüht sein, wir hoffen aber auf andere Orchideen. Wir steigen den Wald hoch, es ist schwül (oder tüppig, wie wir Schweizer sagen). Bald schon säumen die schönen Blumen den Wegrand, Silvan kann mehrere Arten bestimmen. Auch die Frauenschuhe finden wir, sie sind aber erwartungsgemäss verblüht. Wir kommen schnell voran, schneller als vor zwei Jahren, als wir uns hauptsächlich auf die Blumen konzentrierten.

Im Bergsturzgebiet

Steil geht es aufwärts, der Weg ist nach den vorangegangenen Regenfällen dreckig und schmierig. Nach zwei Stunden wandern ändert sich die Szenerie, der bisherige Laubwald weicht einem lichten Föhrenwald. Endlich sehen wir auch mal etwas von der weiteren Umgebung, und das lässt sich wahrlich sehen. Aber das ist ja nichts neues in der Schweiz. Wir sind nun mitten im Bergsturzgebiet, man sieht die Narben immer noch und wird sie immer sehen. Wir sind beeindruckt, was müssen da für Massen abgegangen sein! Der Weg ist ebenso wild wie die Umgebung. Zwischendurch wähnen wir uns auf einem Vulkan, so festgebacken ist der Sand, auf dem wir uns bewegen.  Und dann finden wir doch noch einen: Ein Frauenschuh, der blüht. Müsste dann nicht noch irgendwo ein Aschenputtel sein?

Der erste Gipfel

Was für ein Kontrast, als wir beim Kreuz eintreffen, das bereits von Goldau aus zu sehen ist! Eine liebliche Wiese, voller Blumen, empfängt uns oben. Silvan ist hin und weg: „Boaaah, diese Blumen!“ Und schon kriecht er am Boden herum, fotografiert Blume um Blume. Er hat gar kein Auge für die Aussicht. Diese geniessen wir dafür. Fantastisch, was man alles sieht von hier oben, trotz den Wolken in den Bergen. Der ganze Jurabogen zeichnet sich im Westen am Horizont ab, die Mittellandseen können wir schwach erkennen. Und dann der Blick von oben ins Bergsturzgebiet, ein Frösteln läuft einem über den Rücken, wenn man daran denkt, was damals passierte.

Vor dem zweiten ins Restaurant

Der Weg ist nun angenehm zu gehen, die Aussicht phänomenal auf die Mythen-Seite. Bevor wir zum zweiten Gipfel, dem Wildspitz, aufsteigen, legen wir die Mittagspause ein. Nach der Stärkung fehlt nur noch der Kaffee. Kein Problem, das Bergrestaurant „Wildspitz“ ist in Sichtweite, zehn Minuten später finden wir sofort einen Platz auf der Terrasse und lassen uns das Gebräu schmecken. Danach stürmen wir aber den Gipfel. Das ist nicht schwierig, denn der ist gleich hinter dem Restaurant und bietet wiederum eine überwältigende Aussicht. Wir haben mal die Seen aufgezählt, die man von dort sieht: Lauerzersee, Zugersee, Sempachersee, Baldeggersee, Zürichsee und Ägerisee. Nur den grössten der Region sieht man nicht, den Vierwaldstätersee, er wird von der Rigi verdeckt. Ich erinnere meine Gspänli daran, dass wir hier auf dem höchsten Zuger Berg stehen, 1580 Meter hoch.

Runter nach Sattel

Lieblich ist der weitere Weg über Wiesen bis zur Langmatt, dann geht es aber deutlich abwärts und mir in die Knie, insbesondere ins rechte. Das Wolkenspiel am Himmel sorgt immer wieder für komplett andere Stimmungen, mal Sonne, mal Schatten. Die Alphütte Halsegg lassen wir aus, steigen weiter ab. Auf einer Wiese tummeln sich mehr als ein Dutzend Kolkraben. Ich bin froh, als wir in Sattel ankommen, mein Knie macht sich jetzt doch äusserst unangenehm bemerkbar. Nun heisst es warten auf den nächsten Zug nach Goldau, das dauert aber über eine halbe Stunde, bis der nächste Voralpenexpress hält. Leider ist es auch in Sattel so wie in vielen anderen ländlichen Gemeinden: Es gibt kein offenes Restaurant, jedenfalls nicht in der Nähe. Das trübt aber unsere Stimmung nicht, wir sind glücklich und zufrieden nach dieser ersten SAC-Wanderung nach dem Corona-Lockdown.

Info

Die Wanderung von Goldau hoch direkt auf den Gnipen ist anstrengend, aber lohnend. Die Aussicht auf dem Grat oben ist fantastisch.

Start: Goldau
Ziel: Sattel
Strecke: Goldau – Gnipen – Wildspitz – Langmatt – Alphütte Halsegg – Sattel
Distanz: 14,4 Kilometer
Höhenmeter: 1165 Meter
Dauer: 4,5 Stunden
Schwierigkeit: Meist T1, im Bergsturzgebiet T2
GPS-Track: Goldau – Gnipen – Wildspitz – Sattel
Höhepunkte: Orchideen, Bergsturzgebiet, Aussicht
Alternative: Von Sattel her ist die Wanderung kürzer und weist weniger Höhenmeter auf. Mit dem Auto könnte man an verschiedenen Orten hoch fahren.

Relive ‚Über den Gnipen und den Wildspitz‘

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