Diesen Winter hatte es zwar wieder mal Schnee im Unterland, trotzdem war unsere Sehnsucht nach viel Schnee in den Bergen gross. Uns widert aber der Rummel auf den Skipisten an (obwohl er dieses Jahr nicht so gross ist), deshalb suchten wir etwas Ruhiges für Skitouren. Das Safiental im Naturpark Beverin bot sich da geradezu an. So erlebten wir vielseitiges Wetter im Safiental und vier entspannende Tage.

Auf Skitour im Safiental

Im Saharastaub

Über vier Stunden reisen wir mit Zug und Postauto an, bis wir nach elf Uhr zuhinterst im Safiental aussteigen. In den Medien wurde eine Invasion von Saharastaub angekündigt, die hier nun auch voll ankommt. Der Himmel ist diesig und gelblich, die Sonne nur diffus erkennbar. Wir machen uns auf zu unserer Unterkunft, die noch über einen Kilometer weiter im Tal hinten liegt. Im Fichtenwald, den wir durchqueren, stossen wir auf ganze Büschel von grauen Haaren. Wir rasten da und rätseln, was das gewesen sein könnte. Kurz vor dem angestrebten Haus ruft jemand von hinten: „Hoi, i bi dr Marcel!“. Das scheinen sehr unkomplizierte Gastgeber zu sein. Er und seine Frau Regula begrüssen uns herzlich.

Gelblicher Himmel, diesige Sonne: Der Saharastaub ist da

Nachdem wir unsere Sachen in den Zimmern deponiert haben, steigen die Frau, Fabian und ich hoch mit dem Ziel Falätscher Hütta. Der Schnee ist so, na ja, nicht lockig-flockig, zudem mit dem berühmten Staub bedeckt. Nun zahlt es sich auch aus, dass wir bei den Kindern früh die Freude für Skitouren geweckt haben. Fabian spurt voraus wie eine Maschine. Bei den Hütten rasten wir nur kurz, es stürmt ziemlich.

Die Abfahrt ist besser als erwartet, erfordert aber etwas Kraft. Vor dem Eindunkeln gehen wir nochmals vor die Türe, unternehmen einen kurzen Spaziergang. Diesmal ist Silvan statt Fabian dabei. Und es lohnt sich: Über unsere Köpfe hinweg fliegt ein Birkhahn!

Im Schneetreiben

Für den Sonntag ist am Morgen noch besseres Wetter angesagt, gegen Nachmittag soll es schneien. Als wir am Morgen aus dem Fenster schauen, schneeregnet es noch, kurz darauf fallen aber schon grosse Flocken vom Himmel. Und das wird so bleiben, den ganzen Tag. Wir haben keine Lust auf Skitour, zu schlecht ist die Sicht in diesem unbekannten Gelände. Da bietet uns der Gastgeber seine Schneeschuhe an, vier Paar. Top!

Wir schnallen sie an und stapfen los, steuern den Winterwanderweg an, der nach z’Hinderst führt. Ja, so heisst die Alp zuhinterst im Safiental. Tief verschneit präsentiert sich das Tal. Da hebt sich etwas Grosses, Schwarzes auf einer Birke von der Umgebung ab. Ich schaue durch das Fernglas: Ein Birkhahn! Die anderen sind schon weiter, ich winke und gestikuliere. Wenn ich das mache, weiss Silvan dann, dass ich etwas Spannendes entdeckt habe. Sofort kommt er zu mir. Die anderen schauen mit strahlenden Augen durch den Feldstecher, dann fliegt der Birkhahn davon an den Gegenhang.

Bis Z’Hinderst

Drei Typen auf Tourenskis überholen uns, den Rucksack gefüllt mit Seilen. Sie wollen Eisklettern gehen zuhinterst im Tal. Vis-à-vis am Hang entdecken wir wieder einen Birkhahn. Und es schneit und schneit, die Sicht ist mässig bis schlecht. Bald sind wir z’Hinderst, die Sicht ist noch schlechter geworden. Von den Bergen im Talschluss hören wir ein ständiges Rumpeln und Poltern, Lawinen donnern nieder, sehen können wir aber nichts. Da, wo die drei anderen hingegangen sind. Verantwortlich sind wir ja nicht für sie, Sorgen machen wir uns trotzdem. Dann tauchen sie aus dem Nebel auf, sie haben ihr Unternehmen aufgegeben, wir sind beruhigt und kehren auf demselben Weg um wie wir hergekommen sind. Von unseren Spuren sieht man nichts mehr, alles ist zugeschneit. Es ist wunderbar, so durchs Schneegestöber zu wandern. Glücklich und zufrieden kommen wir bei unserer Unterkunft an.

Spazieren im Schneegestöber

Pulver gut

Der folgende Tag ist das pure Gegenteil: Blauer Himmel, der Pulverschnee lockt, obwohl es noch dunkel ist, als wir aus dem Fenster schauen. Wir gehen in den Frühstücksraum, dort prangt eine Girlande: „Happy Birthday“ ruft sie uns entgegen, denn Silvan hat heute Geburtstag. Was für aufmerksame Gastgeber!

Wir starten vor der Haustüre, ich spure durch knietiefen Pulverschnee. Ein grosses Versprechen für die Abfahrt! Aber es ist anstrengend. Ich suche die flachsten Stellen für die Spur, der erste Tag nach Schneefällen ist bekanntlich immer der gefährlichste, da passieren die meisten Lawinenunfälle, das möchten wir selbstverständlich vermeiden. Nach ungefähr 150 Höhenmeter trete ich zur Seite und lasse Fabian spuren. Dieser geht wie eine Maschine voran, legt eine gute Spur. Bei den Alphütten, die wir am ersten Tag erreichten, machen wir wieder eine Pause, danach führt uns die Frau weiter hoch.

Rollende Planung

Wir erreichen eine erste Ebene, schauen auf die Karte, schauen das Gelände an. Die Lawinengefahr ist auf der Stufe „erheblich“. Wir suchen uns den Weg durch Gelände, das nicht über 30 Grad steil ist. Das Strätscherhora wäre ein Ziel, das weitgehend durch Gelände unter der kritischen Steilheit führt, aber eben nicht nur. Da wir die Route nicht kennen, legen wir ein unspektakuläres Ziel fest, einen Strommasten. Bis dort hin ist das Gelände relativ flach und unbedenklich.

Nach einer Pause machen wir uns bereit für die Abfahrt, legen die Korridore fest, wo wir fahren dürfen. Der Pulverschnee stiebt nur so! Wir schweben die Hänge runter, zeichnen unsere Spuren in den Schnee, kreieren vergängliche Kunstwerke. Und das in der grossartigen Landschaft des Naturparkes Beverin. Bei den Fallätscher Hütten lockt eine Wechte Fabian, er springt in den jungfräulichen Pulverschnee. Weiter unten ist der Schnee schon etwas schwerer, leicht deckelig, aber es geht noch zum Fahren. „Das war die schönste Abfahrt, die ich gemacht habe“, meint das Geburtstagskind. Das passt doch als Geschenk.

Zum Abendessen hat er sich Raclette gewünscht, die Gastgeber haben ihm diesen Wunsch prompt erfüllt. Und da Fabian Käse nicht mag, haben sie für ihn extra eine Rösti gekocht. Zum Dessert gibt es eine selbergemachte Heidelbeerroulade, serviert mit einem Geburtstagsständchen. Ein unvergesslicher 16. Geburtstag!

The last run

Wieder kündigt sich ein herrlicher Tag an, der aber getrübt wird durch das Ende der vier Tage im Safiental. Noch einmal steigen wir hoch etwas über die Fallätscher Hütten hinaus. Die Abfahrt ist längst nicht mehr so traumhaft wie tags zuvor, aber wir finden doch noch die eine oder andere Stelle mit gutem Schnee.

In der Unterkunft packen wir unsere restlichen Sachen ein, verabschieden uns von den Gastgebern und stöckeln zur Bushaltestelle beim Turrahus. Um halb zwölf enden die vier schönen Tage unweigerlich, das Postauto transportiert uns in die Rheinschlucht, wo es mit dem Zug weiter geht. Aber eins ist gewiss: Wir kommen wieder!

Info

Das Safiental liegt im Naturpark Beverin und ist vom Massentourismus verschont geblieben. Der einzige Skilift im Tal steht in Tenna, der bekannte Solarskilift. Das Gelände ist ideal für Skitouren, meistens unter 30 Grad Hangneigung. Obwohl wir keinen Gipfel erklommen haben, war es ein fantastisches Erlebnis.

Unterkunft

Wir waren ausgezeichnet aufgehoben im Gästehaus Wanna, das von Marcel und Regula Coulin geführt wird. Das Haus ist einfach, aber sehr zweckmässig mit einer Garage für die Skis und die Skischuhe. Gekocht wird wenn immer möglich mit Heimischem aus dem Safiental.

Update: Das Gästehaus Wanna scheint es nicht mehr zu geben, auf dem Internet sind keine aktuellen Angaben auffindbar.

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