Jeweils am ersten Oktoberwochenende findet der EuroBirdwatch statt. Spezialisten zählen an zahlreichen neuralgischen Punkten die Zugvögel. Dabei ist jedermann herzlich eingeladen, die Standorte zu besuchen und die Ornithologen mit Fragen zu löchern. Wir verfolgten den Vogelzug am Hahnenmoospass.

Winterliche Verhältnisse auf dem Hahnenmoospass

Eine kleine Vorgeschichte

Jeden Herbst sehe ich die Postings zum EuroBirdwatch und denke jedes Mal „wäre cool, dabei zu sein“. Aber wir sind immer in den Herbstferien. So auch dieses Mal, an der Lenk. Wieder sehe ich die Ausschreibung, darunter ist auch der Standort Adelboden. „Hey, das wäre gar nicht so weit“, denke ich. Aber eben nur in Luftlinie. Wir müssten nach Spiez, von dort nach Frutigen und dann erst wären wir in Adelboden. Schade. Dann aber lese ich an diesem verregneten Samstag einen Tweet von Michael Schaad, Pressesprecher der Schweizerischen Vogelwarte in Sempach:

Hahnenmoospass? Das ist zwar in Adelboden, aber von der Lenk aus gut erreichbar! Sofort konsultiere ich den Fahrplan des Ortsbusses und stelle fest, dass einer bis zum Bühlberg fährt. Von dort ist es zu Fuss nur noch eine kurze einstündige Wanderung. Das sollte auch noch mit meiner Erkältung machbar sein. Der Entschluss steht fest: Morgen Sonntag gehen wir da hoch!

Im Schnee zum Pass

Die Frau hat Bewegungsdrang und startet direkt vor Haustüre, zwei Stunden vor uns. Wir, das sind Silvan und ich, machen uns dann auf zur Busstation, leider ohne Fabian, der seit Dienstag krank ist. Wir lassen uns also hochchauffieren, vorbei ein Haltestationen mit so lustigen Namen wie „Grün“, „Seiten“, „Höhe“ oder „Buggeli“. Beim Bergrestaurant erwartet uns die Frau, wir starten bei recht schönem Wetter unsere Wanderung. Begeistert erzählt sie, wie schön das war am Morgen früh alleine da hoch zu wandern. Vor allem die Begegnung mit einer Herde Gämse erfreute sie ungemein. Derweil halten wir bereits Ausschau nach Vögeln. Es fliegen immer wieder welche vorbei, aber es ist schwierig, sie aus der Distanz und bei Gegenlicht zu identifizieren. Nach ungefähr einer Stunde sind wir auf dem Hahnenmoospass.

Es hat weit heruntergeschneit

Vogelzug am Hahnenmoospass

Aber wo sind denn nun die Experten? Wir gehen ums Berghaus herum. Ah, da sind Leute mit Fernrohren, das müssen sie sein. Sofort empfängt uns Michael Schaad, da ich unser Kommen angekündigt habe. „Ist das jemand von der Presse?“, fragt einer der Ornithologen. „Nein, ein Twitterer“, entgegnet Michael Schaad. Ich bin enttarnt. „Dort, eine Rohrweihe!“ Ich schaue mit dem Feldstecher und entdecke den Greifvogel. Aber ich wäre wohl kaum selber drauf gekommen, dass das eine Rohrweihe ist.

Bereits am Morgen entdeckten die Fachleute interessante Vögel, darunter balzende Birkhühner. Ja, die balzen anscheinend auch im Herbst, quasi als Training für den Frühling. Dafür haben wir jetzt Sonne, was die Beobachtung aber auch nicht einfacher macht. Die Vögel heben sich fast nur als Silhouette gegen den gleissenden Himmel ab. Immer wieder fliegen ganze Trupps an uns vorbei. Distelfinken? Erlenzeisige? Buchfinken? Ich kenne diese Vögel, kann sie identifizieren, wenn sie auf einem Baum herumturnen, aber hier? Keine Chance. Das liegt sicher daran, dass die Fachleute hochwertige Feldstecher haben, im Gegensatz zu mir…

Faszination Vogelzug

„Buchfinken!“ „Wiesenpieper!“ „Distelfinken!“ Die Beobachtungen werden gleich weitergemeldet und notiert. Die Resultate des ganzen Wochenendes kann man auf der Seite von Birdlife.ch nachschauen. Derzufolge sind die drei häufigsten Arten hier am Hahnenmoospass Buchfink, Erlenzeisig und Bergpieper. Wie aber finden die Vögel den Weg in den Süden? Vor allem jene, die noch nie gezogen sind? „Ein Teil zieht mit den alten, erfahrenen Vögel und lernt die Route so kennen. Alle haben aber ein genetisches Programm, das sie nach Süden fliegen lässt. Sie folgen dem Weg des geringsten (Gelände-)Widerstandes. Die älteren Vögel profitieren auch von der Erfahrung“, erklärt uns Michael Schaad.

Auch Schmetterlinge ziehen

Es ist anfangs Oktober, hier oben auf dem Hahnenmoospass liegt Schnee, es ist kalt und es windet stark. Trotzdem fliegen nebst den Vögeln auch immer wieder Schmetterlinge vorbei, Admirale. Die hat es nicht zufälligerweise hierhin verfrachtet, sondern sie gaukeln ganz bewusst hier vorbei, denn auch sie ziehen in den Süden. Die Natur fasziniert immer wieder!

Langsam wird es auch uns zu kalt, wir wärmen uns auf im Bergrestaurant und verabschieden uns danach von den Leuten der Berner Ala, die diesen Anlass hier oben organisiert hat. Wir streben wieder dem Bühlberg zu, bepackt mit viel neuem Wissen. Ob wir den Ferienort nächstes Jahr so wählen, dass wir wieder an einem solchen Anlass teilnehmen können? Wir können es euch jedenfalls empfehlen! Also, bis nächstes Jahr am ersten Oktoberwochenende.

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