Das Toggenburg liegt in der Ostschweiz, eingeklemmt zwischen dem Alpstein und den Churfirsten und ist Quellgebiet der Thur, die in Flaach in den Rhein mündet. Es ist ein urchiges Tal mit urchigen Leuten, die ihre Traditionen noch pflegen. Dazu gehört auch und vor allem die Musik. Es ist ein Wander- aber kein MTB-Paradies. Trotzdem lohnt sich ein Besuch.

Das obere Toggenburg
Das obere Toggenburg

Die Gegend war auf unserer Karte noch ein weisser Fleck. Es war also höchste Zeit, diese Lücke zu schliessen. Wir mieteten nahe dem Zentrum von Wildhaus, dem obersten Ort im Tal, eine Ferienwohnung, die zwei Wochen lang unsere Basis war. Wie üblich reisten wir mit mehr Ideen an, als wir effektiv Zeit hatten.

Wildhaus

Wildhaus ist der oberste Ort im Toggenburg und besteht aus mehreren Dorfteilen, die aber allesamt sehr überschaubar sind. Es hat alles, was man braucht: Einen Dorfladen, eine Bäckerei, ein Sportgeschäft und Restaurants. Uns jedenfalls reichte das. Das Dorf liegt zwar zwischen zwei Bergketten, man fühlt sich deswegen aber nicht eingeschlossen oder erdrückt, man kriegt Sonne satt. Das Ortsbild ist eine Mischung aus traditionellen Häusern und bauten aus der Hochkonjunktur, was zeigt, dass der Ferienort seine besten Zeiten hinter sich hat.

Gebäude in Wildhaus

Traditionen

Es gibt viele Traditionen im Toggenburg, wir haben einer beigewohnt, der Viehschau. Stolze Bauern in ihren farbenprächtigen Trachten trieben ihr Vieh auf den zentralen Viehmarktplatz.

Mit dem Vieh heimwärts:

Wanderungen

Beim Recherchieren zu Hause stellte ich schnell fest, dass das Toggenburg ein Wanderparadies ist. Uns interessierten aber nicht (nur) die leicht per Bahn erreichbaren Wanderungen, sondern auch jene, die etwas mehr Engagement verlangen. Zum Start begnügten wir uns allerdings mit einer Einlauftour zur Gamsalp, wo an jenem Tag eine Chilbi stattfand. Und wir stellten fest, dass auch hier gilt, was andernorts auch so ist: Sobald man die ausgetretenen Pfade verlässt, ist man alleine unterwegs.

Natürlich verschliessen wir uns nicht prinzipiell den beworbenen Wegen. Wir bewanderten den kinderfreundlichen Klangweg, aber nicht, ohne vorher noch die Thurwasserfälle zu besuchen. Die erste grosse Bergtour führte uns am malerischen Schwendisee vorbei zum Lütispitz. Wieder eher touristisch, aber lehrreich, war die Wanderung auf dem geologischen Rundweg um den Gamserrugg. (Fast) alleine waren wir dann wieder unterwegs auf den Gulme, dem südöstlichen Eckpunkt des Alpsteinmassivs. Die letzte Wanderung war zugleich der geografische Höhepunkt, übertraf der Schibenstoll doch als einziger die Zweitausendermarke. Es war nicht die Tour mit den meisten Höhenmetern, aber mit dem anspruchvollsten Wanderweg.

Biketouren

Als Bikerparadies kann man das obere Toggenburg beim besten Willen nicht bezeichnen. Die ausgeschilderten Biketouren sind wohl konditionell, nicht aber technisch anspruchsvoll, man könnte sie auch mit einem robusten Tourenrad fahren. Der grösste Teil der Routen verläuft auf Asphalt, die auf SchweizMobil markierten Singletrails entpuppen sich als ein paar Meter Grasweg. Sucht und findet man mal einen Weg auf der Karte, steht man in der Realität bestimmt vor einem Fahrverbot, das ausdrücklich auch für Biker gilt. Wer gerne Aussicht geniesst (von der man aber auf den Wanderungen mehr  hat) und einen Konditionstest absolvieren möchte, ist mit der Ölberg-Bike gut bedient. Technische Herausforderungen muss man aber nicht suchen, die gibt es nicht. Die kleine Gamplüt-Runde ist ebenso wenig anspruchsvoll, kann aber genutzt werden als Warm-up, wenn man nachher noch mit der Familie einen Ausflug macht. Noch am ehesten etwas mit einer Biketour hat die Bikerunde zur Sellamatt zu tun. Zwar verläuft fast der ganze Aufstieg auf Asphalt, aber immerhin die Abfahrt bewegt sich auf gewohntem Terrain, sogar mit einem längeren Singletrail.

Fazit: Zum Biken muss man nicht ins obere Toggenburg, dafür gibt es weitaus bessere Destinationen. Wenn man nur etwas Abwechslung zum Wandern will, geht es.

Der Pumptrack in Wildhaus

Ein Grund, warum wir Wildhaus gewählt haben, war der Pumptrack. Die Jungs hatten denn auch viel Spass darauf und beherrschten das Spiel der Fortbewegung ohne zu treten. Da hatten wir Eltern schon wesentlich mehr Mühe. Als Teilentschuldigung dürfen wir anführen, dass mit Fullys viel der kinetischen Energie, die durch die Wipp-Bewegung aufgebaut werden soll, wegen der Hinterbaufederung wieder verloren geht. Ein Versuch mit Fabians Bike hat mich darin bestätigt. Jaja, ich weiss, eine Ausrede. Der Pumptrack ist sehr gut gelungen, jetzt müsste es nur noch Bikerouten für dieses Publikum geben.

Fabian hat dazu ein Pumptrack-Video zugeschnitten und auf seinem Kanal veröffentlicht:

Was man sonst noch machen kann

Natürlich kann man nicht nur wandern und biken. Wir waren der Natur auf der Spur, wandelten in den Baumwipfeln von Mogelsberg und besuchten, trotz dem schönen Wetter, die Klangschmiede.

An einem „Ruhetag“ suchten wir das Moor rund um Salomonstempel auf. Auf einer kurzen Rundwanderung durchstreiften wir Riete, Wiesen und Wälder. Erstaunlich waren die noch zahlreichen Blumen anfangs Oktober, es blühten Frühlings-, Sommer- und Herbstblumen gleichzeitig. Das Moor bei Salomonstempel wurde wieder hergestellt, nachdem es für den Torfabbau genutzt wurde. Der Oktober ist nicht die ideale Zeit für einen Besuch, schön und aussichtsreich war es aber allemal.

 

Wenn es mal regnet

Wenn es mal regnet und sie geöffnet hat, sollte man die Klangschmiede in Alt St. Johann besuchen. Wir taten dies am letzten Tag, trotz schönem Wetter. Die Klangschmiede zeigt den musikalischen Aspekt des Alplebens auf, was vor allem Glocken und Schellen umfasst. Man kann auch selber mit der Akustik experimentieren. Wer auf dem Klangweg das Wasser nicht zum Hüpfen gebracht hat, kann es hier nochmals versuchen. Tipp: Auf einem Monitor kann man die Tonfrequenzen ablesen, bei 100 Hertz hüpft das Wasser am meisten. Im Parterre gibt es eine Schmiede, sie ist aber nur bei Gruppenführungen in Betrieb. Für Kinder gibt es viel zu erleben in dem kleinen Museum.

Fazit

Wie an so vielen Orten in der Schweiz ist es auch hier wunderschön, wenn man authentische Landschaften und die Natur liebt. Das Toggenburg ist nicht vom Massentourismus verschandelt wie so viele andere Alpendestinationen. Man findet hier noch Ruhe, entspannt sind sowohl die Einheimischen wie die Gäste. Wir haben jetzt mal an der Oberfläche gekratzt, zu entdecken gibt es noch so viel. Vielleicht gibt es ja beim nächsten Besuch auch tolle Biketouren. Zudem führt hier die Panoramabike durch, wer weiss, eventuell durchqueren wir nächstes Jahr bereits wieder das Tal. Wir sind gespannt.

Dieser Artikel entstand aus eigenem Antrieb und ohne Auftraggeber, die Meinungen sind ausschliesslich unsere. Wir haben keinerlei finanzielle oder anderweitige Vorteile genossen.

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