Stumpenland. So nennt man die Gegend im oberen Wynental, wo einst dutzende von Zigarrenfabriken Arbeit boten in einer eher armen Gegend. Warum es zu diesem Namen kam, zeigt uns das Tabak- und Zigarrenmuseum in Menziken.

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Nicht dass ich ein Freund von Raucherwaren wäre. Aber wenn man dort aufgewachsen ist und immer noch dort lebt, sollte man sich auch für diesen Aspekt interessieren. Und so begaben wir uns auf Spurensuche in dem kleinen Museum. Es ist in einer ehemaligen Kapelle untergebracht, also nicht sehr gross, und Exponate sind eher dürftig beschrieben. Das macht jedoch nichts, denn es ist immer eine Aufsichtsperson dort, die gerne und ausführlich Auskunft gibt.

Die Geschichte der Tabakindustrie

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts dominierte die Textilindustrie das Gebiet nahe dem Hallwilersee. Durch zunehmende Billigimporte geriet diese aber immer mehr in Bedrängnis, es kam zur Krise. Alternativen waren gefragt. Einer der Textilfabrikanten, der sinnigerweise Weber hiess, sah die Probleme voraus. Er sandte seinen jüngsten Sohn in die Welt hinaus, damit dieser mit neuen Ideen zurückkomme. Und tatsächlich brachte er eine mit: Tabakwaren seien sehr gefragt, Stumpen, die Zigarre des kleinen Mannes.

So stieg die Firma Weber ins Zigarrengeschäft ein, nach und nach kamen immer mehr dazu, bis dutzende von kleineren und grösseren Fabriken die Raucherwaren herstellten und hunderte von Arbeitsplätzen boten. Die Blütezeit dauerte von Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Mit dem aufkommenden Gesundheitsbewusstsein und der Konkurrenz aus dem Ausland schloss nach und nach eine Zigarrenfabrik nach der anderen. Aktuell sind gerade mal zwei übrig geblieben, die Burger Söhne auf der Burg mit Produktion in Reinach und im Tessin sowie die Villiger AG in Pfeffikon.

Herstellung von Stumpen und Zigarren

Die besten Anbaugebiete für Tabak sind rund um den Äquator. In der Schweiz wird auch Tabak angebaut, aber hinter vorgehaltener Hand erzählt man, dass der nicht tauge für Zigarren. Die Tabakblätter von Kuba oder Indonesien werden in Palmblätter eingehüllt oder aus einem Geflecht aus Palmblättern. Der Tabak wird anschliessend getrocknet und nach verschiedenen Qualitäten sortiert. Der Wickelmacher oder die Wickelmacherin wickelte den Tabak in ein entripptes Tabakblatt ein.

Der Zigarrenmacher stellte aus diesen Wickeln die fertige Zigarre her. Am Abend wurden sie abgeliefert und von Aufsehern begutachtet, der Zigarrenmacher entsprechend ausbezahlt. Der Wickelmacher hatte aber noch nichts verdient, der Zigarrenmacher musste diesem die Zigarrenwickel abkaufen. Der ganze Herstellprozess läuft heute auf Maschinen, anstelle von 200 Fabrikarbeitern braucht es heute nur noch ein paar Leute für die Bedienung der Maschinen. Das Wickelblatt wurde durch Tabakpapier ersetzt, das, wie es der Name bereits suggeriert, aus Tabak hergestellt wird.

Kleine Kunstwerke

Zu einer Zigarre gehören auch eine Verzierung und eine Verpackung. Bei den Stumpen sind die Bauchbinden simpel gestaltet, bei den edleren Zigarren sind es schon kleine Kunstwerke. Auch die Verpackung unterscheidet sich, die Stumpen sind in ordinären Kartonschachteln verpackt, während die Zigarren in schönen Holzkistchen lagern. Es entwickelte sich eine Zulieferindustrie, die vom wohlergehen der Zigarrenfabriken abhängig waren und nach der Blütezeit neue Betätigungsfelder suchen musste.

Amüsant aus heutiger Sicht sind die Werbeplakate. Da glaubte man noch, rauchen sei gesund und männlich. Jedenfalls vermitteln sie ein Bild darüber, wie man sich das ideale Leben damals vorstellte.

Infos zum Museum

Das Museum ist jeden ersten Sonntag im Monat von 10 – 12 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 3 Franken für Erwachsene. Auf Voranmeldung werden auch Gruppenführungen durchgeführt.

Weitere Infos: http://tabakmuseum.ch

Wer noch mehr erfahren möchte zum Thema, kann dies im Buch „Tabago“ nachlesen.

Zeugen der Hochblüte
Zeugen der Hochblüte

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