Die Tour auf die Fibbia startet beim berühmten Gotthard Hospiz. Für Eltern mit sehr gutem Orientierungssinn und Kindern mit sehr guter Kondition ist dies eine Tour, um alle ihre Sinne zu schärfen. Keine Wanderwegzeichen weisen uns den Weg, weder gelbe noch rot-weisse noch blau-weisse. Unsere einzigen Orientierungshilfen sind Wegspuren und Steinmänner. Also eine richtige Herausforderung.

Kraxeln im weglosen Gelände
Kraxeln im weglosen Gelände

Wir steigen beim Gotthard Hospiz aus. Die Wolken hängen tief, eine steife Bise bläst. Ein ausgemergelter General Suworow wacht über unseren Abmarsch zur Fibbia. Wir folgen dem Ri della Valletta auf der rechten Seite. Kein wirklicher Weg, nur Wegspuren sind auszumachen. Schneesperlinge und Steinschmätzer rufen mal von da, mal von dort und verschwinden wieder in den Felsen. Nach dreiviertel Stunden erreichen wir den ersten See. Hier lässt sich bei schönem Wetter ganz gut verweilen. Wir aber steigen weiter rechts hoch zu einem Kanal, der das Wasser auf die Urner Seite umleitet.

Da wir den Steinmann auf der anderen Seite übersehen, steigen wir weiter rechter Hand hoch zu den nächsten drei Seen. Nun müssen wir versuchen, den Bach trockenen Fusses zu überqueren, was uns auch ganz gut gelingt. Der andere Weg wäre trotzdem einiges komfortabler. Beim zweiten See biegen wir links ab ziemlich genau Richtung Süden. Trotzdem ist es mit gefühlten minus fünf Grad ziemlich kalt. Jedenfalls entdeckt einer der Jungs an einem Felsen Raureif, somit kann die Schätzung nicht so daneben liegen. Aber den Kindern gefällt die Vorstellung, dass sie mit Handschuhen und Kappe bekleidet im Hochsommer über Schneefelder stapfen, während ihre Schulkameraden vielleicht gerade am Strand rumtollen oder sich zu Hause langweilen.

Wir halten nach Steinmännern und Wegspuren Ausschau und folgen ihnen, immer die allgemeine Richtung im Auge behaltend. Wir kraxeln über Blöcke und überqueren Schneefelder. Dabei achten wir darauf, dass wir immer nur flache Felder betreten, damit niemand ausrutschen kann und sich womöglich verletzt. Irgendwo zwischen den Felsen ertönt das typische Knarren eines Schneehuhnes. Sehen tun wir es aber nicht, es ist in seinem grau gesprenkelten Sommerkleid perfekt getarnt inmitten der Felsen und des Gerölls. Zwischendurch drückt die Sonne durch, ein blauer Fleck erscheint am Himmel, nur um kurz darauf wieder zu verschwinden.

Die Nebelsuppe brodelt heftig. Wir springen weiter elegant von Fels zu Fels. Hier ist die richtige Technik entscheidend, um Kraft zu sparen. Man kann es sich schwer machen und die Beine über die Steine heben, auf der einen Seite hoch, auf der anderen runter. Oder eben man bleibt auf den Steinen, sucht sich den nächsten mit ähnlichem Niveau und lässt das Bein zu diesem pendeln.

Der Gipfel naht. Eine Wetterstation markiert (fast) den höchsten Punkt. Leider hat sich der Himmel dazu entschieden, die Wolkendecke wieder mal zu schliessen, so dass wir gegen Süden nur knapp die Gane di Giubine, eine Alp, erblicken. Dabei könnte man hier die Urner, Berner und Walliser Alpen, den Tödi und das Rheinwaldhorn sowie noch viele weitere Berge sehen. Dies tut unserer Stimmung jedoch keinen Abbruch, haben wir doch den Gipfel erreicht.

Der Abstieg ist mit dem Aufstieg identisch, trotzdem muss man aufpassen, den Weg nicht zu verlieren. Wenn man zu weit nach Osten geht, geraten wir in die Felsen, was gefährlich werden kann. Kaum haben wir den Gipfel verlassen, brechen die Wolken auf und die Sonne scheint. Wenigstens haben wir jetzt eine bessere Sicht und es ist wärmer. Was wir vorher hochgeklettert sind, müssen wir wieder runter. Für die kurzen Beine der Kinder ist das natürlich anstrengend, deshalb darf der Jüngste bei besonders grossen Absätzen jeweils den Lift (= Vater) als Abstiegshilfe benutzen. Bei den Seen unten suchen wir uns den Weg auf der linken Seite. Es empfiehlt sich jedoch, auf der rechten zu bleiben, da der Zufluss noch schneebedeckt ist und man einbrechen könnte. Nun ist es nur noch ein Katzensprung bis zum Hospiz, wo wir unser verdientes Rivella oder Bier genehmigen können.

Damit endet eine tolle Tour, die einiges an Abenteuer bietet.

 Info

Charakteristik:
Anspruchsvolle Bergtour in alpinem Gelände. Wegmarkierungen beschränken sich weitgehend auf Steinmänner, ein gutes Orientierungsvermögen und Vertrautheit mit alpinem Gelände ist notwendig. Zwischendurch ist Blockkletterei angesagt, es ist jedoch nie ausgesetzt oder gefährlich. Es hat praktisch immer Schneefelder, die man mit der nötigen Vorsicht überqueren muss.
Schwierigkeit:
T3+
Gipfelhöhe:
2738 m
Distanz:
7 km
Wanderzeit:
4 – 5 h
Höhendifferenz:
680 m
Einkehren:
Gotthard Hospiz
Übernachten:
Gotthard Hospiz
Jahreszeit:
Juli – Oktober (je nach Schneeverhältnissen)
Karten:
Karte 1:25 000 Blatt 1251 Val Bedretto
Route:
Gotthard Hospiz – dem Bach Ri della Valletta auf der rechten Seite folgen bis zum ersten See – Bach oberhalb des Sees über Verbauung überqueren zum Steinmandli auf der linken Seite – Weg bis zu den oberen Seen folgen – Schneefelder bis zum letzten See queren – links hoch Richtung Süden – Wegspuren und Steinmännern bis zum Gipfel folgen
Retour gleicher Weg

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