Die Jugendorganisation des SAC Homberg führte eine Kletterwoche auf der Bergseehütte über der Göscheneralp durch. 14 Junge und Junggebliebene der JO und der Sektion suchten das Granitparadies für Plaisirkletterer im Urnerland auf.
Aufstieg zur Bergseehütte
Zuhinterst auf der Göscheneralp beginnt der Aufstieg zur Bergseehütte. Sie liegt auf 2370 Meter und ist in zwei Stunden erreichbar, 600 Höhenmeter sind zu bewältigen. Mit einer Pause erreichen wir die Hütte bald. Nach einer weiteren Pause machen wir uns auf zum Kletterlernpfad, der einen einfachen Einstieg in das alpine Klettern ermöglicht. Unter den strengen Augen von Bergführer Thomas schaffen wir jedoch nur zwei Seillängen, dann beginnt es zu regnen. Über den Gipfeln erheben sich schwarze Wolken, Donner grollt. Ein klares Zeichen, den Rückzug anzutreten. So schnell kann das Wetter ändern in den Bergen.
Im Hüttenklettergarten
Beim Morgenessen regnet es. Wir planen um, Kartenkunde wird auf das Programm genommen. Zum Abschluss gibt es eine kleine Einführung in GPS. Die Sonne scheint. Wir steigen ab zum Klettergarten unterhalb der Hütte. Endlich beim Einstieg angekommen – beginnt es zu regnen! Wieder Aufstieg zur Hütte, Zeit vertreiben. Der zweite Versuch klappt dann, wir klettern verschiedene Routen in den Schwierigkeitsgraden bis 6a+. Ein Teil hat am Nachmittag mal genug und geht zur Hütte zurück, um das Badezeug zu holen. Ein erfrischender Schwumm im kalten Bergsee tut gut.
Eine schöne Gratkletterei
Heute teilen wir uns auf, da wir doch eine grosse Gruppe sind. Das Wetter ist von Anfang an gut, wir können also unsere Pläne umsetzen. Der Plan unserer Gruppe ist, den Grat des Hochschijen zu überklettern, die anderen vergnügen sich in der Kleinen Ostwand. Gemächlich überqueren wir Blockfelder, balancieren von Stein zu Stein. Wir steigen auf den Vorbau des Hochschijen, machen uns bereit zum Klettern. Immer wieder schütteln uns heftige Böen durch. Die Berge rund um den Oberalppass scheinen im Sonnenlicht. Die ersten drei Seillängen sind schöne Granitkletterei, die dann übergeht in einen klassischen alpinen Grat, inklusive Abseilstelle, wo es rund 15 Meter abwärts geht, nur damit man auf der anderen Seite umso steiler wieder hochklettert. Was von weitem extrem aussieht, entpuppt sich aus der Nähe als schöne Wandkletterei.
Nochmals eine kurze Gratkletterei, dann wartet die letzte Seillänge auf den Gipfel. Auf diesem verweilen wir nicht allzu lange, es hat nicht viel Platz und es windet immer noch heftig. Also seilen wir die zehn Meter ab, danach nochmals 50 Meter, allerdings mit zwei Seilen. Für einzelne Seilschaften mit 50-Meter-Seil sind drei Stände eingerichtet, so dass man zweimal 20 Meter und einmal 10 Meter abseilen kann. Der Abstieg durch die Rinne erfordert nochmals unsere Aufmerksamkeit, bevor es über die Blöcke wieder zurück zur Hütte geht.
Programm getauscht
Waren wir gestern am Hochschijen, so suchen wir heute die Kleine Ostwand auf. Auch wenn sie „kleine“ heisst, ist sie doch recht imposant, in vier bis sechs Seillängen gelangt man auf den Ostgrat. Silvan ist wieder ziemlich müde und will deshalb nicht klettern, so bleibe ich mit ihm zurück. Langweilig wird es uns nicht, wir schauen zuerst mal, was in der Umgebung des Einstiegs so wächst. Später entdecken wir einen Schwarm Schneesperlinge. Und ich ärgere mich, dass ich das Fernglas in der Hütte vergessen habe. Kurz darauf umschwirrt ein Vogel unsere Seilschaften, die kriegen aber davon nichts mit. Dafür ärgern wir uns abermals, dass der Feldstecher in der Hütte geblieben ist, denn wir vermuten, dass es ein Mauerläufer gewesen sein könnte.
Nun steigen wir noch in die Bergseeschijen-Lücke auf. Wir lassen alles zurück, was wir nicht als nötig erachten. Bald merke ich, dass wir das Kletterzeugs doch hätten mitnehmen sollen, denn der Weg ist recht anspruchsvoll mit Leitern und Drahtseilen. Aber wir meistern den Aufstieg problemlos, geniessen in der Lücke den Ausblick ins Voralptal und auf den Salbitschijen. Vor uns sitzt eine Alpenbraunelle kurz ab mit Futter für Junge im Schnabel, weiter unten schlagen Murmeltiere Alarm wegen eines Hundes, der eine Wanderin begleitet. Bald kehren wir wieder zurück zum Wandfuss und warten auf die anderen, die auch bald eintreffen.
Im Klettergarten
Da der Nachmittag noch jung ist, steigen wir nach der Pause von der Hütte zum See ab, wo es einen schönen Klettergarten gibt. Den ganzen restlichen Nachmittag verbringen wir dort und mühen uns an den Seillängen ab. Bevor wir wieder zur Hütte aufsteigen, genehmigen wir uns ein Bad im ziemlich kühlen Bergsee. Was für eine Wohltat!
Die Südwand rauf
Von der Hütte aus blickt man ständig an ihn hinauf: Den Bergseeschijen. Eine gewaltige Südwand hält den Blick gefangen. Und genau da wollen wir hinauf. Zwölf Kletterer steigen am Morgen nach Sonnenaufgang hoch zum Einstieg und verteilen sich auf vier verschiedene Routen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die erste Seillänge stellt mich gleich auf die Prüfung. Mit 4b ist sie zwar nicht schwer, aber so Stellen auf reine Reibung ohne Griffe sind nicht so mein Ding. Zumindest bin ich nun wach. Die nächsten Seillängen gehen flott voran, abwechslungsreiche Kletterei erfreut das Klettererherz.
Die Routen sind ordentlich abgesichert, so dass man nicht gleich weiche Knie bekommt. Wolken ziehen immer wieder durch, die Temperaturen sind dadurch angenehm. Nach einigen Seillängen kommen alle Routen zusammen, da treffen wir auch auf Spanier, die überhaupt nicht vorwärts kommen. Einer von ihnen ist völlig überfordert und blockiert so alle nachfolgenden Seilschaften. Endlich kommen wir doch noch auf dem Gipfel an. Die einen sind bereits mehr als eine Stunde dort oben, wir geniessen erst mal die Aussicht.
Wir blicken ins Voralptal, am Fusse des Salbitschijen verläuft der Höhenweg mit der Hängebrücke. Leider sind auch die Wolken dunkler geworden. Droht etwa schon wieder Regen? Wir machen uns an den Abstieg über die Bergseeschijenlücke, die wir vom Vortag schon kennen. Ausser den beiden Leitern hat niemand mehr Lust zum Klettern, sie gönnen sich beim Hochschijen eine schwere Route. Alle anderen kehren zur Hütte zurück. Nach einer Pause gehen die einen baden, der grosse Rest hat doch noch nicht genug und bouldert an den Felsblöcken in Hüttennähe.
Am Vorbau
Der letzte ganze Klettertag, allgemeine Müdigkeit macht sich breit. Was klettern? Am Vorbau des Bergseeschijen gibt es zwei Felszacken, Vorbau genannt, wo ein Klettersteig drüber führt, aber auch ein paar einfache Mehrseillängenrouten. Also ideal, um die Klettertourenwoche ausklingen zu lassen. Vier gehen trotzdem noch an die Grosse Ostwand und klettern dort eine schöne Route, der Rest geht an die Vorbauten. Die einfachste Route bietet aber immer noch genug Herausforderungen, jedenfalls hätte ich solche in einer Seillänge des dritten Schwierigkeitsgrades nicht erwartet. Aber Silvan geht ja voran und meistert sie souverän.
Am ersten Stand geraten wir bereits in den Stau, eine Seilschaft aus zwei älteren Herren kommt nicht so vorwärts. Der Sichernde hat ein Durcheinander mit dem Seil, ich helfe ihm entwirren. Dafür meint der nette Herr, ich solle doch vorangehen, sie seien halt nicht so schnell. Na dann, als sein Seilpartner Stand hat, gehe ich los und bin bald bei ihm. Sie lassen auch Silvan noch vorangehen, so dass wir schon wieder weg sind, bis der Nachsteiger ankommt. Die letzte Seillänge ist kurz und einfach, sie endet auf dem Klettersteig. Wir steigen diesem entlang ab und sind bald wieder bei unseren Sachen am Einstieg. Da wir zwei ziemlich später eingestiegen sind, sind die anderen bereits auf der zweiten Runde, wir steigen bald wieder zur Hütte ab.
Nach einer Pause gehen einige nochmals in den Klettergarten am See, um einige Projekte zu vollenden, darunter sogar eine 6c+ (das ist schon ziemlich schwierig und geht in die Finger).
Es ist aus
Der letzte Tag, Abstieg, Heimreise. Aber nicht, ohne unterwegs noch in einem Klettergarten halt zu machen und die letzten Kraftreserven zu verbrauchen, jedenfalls die meisten. Wer nicht klettert, fotografiert, schaut zu, ruht sich aus – oder sammelt Heidelbeeren für ein feines Dessert zu Hause. Nachdem auch der letzte genug hat, steigen wir zu unseren Fahrzeugen ab und beschliessen die Woche im Restaurant Gwüest.
Vielen Dank an den Bergführer Thomas Bossert und den Organisator Dani Schaffner, es war eine tolle Woche.
Infos
Hier eine Übersicht über unsere Aktivitätsgebiete:
Anreise mit dem Zug: Von Zürich nach Erstfelden und Göschenen, Umsteigen in das Postauto, weiter zur Göscheneralp.
Anreise mit dem Auto: Autobahn A2, Ausfahrt Göschenen, weiter Richtung Göscheneralp
Aufstieg zur Hütte ca. 1 ½ Stunden.
Die Hütte
Die Bergseehütte hat 65 Schlafplätze und ist sowohl bei Kletterern wie auch Wanderern beliebt, sie liegt an der Panoramaroute rund um die Göscheneralp und führt auch zu den Hütten Salbithütte, Voralphütte, Chelenalphütte und Dammahütte.
Die Bergseehütte ist, trotz dem eher modernen Dach, eine Hütte von altem Stil ohne viel Schnickschnack. Immerhin sind die Waschräume schon drinnen, allerdings hatte der Planer eine sonderbare Einstellung zu Frauen, gibt es doch nur ein einziges Damen-WC, dafür zwei Herren-WCs plus ein Pissoir. Nach meiner Einschätzung war die Geschlechterverteilung sehr ausgeglichen, was die Aufteilung doch fragwürdig erscheinen lässt. Die Gaststube ist eher dunkel und eng, aber gemütlich. Das Essen ist, wie man gut schweizerisch-neutral-zurückhaltend sagt, „recht“ gewesen. Die Schlafsäle sind ebenfalls noch im guten, alten Stil der Massenmenschenhaltung, aber auch aushaltbar.
Der Bergsee
Simpler kann ein See wohl nicht heissen, einfach Bergsee. Aber er ist wertvoll, umso mehr, wenn man sich nach einer Dusche sehnt oder wenn es heiss ist. Wir schwammen jeden Tag darin und fühlten uns danach jeweils wie neu geboren. Ein weiteres Plus ist der Klettergarten gleich beim See, wenn die Füsse zu sehr schmerzen von den Kletterschuhen, kann man sie gleich kühlen im kalten Wasser.
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