Start- und Endpunkt unserer Schwedenreise war Göteborg. Wir verweilten zu Beginn einen Tag und am Schluss nochmals vier Tage dort. Aber anstatt die Stadt zu besichtigen, machten wir Entdeckungen rund um Göteborg.

Natur in Göteborg

Göteborg hat ungefähr 650’000 Einwohner, aber die Stadt ist nicht einfach ein grauer Moloch, sondern hat auch Grünanlagen und an der Peripherie Naturschutzgebiete. Jedenfalls ist dieses Bild für uns sehr bezeichnend:

Gleich am Tag der Ankunft, nachdem wir unser Gepäck im Hotel abgeladen haben, fahren wir mit dem Tram an den südlichen Stadtrand. Dort gibt es ein Naturschutzgebiet, den Änggårdsbergen. Viel wissen wir noch nicht darüber, nur, dass es dort grün ist. Das ist schon Grund genug, dorthin zu fahren.

Der Start der Wanderung ist bei einer Klinik, durch ein Gatter betreten wir den Wald und sind – zack – in einer anderen Welt, weg vom Grossstadttrubel. Wir durchwandern mit offenen Ohren und Augen den Wald, kommen an einen kleinen See. Dort schwimmen zwei Entenküken. Was könnten das für welche sein? Wir rätseln, konsultieren den Svensson und kommen zum Schluss: Das sind Schellenten. Von der Mama ist allerdings keine Spur zu sehen (den Papa braucht es sowieso nicht). Der Wald wird lichter, der Boden karger, bis wir eine Hochebene erreichen mit Heide. Der Blick schweift aufs Meer hinaus. Wir hören einen feinen Gesang, den wir der Heidelerche zuordnen. Sie sitzt in einem Strauch, daneben singt eine Goldammer.

Wir gehen weiter und entdecken auf einer Lärche einen Neuntöter. Im Schatten legen wir eine Pause ein, dabei können wir Fitisse, Tannenmeisen, Kohlmeisen und andere beobachten.

Wir kommen an einen kleinen See, eine Zwergtaucherfamilie schwimmt umher, die kleinen betteln um Futter. Sturmmöwen fliegen umher, zanken sich um Brot, das Besucher ins Wasser geworfen haben. Dann sehen wir unsere ersten Kanadagänse, sie ist allerdings ein Neozooe. Was wir noch nicht wissen: Wir werden noch ganz, ganz viele sehen. Auf dem Meer sind sie die häufigsten Gänse, während im Inland die Graugänse dominieren. Ein Anruf ereilt mich vom Autovermieter, den ich aber zu spät sehe. Zeit, zurückzukehren und im Büro nachzufragen. Hoffentlich gibt es keine Probleme? Stellt sich heraus: Sie wollten uns nur warnen, dass ich ein Elektroauto reserviert hätte. Also alles palleti, genau das war mein Plan.

Raus auf die Insel

Nach gut vier Wochen herumreisen kehren wir wieder nach Göteborg zurück, wo wir das Auto zurückgeben. Vorher aber nutzen wir die Gelegenheit nochmals und fahren auf die Insel Hönö, die nur mit der Fähre, aber schwierig mit dem ÖV zu erreichen ist. Im äussersten westlichen Zipfel ist das Naturreservat Kråkudden, das über einen Rundweg erwandert werden kann. Wie immer sind wir früh dran, die Temperaturen sind noch angenehm. Wir sind nur kurz im Wald, bevor wir felsiges Küstenland erreichen. Zu unserer Überraschung treffen wir dort, mitten in den Felsen und relativ weit ab eines Waldes, einen jungen Grünspecht an. Auch zahlreiche Wiesenpieper finden wir, aber auch Steinschmätzer und Bluthänflinge.

Etwas weiter draussen gibt es einen Hide, den wir aufsuchen. Dieser ist leider nicht so sauber wie der auf Klädesholmen und hier sehen wir noch weniger. Aber da, da huschte doch etwas über die Felsen? Ja, da, etwas Pelziges! Ein Fischotter? Wir eilen nach draussen und hoffen, dass das Tier wieder auftaucht. Tatsächlich, da ist es, ein kleines, marderartiges Tier. Ich kann es gut fotografieren, so dass die Identifikation leicht fällt. Nach einer kurzen Recherche ist klar: Es handelt sich um einen Mink oder Amerikanischen Nerz. Dieser ist ein Neozooe und gehört nicht hier hin, süss ist er trotzdem.

Wir gehen weiter der Küste entlang, finden Grünschenkel und natürlich auch das obligate Küstenreh. Schön sind auch die sich am Ufer brechenden Wellen, Vögel sind aber keine besonderen auszumachen

Nach einer Weile kehren wir zurück und fahren in die Marina von Öckerö, wo es Kaffee und Kuchen gibt. Auf dem Rückweg entdeckt die Frau aus dem Auto einen Vogel, der uns sofort zum Halten am nächstmöglichen Ort veranlasst. Wir kehren zu Fuss zurück, ein Austernfischer stochert da im Wasser. Vorsichtig nähern wir uns, er lässt sich nicht stören. Was für eine schöne Beobachtung! Nach diesem Erlebnis steht uns der grösste Stress noch bevor: Nach Göteborg fahren und das Auto zurückgeben.

Rund um den Stora Delsjön

Gleich neben Göteborg liegt ein See, der Stora Delsjön. Wir haben mit einem ehemaligen Arbeitskollegen von mir zum Mittagessen abgemacht in Mölndal (es hat übrigens geschmeckt in der Pizzeria Mums). Um die langweilige Latscherei durch den Autoverkehr zu vermeiden, nehmen wir den Bus bis zur Haltestelle Kallebäck. Nun heisst die Schuhe schnüren und los. Wir irren zuerst noch etwas auf dem Golfplatz umher, bevor wir den See erreichen. Er ist von Wald umgeben, man würde nicht ahnen, dass er gleich neben einer Grossstadt liegt. Es hat einige Leute, ist aber nicht überlaufen. Nichtsdestotrotz wäre ich lieber am Morgen früh unterwegs, dann sähen wir wohl auch mehr Tiere.

Gemäss birdingplaces.eu soll es hier Prachttaucher geben. Und, Bingo! Wir entdecken einen, allerdings ziemlich weit weg. Wie es bei den Seetauchern üblich ist, sehen wir ihn jeweils nur ganz kurz, dann taucht er sofort wieder ab. Und kommt irgendwo ganz anders wieder an die Oberfläche. Man muss ein ziemlich grosses Gebiet absuchen, um ihn nicht zu verpassen.

Weiter geht es dem Ufer des verwinkelten Sees entlang, bis wir das Vergnügungszentrum erreichen. Es ist geht schon gegen Abend, die Leute verlassen den Strand, auch wir streben der Stadt zu. Es ist ein gutes Stück zum Gehen bis zur nächsten Tramhaltestelle. Da treffen wir aber auf einen Shuttlebus, der im Sommer gratis fährt bis zu unserem Zwischenziel. So kommen wir doch recht schnell in die Stadt, wo wir nur schnell unsere Sachen im Hotel abladen, um dann essen zu gehen. Auswahl gibt es hier reichlich, im Gegensatz zu den bisherigen Gegenden.

Hinter Volvotown

Torslanda ist geprägt von Volvo, dem schwedischen Hersteller von robusten Autos und Nutzfahrzeugen. Aber ohne Auto muss man zuerst mal dort hin kommen. Wir nehmen Tram und Bus, was noch gut funktioniert. Zwischen unserer Haltestelle und dem Naturschutzgebiet Torslandaviken liegt aber leider ein Kreisel, in den mehrere grosse Strassen münden, ohne irgendeine Möglichkeit für Fussgänger, diese regulär zu überqueren. So warten wir einen ruhigen Moment ab und überqueren irregulär die Strassen. Wir erreichen den Pfad, der durchs Naturreservat führt, auf welchem wir dem Beobachtungsturm zustreben. Viele Vögel sehen wir nicht von hier oben, ein paar Enten, ein paar Kormorane. Ein anderer Besucher kommt mit uns ins Gespräch, verrät, wo es noch gute Gebiete zum Beobachten gibt. Tönt gut, leider sind die ausserhalb unserer Reichweite und unseres Zeitplanes.

Wir gehen weiter auf dem Trampelpfad, der auch mitten durch eine Kuhherde führt. Ein Neuntöter fliegt vor uns auf und verschwindet in einem Busch. Ein Abstecher ans Gewässer bleibt erfolglos, wir sehen hier nicht mehr. Also gehen wir weiter, vorbei an einer blütenreichen Brachfläche, wo sich Schmetterlinge tummeln. Ein grosser Felsen verspricht Aussicht und Kraxelspass, den wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Von dort oben sehen wir wieder nur Enten und Kormorane. Wir steigen wieder ab, gehen Richtung mehr weiter. Dort entdecken wir einen eleganten weissen Vogel: Eine Brandseeschwalbe! Diese haben wir letztes Jahr in der Camargue zum ersten Mal gesehen, wir freuen uns auch hier wieder über Sichtung, diesmal sind sie im Prachtkleid.

Wir gelangen an ein grosses Becken mit viel Kiesfläche, das relativ neu aussieht. Das scheint der interessanteste Part zu sein, es sind noch andere Birder da. Sturm- und Lachmöwen tummeln sich da, aber auch wieder Brandseeschwalben. Auch ein Rotschenkel und ein Alpenstrandläufer halten sich unter ihnen auf. Am Wasserrand wuselt ein Federbällchen umher, ein kleiner Sandregenpfeifer, der Altvogel tummelt sich in der Nähe. Plötzlich ein ein schwarz-weisser Vogel angeflogen, ein Säbelschnäbler.

Unsere Beobachtungsliste enthält schlussendlich doch einige schöne Positionen. Dem Gewässer entlang kehren wir zurück, drehen aber dann ins Industriequartier ab. Dort gibt es eine Bushaltestelle, die wir gefahrlos erreichen und viel besser gewesen wäre zum Aussteigen. Man lernt halt immer wieder dazu.

Eine letzte Wanderung auf einer Schäreninsel

Ein letztes Mal nutzen wir unseren 3-Tages-Pass für die öffentlichen Verkehrsmittel von Göteborg. Dazu zählen auch die Fähren auf die Inseln, was wir uns nicht entgehen lassen. So besteigen wir nach längerem Hin und Her am Vortag das Schiff nach Styrsö. An der Endstation steigen wir aus. Der Frau gefällt es nicht, so dass wir wieder einsteigen. Kurz darauf fährt das Schiff zurück. Bei der nächsten Haltestelle steigen wir doch wieder aus. Von dort wandern wir endgültig los. Es dauert eine Weile, bis wir den Asphalt verlassen und auf dem Wanderweg gehen können.

Am Ufer legen wir eine Rast ein, gucken aufs Wasser. Da kommt eine Mittelsäger-Familie angeschwommen. Die Kleinen tauchen bereits wie die Grossen, zack, kopfvoran ins Wasser. Nun interessiert uns aber die weglose Halbinsel. Wir gehen dem Ufer entlang, entdecken einen dieser Unterstände, wie man sie auf den Fernwanderwegen in Schweden öfters findet. Das Meer ist glatt, es ist heiss. Wir suchen einen Schatten spendenden Baum auf wo wir rasten. Dabei entdecken wir einen Vogel, den wir hier nicht erwartet hätten: Einen Alpenbirkenzeisig.

Weiter geht es der Küste entlang, dann wieder im Wald. An einem seichten Gewässer entdecken wir einen Löffler. Nun streben wir aber dem Hafen von Tången zu. Dort erwartet uns ein kühles Getränk und Kuchen, bevor wir wieder das Schiff nach Göteborg besteigen und damit der allerletzte Ausflug in Schweden  endet. Am nächsten Tag geht es weiter nach Kophenhagen.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.