Der Mont Racine im Neuenburger Jura war unser Ziel auf dieser SAC-Schneeschuhtour. Für die meisten war es die erste Schneeschuhtour, selbst für den Tourenleiter. Aber als Wintertourenchef spielt das keine Rolle, wer Skihochtouren leitet, führt so eine Schneeschuhtour spielend.

Eine bunte Truppe
Eine bunte Truppe

Raus in den Sturm!

Auf dem Col de la Tourne, der Neuenburg mit Les Ponts-de-Martel verbindet, entsteigen wir dem Postauto. Ein eisiger Wind peitscht uns den Schnee ins Gesicht. Ein Pistenbully hat soeben die Loipe präpariert, aber bei dem Wetter ist das eine Sisyphusarbeit. Das Passrestaurant hat geöffnet, aber der Tourenleiter drängt knallhart zum Aufbruch. Wir ziehen die Schneeschuhe an. Bei jenen meiner Frau reissen gleich ein paar Riemen: Sie sind brüchig geworden in den letzten fast zwanzig Jahren. Sie hat aber wohlweislich Skiriemen eingepackt und improvisiert nun damit. Wir gehen los, trotzen dem Schneesturm. Bald tauchen wir in den Wald ein, es wird ruhiger. Die Bäume sind schneebedeckt, es ist, als würden wir eine Kathedrale betreten, so sakral ist die Stimmung.

Auf dem Jura-Höhenweg

Ewig sind wir nicht im Wald unterwegs, der Weg führt uns aufs freie Feld hinaus. Die Landschaft scheint monochrom, als hätte jemand die Farbe entfernt. Es gibt nur hell und dunkel, einzig unsere bunte Funktionskleidung setzt Farbtupfer. Wie Skulpturen stehen die einzelnen Bäume in der Landschaft, uralte Buchen und Ahorne. Und plötzlich gehen wir auf einem breiten Weg. Ach so, das ist die Langlaufloipe! Schwach sind noch die Rillen zu erkennen, schon bald werden sie zugeschneit sein. Ein Wegweiser zeigt, dass wir auf dem Jura-Höhenweg sind. Wir verlassen die Loipe wieder und durchqueren den Wald, gehen abwärts auf die Ebene von Les Sagneules. Dort legen wir, einigermassen von einem Stall vor dem Sturm geschützt, eine Pause ein.

Der Gipfel naht

Wir setzen unseren Weg durch den Sturm fort, steigen hoch Richtung La Grande Sagneule, einem einsamen Gehöft in typischer Jurahausbauweise. Auch hier ist alles schwarz-weiss, die Bäume dick mit Reif behangen. Kleine Fichten sind in Eis gehüllt, die grossen in all den Jahren vom Wind geformt. Der Jura ist eine raue Gegend, vor allem im Winter. Eine Triangulationspyramide lässt vermuten, dass wir den Gipfel erreicht haben. Nordöstlich von uns befindet sich der Col de la Vue des Alpes. Das heisst, man hätte Aussicht in die Alpen. Hätte. Denn wir sehen gerade mal ein paar Meter weit. In der Richtung, wo die Alpen zu sehen sein sollten, ist einfach alles weiss.

Lange halten wir uns nicht auf, zu unwirtlich ist es hier oben. Wir steigen ab, passieren eine Tafel, die darauf hinweist, dass wir uns hier auf einem Schiessplatz befinden. Weiter vorne ist denn auch eine Soldatenunterkunft und ein mit Schnee gefülltes Wachhaus. Wir müssen aber keine Angst haben, dass wir beschossen werden. Der Nebel ist so dicht, dass Pfosten das einzig Sichtbare sind im Weiss. Der Tourenleiter wird unsicher, die Karte wird kurz konsultiert. Aha, hier lang. Bald merkt er, dass er zuviel korrigiert hat und wir in die falsche Richtung gehen, nämlich genau 180 Grad! Wir korrigieren abermals und nehmen nun die richtige Richtung ein. Es geht abwärts, die Sicht wird besser. Wir erreichen Les Grandes Pradières, eine verwaiste Truppenunterkunft. Dort finden wir einen Windfang, wo wir vom Sturm unbehelligt eine zweite Pause einlegen können.

Doch noch eine Spur Sonne

Es stürmt immer noch, aber es hat aufgehört zu schneien. Am Himmel zeichnet sich die Sonne ab. Erhaschen wir doch noch ein paar Sonnenstrahlen? Wir steigen ab durch den Wald, dem Wanderweg folgend. Tatsächlich dringen ein paar Strahlen durchs Geäst, der Wind hat sich gelegt. Es wird spürbar wärmer, wir entledigen uns dem einen oder anderen Kleidungsstück. Tut das gut! Wir erreichen Les Geneveys-sur-Coffrane (ich werde mir diesen Ort nie merken können) und somit das Ende der Tour. War das grossartig! Der Jura ist einfach perfekt für Schneeschuhtouren, wir werden bestimmt wieder mal eine unternehmen dort, wenn das Wetter stimmt: Sturm, Schneefall und Nebel!

Info

Im Winter ist der Jura noch einsamer, erst recht bei dem Wetter, welches wir antrafen. Aber genau das macht seinen Reiz aus. Die Tour auf den Mont Racine ist gut per ÖV erreichbar und bietet, wenn die Sicht gut ist, eine fantastische Aussicht auf das Mittelland mit dem Neuenburgersee und die Alpen.

Start: Col de la Tourne
Ziel: Les Geneveys-sur-Coffrane
Strecke: Col de la Tourne – Petit Coeurie – Les Sagneuses – Mont Racine – Les Grandes Pradières – Les Geneveys-sur-Coffrane
Distanz: 11 Kilometer
Höhenmeter: 340 Meter
Dauer: 3 Stunden
Schwierigkeit: WT1
GPS-Track: GPS-Track Mont Racine (der Haken nach dem Mont Racine ist nicht nötig :-))
Höhepunkte: Aussicht, Jura-Landschaft, Einsamkeit
Alternative: Die Tour kann über den Tête de Ran auf die Vue des Alpes verlängert werden.

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