Seit vier Jahren sind wir an der Panoramabike dran, die vom Bodensee zum Genfersee führt. Uns fehlt noch das Stück zwischen Vierwaldstättersee und Thunersee. Dieser letzte Teil der Panoramabike führte uns durch die Moorlandschaften der Biosphäre Entlebuch mit einem wahren Blütenteppich aus Orchideen. Wunderschön!

In der Biosphäre Entlebuch
In der Biosphäre Entlebuch

Start mit Hindernissen

Die Tage zuvor hatte es intensiv geregnet, am Vierwaldstättersee war Hochwasseralarm der Stufe 5. Der ursprüngliche Plan, in Alpnach zu starten, viel buchstäblich ins Wasser, die Zugstrecke war unterbrochen ab Hergiswil.

Wir fahren also mit der Bahn bis Hergiswil und starten ganz panoramabikekonform am Vierwaldstättersee. Die Runde um den Lopper ist ja nicht gerade ein Highlight, so direkt neben der Strasse und teilweise die Autobahn über dem Kopf. Aber es herrscht gerade wenig Verkehr, so dass es zum Aushalten ist. Am Alpnachersee können wir die Strecke auf dem eigenen, abgetrennten Weg geniessen. An einem Felskopf, der aus dem Wasser ragt, hält die Frau an. Da entdeckt sie Schlangen, Würfelnattern, die sich auf den Fels gerettet haben vor dem Hochwasser. Wir zählen ungefähr fünf Stück.

Weg unter Wasser

Am Seeende fahren wir in eine Sackgasse, der Weg ist gesperrt wegen Überschwemmung. Fahren wir halt der Landstrasse entlang nach Alpnach, wo wir dann wie geplant zum Wichelsee abzweigen. Aber auch dort gibt es Hindernisse, zum einen Fahrverbote, zum anderen ist der Weg dem See entlang auch teilweise unter Wasser. Anlauf holen, Beine hoch und ab durchs Wasser. Selbst der Weg zurück nach Sarnen gestaltet sich hürdenreich wegen Absperrungen und Umleitungen.

Nur noch aufwärts

Nun erreichen wir aber die Route 290, die Langis-Bike. Ab jetzt gibt es nur noch eine Richtung: Aufwärts! Wir radeln und radeln, Mittag ist vorbei, entsprechend heiss ist es schon. Unsere Trinkvorräte neigen sich dem Ende zu, als wir auf 1400 Meter den vorläufigen Höhepunkt erreicht haben. Es geht nun immer auf und ab, vorbei an wunderschönen Orchideenwiesen. Sie liefern einen Vorgeschmack auf das, was uns in den kommenden Tagen erwartet. Auf der Hohnegg auf 1461 Meter erwartet uns der höchste Punkt der Etappe. Und etwas zu trinken! Der Bauer dort hat einen Kühlschrank stationiert mit Getränken drin, was wir äusserst dankbar in Anspruch nehmen. Zahlen kann man, so viel man will. Die letzten Meter zum Berghotel Langis werden so zum Kinderspiel.

Es lohnt sich übrigens, am Abend noch schnell hinter dem Hotel einen kleinen Spaziergang zu machen durch die wunderbare Hochmoorlandschaft des Glaubenbergs.

Start: Hergiswil NW
Ziel: Berghotel Langis
Distanz: 37 Kilometer*)
Höhenmeter: 1300 Meter*)
Dauer: 4 ½ Stunden*)
Kondition: schwer
Technik: leicht
GPS-Track: Route 01 Panoramabike Hergiswil – Langis

*) Die Angaben beziehen sich jeweils auf unsere Strava-Aufzeichnungen!

Relive ‚Hergiswil – Langis‘

Durch den Schiessplatz und das Skigebiet

Und das ist viel schöner als es tönt. Wir radeln also auf die Glaubenbergpasshöhe und zweigen dort links ab. Wir sind nun auf dem Schiessplatz Glaubenberg, deshalb habe ich vorgängig ausgiebig abgeklärt, ob die Durchfahrt wirklich frei ist. Sie ist. Steil führt die Strasse aufwärts, gesäumt von Wiesen und Föhren. Natürlich wird die Aussicht immer besser, aber es lohnt sich, auch in die Nähe zu schauen. Uns fallen grosse Insekten auf, es ist eine Steinfliegenart, wie Silvan zu Hause dann rausfinden wird. Auch sonst bleibt es spannend. In einer Kurve steigen wir von den Rädern und beobachten die Vögel, die herumflattern.

Wir könnten nun weiterradeln bis zur Passhöhe, aber die Gegend ist viel zu schön, um keuchend und auf die Strasse starrend hochzustrampeln. Wir schieben also die letzten zehn Minuten. Fabian ist schon lange dort und übt seine Kunststücke auf dem Bike. Von diesem Sattel geht es nun auf der Fahrstrasse abwärts zur Kapelle oberhalb des malerischen Sewenseelis. Im Hintergrund erhebt sich die mächtige Schrattenfluh, die wir ab jetzt bis zum Ziel vor Augen haben.

Richtig biken

Die Strasse geht nun in einen Bergwanderweg über, was biketechnisch natürlich sehr erfreulich ist. So ist Fabian auch nicht mehr zu halten, er brettert über die Steine runter, während der Rest die Sache doch etwas vorsichtiger angeht. Schon jetzt ist für uns klar: Diese Variante ist gegenüber der offiziellen Route um Welten besser! Auch wenn es ab dem Alpgebäude wieder auf einer Strasse weiter geht, Spass macht die Abfahrt weiterhin. Vom Restaurant Stäldeli fahren weiter zum Steibode, wo wir auf die ausgeschilderte Route „Rund um die Schrattenfluh“ treffen. Technisch ist die Route nun einfach, aber wir brauchen ja sowieso noch Kraft für den nächsten Aufstieg.

Auf zum nächsten Pass

Doch zuerst tanken wir in Sörenberg auf, es ist durstiges Wetter und etwas Süsses verleiht wieder Energie. Ab hier folgen wir wieder brav der offiziellen Route 2. Jedenfalls, wenn man die Schilder beachtet. Fabian mit seiner grenzenlosen Energie fährt uns davon, wir drei anderen warten immer wieder aufeinander. Bei einer Abzweigung fragt die Frau besorgt, wo denn Fabian stecke. Weit oben sehe ich etwas: „Dort ist er wahrscheinlich und wartet.“ Das beruhigt sie, wir fahren weiter hoch Richtung der Blattenegg, dem zweiten Pass.

Was ich als Fabian vermutet habe, stellt sich als Tafel heraus, keine Spur von ihm. Silvan und die Frau pausieren dazwischen und suchen die Gegend mit dem Feldstecher nach Vögel ab. Ich warte auf sie, als ich weit unten Fabian sehe. Wir kommen fast alle zusammen am nächsten Pausenplatz an. „Diese blöden Schilder sind so versteckt!“, wettert Fabian. Er hat die Abzweigung verpasst und ist bis zur Rossweid hochgestrampelt, bis er seinen Fehler bemerkt hat.

Die letzte Abfahrt

Nach der Stärkung schieben wir nochmals kräftig, bis wir die Passhöhe erreicht haben. Ab jetzt geht es nur noch abwärts bis zum Etappenziel, dem Salwideli. Die Landschaft hier in der Biosphäre Entlebuch ist einfach einmalig schön! Ganze Wiesen mit Orchideen säumen unseren Weg, wir durchqueren lockere Föhren- und Fichtenwälder, dahinter erhebt sich, wie schon seit dem ersten Pass, die Schrattenfluh. Glücklich und müde erreichen wir das Salwideli, wo wir uns erst mal etwas zu trinken gönnen.

Start: Berghotel Langis, Glaubenberg
Ziel: Berggasthaus Salwideli, Sörenberg
Distanz: 33 Kilometer
Höhenmeter: 1100 Meter
Dauer: 5 Stunden
Kondition: schwer
Technik: mittel
GPS-Track: Route 02 Panoramabike Langis – Salwideli

Relive ‚Panoramabike Langis – Salwideli‘

Der Brienzer Rothornkette entlang

Wir starten nicht allzu früh – in den Hotels gibt es relativ spät Frühstück – gleich mit einer Abfahrt, hinunter nach Küblisbühl. Würden wir dort der Veloroute 4 folgen, kämen wir am legendären Kemmeribodenbad vorbei, wo es die berühmten Meringues gibt.

Vorher aber sorgt die Frau für eine unliebsame Überraschung: Nach einem kurzen Gegenanstieg warten wir auf sie. Sie kommt zu Fuss daher, das Bike schiebend. Plattfuss! Der Bauer kommt grad vom Hof unten hinauf und bietet uns seine Hilfe an. Da ich aber alles dabei habe, lehne ich dankend ab. Den Platten habe ich dann schnell geflickt, aber die Pumpe muss ich aufs Ventil schrauben. Beim Lösen dreht sich aber das Ventil auch, so dass die ganze Luft wieder entweicht. Mist! Wir gehen doch noch zum Bauern und fragen nach einer Zange, um das Ventil festzuschrauben. Er hat aber einen Kompressor und pumpt den Pneu schnell auf. Tiptop! Erleichtert können wir weiter fahren.

Panoramabike durch die Orchideen

Vom erwähnten Küblisbühl aus geht es wieder aufwärts, zuerst angemessen, dann wird der Weg immer steiler und ruppiger, fahren unmöglich. Wir stossen unsere Bikes, müssen sie zuweilen hochhieven über die Blöcke. Nach dieser Herausforderung können wir wieder normal weiterfahren, der Feldweg geht in eine Asphaltstrasse über, die sich hochwindet zum höchsten Punkt der heutigen Etappe, dem auf 1600 Meter gelegenen Heitbüel. Silvan möchte schon lange Pause machen, aber es gibt keinen Schatten weit und breit. Wir vertrösten ihn auf später. Kurz darauf finden wir denn auch eine Sitzbank unter einer Fichte, schön schattig. Rund um uns sind Moorwiesen, voller Orchideen, ein regelrechtes Blütenmeer.

Abfahrt nach Habkern

Die folgende Abfahrt müssen wir einige Male unterbrechen, weil Silvan wieder neue Orchideen findet im Meer von Blumen. Es! ist! einfach! fantastisch! Ab der Lombachalp sind wir wieder im Touristenrummel, wir lassen den aber links liegen und fahren hinunter nach Habkern, zum Leidwesen von Fabian alles auf Asphaltstrasse. „Was für eine Verschwendung von Höhenmetern!“, findet er. Anders geht es leider nicht.

Im Dorfzentrum füllen wir nochmals unsere Flaschen, bevor wir den letzten Aufstieg an der prallen Sonne in Angriff nehmen. Wir sehen nun zum ersten Mal den Thunersee, aber auch Eiger, Mönch und Jungfrau erheben sich vor uns. Gut, der Mönch ist gerade in der Cloud, aber er wäre auch da. Schwitzend bewältigen wir die letzten Höhenmeter, bevor wir uns in die Abfahrt nach Waldegg stürzen. Die Originalroute würde jetzt nochmals ansteigen, wir wählen aber den direkten Weg ins Gasthaus Riedboden, wo wir im Schatten der Bäume unser wohlverdientes Getränk zu uns nehmen.

Start: Berggasthaus Salwideli, Sörenberg
Ziel: Beatenberg
Distanz: 37 Kilometer
Höhenmeter: 1170 Meter
Dauer: 4 Stunden
Kondition: schwer
Technik: leicht
GPS-Track: Route 03 Panoramabike Salwideli – Beatenberg

Relive ‚Panoramabike Salwideli – Beatenberg‘

Panoramabike, die vollendete

Die letzte Etappe steht an. Nach dem „Ruhetag“ mit der Wanderung aufs Niederhorn gestern schwingen wir uns wieder aufs Bike. Wir fahren abwärts auf Asphalt, unterbrochen mit einem Stopp bei einem Aussichtspunkt, wo wir den Thunersee mit Stockhorn und Niesen in seiner ganzen Pracht erblicken. Bald schon heisst es aber wieder strampeln, 160 Höhenmeter müssen wir überwinden, um einen kurzen, anspruchsvollen Singletrail zu geniessen. Ganz abbezahlt ist er aber noch nicht, die zweite Rate ist im kurzen, aber giftigen Gegenanstieg fällig, wo wir die Bikes zeitweise tragen müssen.

Auf die Blueme

Weiter geht es wieder eher gemütlich auf der Strasse, immer mit Aussicht in die Berge (wir sind ja mittlerweile im Mittelland angelangt). „Bi der Sagi“ ist nun aber genug mit brav der Route 2 folgen, wir fahren hoch zur Blueme, einem 1392 Meter hohen Hügel, den ein Aussichtsturm ziert. 300 Höhenmeter später erreichen wir diese Gitterkonstruktion, die wohl die eine oder den anderen von der Besteigung abhält, blickt man doch von zuoberst zwischen den Füssen hindurch bis zum festen Boden. Wir hingegen können die Aussicht geniessen, die uns mit einem schönen Bergpanorama verwöhnt.

Die Blueme ist bei den Locals bekannt für viele Singletrailabfahrten, einen davon wählen wir. Er ist einfach, macht aber Spass. Bei einer Verzweigung stoppen wir. Geradeaus oder links hinunter? Fabian entscheidet sich für links, wir für Geradeaus. Der Singletrail währt aber nicht sehr lange, er wird schon bald zur Forststrasse, die erst noch ansteigt. Haben wir den falschen Weg gewählt? Beim Punkt 1246 geht es über die Weide steil abwärts, unten treffen wir auf Fabian. Seiner Erzählung nach war es vielleicht doch besser, dass wir diesen Weg gewählt haben.

Nächster Halt Vesuv

Nach Heiligenschwendi legen wir abermals eine Rast ein, direkt auf dem Vesuv. Das ist ein kegelförmiger Hügel, der so tatsächlich einem Vulkan gleicht. Auf diesem thront aber zuoberst eine Linde, in deren Schatten wir uns ausruhen.

Wir fahren weiter nach Goldiwil. Auf der Karte sah das ziemlich locker aus. Dass zwischen uns und Goldiwil ein Tobel liegt, merke ich erst jetzt. Es gibt zwar eine Strasse, ist aber mit einem ziemlichen Kraftaufwand verbunden. Danach rennen wir am Waldrand an einem Bikeverbot an. Wir kehren um und fahren brav auf der Strasse.

Die letzte Abfahrt

„Da kommt jetzt dann ein Singletrail“, erklärt uns Fabian. Dass es sich um einen ausgewachsenen Biketrail handelt, der extra angelegt wurde und für den man bezahlen muss , merken wir erst, als wir vor dem Schild stehen. Fabian grinst, er hat das natürlich gewusst. Na gut, gönnen wir dem Verein die 20 Franken, die uns vier Tageskarten kosten. Tatsächlich macht es grossen Spass, darauf  zu fahren. Es gibt immer auch eine einfache Linie, die ich jeweils wähle. Ich nehme an, Fabian wird jeweils die Hardcore-Variante wählen, denn sehen tu ich ihn nicht mehr bis zum nächsten Halt. So kommen wir ganz schnell an unser Ziel: Thun!

Am Ziel

Durch die Quartiere rollen wir dem Zentrum entgegen. Erst mal etwas trinken und feiern! Nach dem ersten Durstlöschen wäre uns jetzt ein Café genehm, aber wir sind bei weitem nicht die einzigen, alle Cafés sind voll. Wir holen uns etwas in der Bäckerei und gehen dorthin, wo unsere Reise quer durch Schweiz vom Boden- zum Genfersee vor vier Jahren begonnen hat, beim Bahnhof von Thun. Was für ein Erlebnis!

Schlussfoto, Kreis geschlossen!
Schlussfoto, Kreis geschlossen!
Start: Beatenberg
Ziel: Thun
Distanz: 37 Kilometer
Höhenmeter: 720 Meter
Dauer: 3 Stunden
Kondition: mittel
Technik: mittel
GPS-Track: Route 04 Panoramabike Beatenberg – Thun

Relive ‚Panoramabike Beatenberg – Thun‘

Fazit

Wir haben nun beendet, was wir 2017 mit dem Start in Thun begonnen haben, wir sind vom Bodensee bis an den Genfersee durch die Voralpen geradelt. Wir lernten ganz verschiedene Landschaften kennen, kamen aber auch an Orten durch die wir bereits vorher kannten. Biketechnisch ist die Route eher anspruchslos, abgesehen von ein paar wenigen, kurzen Trails. Es lag also auf der Hand, dass ich die eine oder andere Variante heraussuchte. Am meisten abgeändert habe ich jetzt im letzten Teil, und es hat sich absolut gelohnt. Ich würde jedem dringend empfehlen, meine Variante über den Glaubenberg zu wählen und nicht die offizielle Route der Strasse entlang über den Glaubenbühlenpass. Aber alles in allem: Es war ein tolles Abenteuer mit der Familie!

Epilog

Natürlich setzten wir uns in Thun nicht in den Zug nach Hause. Wir radelten am nächsten Tag der Aare entlang nach Bern, wie wir es schon vor zehn Jahren taten, allerdings mit ein paar Varianten. In Bern erlebten wir wieder einmal Stadttrubel, inklusive Covidiotenversammlung. Nach Bern wäre die Idee gewesen, in drei Etappen durch den Napf nach Hause zu fahren. Der Wetterbericht liess uns anders entscheiden, wir radelten am letzten Tag von Bern durchs Mittelland nach Langenthal, wo wir erst den Zug bestiegen. Spätestens als ich Meldungen von Gewitter mit Hagel (auch in der Napfgegend) in der Innerschweiz las, war ich überzeugt, dass wir die richtige Wahl getroffen hatten.

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