Eigentlich wäre an diesem letzten Augustwochenende die Familientour des SAC Homberg angesagt gewesen. Aber was man kaum mehr für möglich hielt, trat nun ein: Es regnete, und die Meteorologen nahmen sogar das Wort „Schneefallgrenze“ in den Mund. Also nix mit Berge, dafür nahmen wir an einer Exkursion von Birdlife Aargau in Linn teil.
Bei der Linner Linde
Treffpunkt der Exkursion war die berühmte Linde von Linn, mit 25 Metern Höhe und einem Umfang von 11 Metern dem mächtigsten Baum im Kanton Aargau. Sein Alter wird auf rund 800 Jahre geschätzt. Trotz dem regnerischen Wetter trafen rund 20 Personen ein, die meisten vom örtlichen Vogelschutzverein. Die Begrüssung fand am anderen Ende des Dorfes statt, welches nur aus ein paar Bauernhäuser und anderen Häuser besteht. Linn liegt im Jurapark Aargau, einem von 19 Schweizer Naturpärken. Ob der Nationalparkkandidat Locarnese immer noch dazugehört nach der Ablehnung, weiss ich allerdings nicht. Nachdem die Gemeinden des Park Adula ein Nationalparkprojekt abgelehnt hatten, verlor der Park seinen Status.
Ein selten gewordener Waldtyp
Wir wandern durch das Sagimülital ab. Wie der Name suggeriert, war hier mal eine Sägerei, die mit Wasserkraft betrieben wurde. Unser Ziel ist der Föhrenwald, genauer der Pfeifengras-Föhrenwald. Dieser Waldtyp ist sehr licht, hier wächst eine besondere Pflanzengemeinschaft, die lichtbedürftig ist, aber dennoch zuviel Sonne scheut. Dieser Wald hier in Linn überlebte, so paradox es klingt, dank der Autobahn. Der Kanton kaufte seinerzeit das Land, als die Autobahn auf den Plänen noch über den Bözberg eingezeichnet war. Zum Glück sah man von diesem Schwachsinn ab und baute einen Tunnel. Nun war dieses wertvolle Gebiet in der Hand des Kantons, der es für den ursprünglichen Zweck nicht mehr brauchte. Folgerichtig wurde es zu einem Naturschutzgebiet ernannt.
Herr Gasser zeigt uns anhand von Karten die Entwicklung des Gebietes in den letzten 150 Jahren. Ursprünglich war unterhalb des Föhrenwaldes ein Rebberg, bis die Reblaus den Reben den Garaus machte. Danach wurde es als Weidegebiet genutzt. Der Wald diente bis Ende des vorletzten Jahrhunderts als Weidweide, welche dann aber verboten wurden, um eine Übernutzung des Waldes zu verhindern. Das hatte zur Folge, dass der Wald dichter wurde, dadurch verschwanden viele lichtliebende Pflanzen. Dieser Wald hier konnte wieder ausgelichtet werden, damit diese Pflanzen wieder zurückkommen, darunter viele Orchideen. Allerdings muss die Wiese gemäht werden, da eine Beweidung immer noch verboten und nur mit einer Ausnahmegenehmigung möglich ist.
Wir suchten nun diese Blumen, die um diese Jahreszeit, Ende August, noch blühen. Der Grannen-Klappertopf blühte noch erstaunlich zahlreich, und auch weitere rund 20 Pflanzen trotzen dem Regenwetter und blühen.
Hier wächst noch die Elsbeere
Herr Gasser zeigt uns noch eine Rarität, die hier wieder angesiedelt wird. Und dann weckt ein Baum unsere Aufmerksamkeit. Silvan fragt sich, was das wohl für einer ist. Die Blätter sind denen des Ahorns ähnlich, aber ein Ahorn ist es nicht. Kurz darauf klärt uns Herr Gasser auf: Es handelt sich um die Elsbeere, einem seltenen Baum. Er ist verwandt mit der Mehlbeere, deren Früchte früher dazu verwendet wurden, das Mehl zu strecken. Wir verlassen den Wald wieder, kommen auf die Wiese, die früher ein Rebberg war. Im Wald wurde der Oberboden und Mergel abgetragen, um damit die Rebberge fruchtbarer zu machen. Dies war die Chance für konkurrenzschwache Pflanzen, die wenig Nährstoff brauchen. Auf einer Skabiose paaren sich Blutströpfchen, Bläulinge hängen an den Gräsern und warten auf besseres Wetter.
Die Zeit ist um. Verrückt, wie schnell sie verfliegt, wenn man mit Fachleuten durch so ein spannendes Gebiet zieht. Wir folgen den Schildern des Natur- und Kulturweges zurück ins Dorf, geniessen nochmals die typische Jurahügellandschaft und kehren mit vergrössertem Wissen wieder heim.