Der Pazolastock trennt Uri und Graubünden, der nördlich davon gelegene Oberalppass verbindet die beiden Kantone. Südlich des Pazolastockes liegt der sagenumwobene Tomasee, die Quelle des Vorderrheins. Dieser Fluss fliesst 1230 Kilometer durch mehrere Länder, ehe er in Holland in die Nordsee mündet. Doch wovon träumen 50 Millionen Menschen?
Wovon 50 Millionen Menschen träumen
Wir stehen auf dem Oberalppass, bereit für die Wanderung. Rundum erheben sich Berge, Motorräder rasen lärmend an uns vorbei. Nur etwas passt nicht in die Szenerie, nebst den nervenden Motorrädern: Ein roter Leuchtturm steht auf der Passhöhe. Dieser ist eine Nachbildung des Exemplars, das lange in Hoek van Holland stand, wo der Rhein ins Meer fliesst. In dessen Einzugsgebiet leben 50 Millionen Menschen, die alle angeblich davon träumen, einmal die Quelle dieses lebenswichtigen Stromes zu besuchen. Wir wollen nun nicht mehr nur davon träumen, sondern den sagenhaften Tomasee aufsuchen.
Der Weg führt zuerst neben der lauten Strasse entlang abwärts. Die Kinder fechten auf dem schmalen Weg Positionskämpfe aus, jeder will der Vorderste sein. Nino Schurter, unser Mountainbike-As, hätte seine Freude daran. Bald können wir aber dem Motorenlärm entfliehen, der Weg biegt in südlicher Richtung ab. Es ist September, die Bergwiesen leuchten bereits in herbstlichen Farben, keine Wolke trübt den Himmel. Das Tempo hat nun merklich nachgelassen, die Jungs haben sich ausgetobt. Wir blicken auf die Surselva, die Landschaft „ob dem Wald“ von Flims. Am Fusse des Piz Cavradi liegt die Maighelshütte, ein Ausgangspunkt für weitere schöne Wanderungen im Gebiet. Immer wieder kreuzt ein Bach unseren Weg, an einem davon legen wir eine längere Pause ein.
An der Quelle des Rheins
Nun wird der Weg steiler, dafür naht unser erstes Ziel: Der Tomasee. Bald erblicken wir ihn, das Naturwunder, den Kraftort, den Ursprung des wichtigsten Flusses Westeuropas. Als wir die Dutzenden anderen Wanderer erblicken, ist die Mystik aber etwas dahin. Trotzdem, eine Pause ist hier unbedingt erforderlich, wir geniessen die schöne Landschaft, während die Kinder im Wasser herumwaten und im Matsch stampfen.
Auf zur Badushütte
Der Weg zur Badushütte wird nun steiler. Aber schon bald erreichen wir deren sonnenbeschienene Terrasse. Wir geniessen den restlichen Nachmittag, die Kinder sind rund um die Hütte unterwegs, ohne dass man sie ständig im Auge behalten muss. Der temporäre Hüttenwart (die Hütte wird von Freiwilligen der SAC-Sektion Manegg bewartet) erzählt uns nach dem feinen Nachtessen etwas über die Hütte und andere Geschichten.
Zwei Gipfel auf einen Streich
Start am nächsten Morgen, gleich hinter der Hütte steigt der Weg an zur Martschallücke. Immer wieder hören wir Murmeltierpfiffe, ab und zu huscht eines in sein Erdloch. Bald erreichen wir den Grat und erblicken auf der anderen Seite das Urserental sowie die Berge des Furkagebietes. Nun die entscheidende Frage: Wer will auf zwei Gipfel? Eine Handvoll entscheidet sich für den Rossbodenstock, der Rest wandert direkt zum Pazolastock. Um auf ersteren zu gelangen, müssen wir zuerst wieder absteigen und einen schmalen Grat überqueren. Nach einem kurzen Aufstieg, der Trittsicherheit erfordert, erreichen wir den Gipfel, oder besser das Plateau. Er ist nämlich eine grosse Ebene, wo es schwierig ist zu entscheiden, welches wohl jetzt der höchste Punkt ist. Jedenfalls geniessen wir hier eine prachtvolle Aussicht.
Zum Gipfel Nummer zwei
Nach einem kurzen Aufenthalt machen wir uns wieder auf den Rückweg. Der Weg von der Martschallücke zum Pazolastock fällt zur linken Seite steil ab, wir mahnen nochmals zur Konzentration. Auf dem Pazolastock treffen wir die anderen der Gruppe. Die Aussicht ist auch hier fantastisch, wir haben genügend Zeit, die Berge zu bestimmen. Nach der ausgiebigen Pause nehmen wir den steilen Abstieg in Angriff. Auch dieser Weg verlangt volle Konzentration. Mit seinen vielen Kurven gemahnt er an das Stilfser Joch mit seinen endlos vielen Kehren. Wir haben zum Glück nicht so viele zu bewältigen, schon bald wird der Weg flacher. Wir kommen an Stellungen aus dem Zweiten Weltkrieg vorbei. Diese waren Bestandteil des Reduit, der Alpenfestung im Gotthardgebiet. Allmählich dröhnt der Strassenlärm wieder zu uns herauf, das bedeutet, dass wir bald wieder beim Leuchtturm auf der Passhöhe stehen und wir um zwei Gipfelerlebnisse reicher sind.
Info
Wir haben die Tour im Herbst 2012 unternommen. Die Angaben wurden, wo nötig, angepasst. Die Wanderung ist mit ausdauernden Kindern gut machbar.
Start: | Oberalppass |
Ziel: | Oberalppass |
Charakteristik: | Schöne Bergtour zur Quelle des Rheins in alpiner Umgebung. |
Schwierigkeit: | T3, Tomasee und Badushütte T2 |
Gipfelhöhe: | Rossbodenstock 2836 m, Pazolastock 2740 m |
Distanz: | Oberalppass – Badushütte 5 km Badushütte – Pazolastock – Oberalppass 5.5 km |
Wanderzeit: | Oberalppass – Tomasee – Badushütte 2 ½ Stunden Badushütte – Pazolastock – Oberalppass: 2 Stunden |
Höhendifferenz: | Oberalppass – Badushütte: 600 Meter Badushütte – Pazolastock: 350 Meter |
Einkehren: | Badushütte |
Übernachten: | Badushütte (Voranmeldung mindestens eine Woche vorher) |
Jahreszeit: | Juli – September |
Karten: | Karte 1:25‘000 Blatt 1232 Oberalppass, Wanderkarte 1:50‘000 256T Disentis |
GPS-Track: | Rossbodenstock-Pazolastock |
Route: | 1. Tag: Von der Passhöhe Oberalp östlich Richtung Graubünden zuerst absteigen, dann südwärts dem Hang entlang zum Tomasee aufsteigen. Vom See entweder wieder zurück bis zur Lücke und dem Wegweiser Badushütte folgen, oder beim Tomasee weiter westwärts und auf diesem Weg zur Badushütte
2. Tag: Von der Badushütte dem Weg gleich hinter der Hütte folgen zur Martschallücke. Von dort nordwärts über wenig ausgesetzten Grat zum Pazolastock. Steiler Abstieg nach Westen bis Punkt 2577, von dort nordostwärts zurück zum Oberalppass. |
Für Gemütliche: |
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Für Sportliche: |
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Höhepunkte: |
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Geocaches in der Nähe: | GC3RNQ9, GCXCFQ, GC1ANNN, GC2CPZF, GCQF4K, GC19MPA |
Dann gibt es noch… |
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Links: | Disentis Sedrun Andermatt Badushütte |
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