„A Day at the Races“ heisst ein legendäres Album der noch legendäreren Rockband Queen. Auch wir waren „A Day at the Races“, genauer gesagt war es nur ein Race, das Birdrace. Einen Tag lang suchten wir nur eines: Vögel.

Ziel war es, möglichst viele Arten zu finden. Im Vorfeld wurden Spender gesucht, die pro gesichtete Art einen Betrag zahlen. Wir sprachen niemanden direkt an, erwähnten unser Vorhaben und den Zweck aber bei Anlässen. Der Zweck war nämlich, Artenförderungsprogramme von Ficedula, dem Tessiner Verband von BirdLife, in der Magadinoebene zu unterstützen. Im Vorfeld rechneten wir mit rund 70 Arten, da wir uns auf den Aargau beschränkten.

Start am Freitag

Das Birdrace startete am Freitagabend um 21 Uhr. Silvan und ich machten mit der Frau im Wald ab, sie war vorgängig an einer Versammlung des SAC, wo sie nochmals (erfolgreich) die Werbetrommel rührte. Wir schlenderten durch den dunklen Wald, hoffend, dass sich ein Waldkauz bemerkbar macht. Dieser blieb aber stumm, alles, was wir hörten, war das Flügelklatschen einer Ringeltaube. Von daher hat es sich nicht gelohnt. Learning 1 fürs nächste Birdrace.

Früh aufstehen am Samstag

Um 5:41 Uhr bestiegen wir den Zug mit dem Ziel Koblenz (das in der Schweiz). Sobald es hell wurde, spähten wir aus dem Fenster, um die ersten Vögel zu entdecken. Das waren Graureiher, Rotmilan und Ringeltaube. In Koblenz stiegen wir aus, schon auf dem Bahnhofplatz entdeckten wir überall Vögel, die Liste wurde länger.

zwei personen halten mit ferngläsern ausschau nach vögeln

Am ersten Bach zischte das erste Highlight vorbei, ein Eisvogel. Vom Stauwehr Klingnau aus entdeckten wir die ersten Limikolen, Flussuferläufer. Auf der anderen Seite des Wehres waren wir um 8 Uhr bereits bei über 30 Arten!

Im Giritz

Der angrenzende Auenwald, Giritz genannt, versprach einige zusätzliche Arten. Silvan kannte das Gebiet, war er doch erst die Tage davor im Zivildiensteinsatz dort. Aufmerksam streiften wir durch den Wald, horchten hinein. Wieder konnten wir ein paar Arten der Liste hinzufügen, darunter den Waldwasserläufer und den Kleinspecht. Aber das Highlight war der Fischadler, der über uns hinwegflog.

Am Klingi

Noch waren wir gar nicht am Ort, wo die meisten Arten zu erwarten sind, beim Beobachtungsturm am Klingnauer Stausee. Hier kamen verschiedene Entenarten und Limikolen hinzu. Und zu unserer grossen Freude ein Tüpfelsumpfhuhn, eine Erstbeobachtung für uns alle. Der Morgen war schon fortgeschritten, wir gönnten uns eine Pause mit einem Kaffee im BirdLife-Besucherzentrum.

Tüpfelsumpfhuhn im Fernrohr

Weiter ins Reusstal

Das nächste Ziel war die Stille Reuss und der Flachsee bei Rottenschwil. Während des Birdraces darf man sich nur zu Fuss, mit dem Bio-Velo oder im ÖV fortbewegen. Deshalb bestiegen wir in Döttingen den Zug, eineinhalb Stunden dauerte die Fahrt. Genug Zeit, sich auszuruhen und zu essen. Aber auch während der Zugfahrt spähten wir nach Arten, die wir noch nicht auf der Liste hatten. Angekommen in Rottenschwil, wandten wir uns zuerst der Stillen Reuss zu. Wir genossen die warme Sonne, bekamen allerdings nicht viele Vögel zu sehen.

Am Flachsee gab es dann wieder einige Arten, dort trafen wir auch die erste und einzige andere Birdrace-Gruppe. Diese starteten auf der Fräkmüntegg und fuhren per Velo der Reuss entlang. Wir konnten noch unter anderen den Zwergstrandläufer, Kampfläufer und Grünschenkel notieren. Leider waren die vier Raubseeschwalben nicht mehr anwesend, die wir am Sonntag zuvor gesichtet hatten. Am meisten freuten wir uns aber über die zwei Hohltauben, die zusammen mit zwei Ringeltauben auf einem Acker nach Fressbarem suchten.

Heimwärts

Wir beschlossen heimzukehren, nicht ohne nochmals den Wald zu durchqueren. In Beinwil wanderten wir hoch Richtung Wald, da entdeckte Silvan einen Wanderfalken! Art Nummer 84 auf der Liste! Damit hätten wir jetzt wirklich nicht gerechnet. Im Wald hörten wir ein lautes, ungewohntes Rufen. Wir gingen dem entgegen, obwohl es bereits eindunkelte. Da sahen wir sie: Zwei Baumfalken! Die 85. und letzte Art! Damit hatten wir alle drei heimischen Falkenarten sichten können, wie wunderbar. Müde und glücklich legten wir die letzten Meter zurück und kamen um halb neun am Abend zu Hause an. Wir freuen uns schon aufs nächste Jahr.

Sichtung der letzten Art: Baumfalken

Fazit

Es macht grossen Spass, einen Tag lang nichts anderes zu tun als Vögel zu suchen, sich eine Strategie überlegen, wie man am effizientesten die Gebiete verbindet. Insgesamt fanden wir 85 Vogelarten, 15 mehr, als wir geschätzt hatten. Damit holten wir den Sieg für die Region Zentralschweiz-Aargau. Allerdings waren auch nur zwei Teams platziert, die zweiten hatten eine Arte weniger, beschränkten sich aber meines Wissens gar auf ihre Wohnumgebung. So gesehen eine noch grössere Leistung, Chapeau!

Bei den Spendensammlern waren wir nicht vorne dabei, aber wir konnten immerhin 1155 Franken generieren. Kein schlechtes Ergebnis, für dass wir nicht direkt Personen ansprachen, finde ich.

Wir sind nächstes Jahr wieder dabei, werden aber statt am Abend vorher noch in den Wald gehen dasselbe am Morgen früh machen und in Beinwil auf den Zug gehen. Das Ziel werden wir auf 90 Arten festlegen, damit Spender nicht überrascht werden. Vielleicht.

2 thoughts

  1. Schon geahnt, dass der Klingnauer Stausee sehr artenreich sein kann, speziell während der Zeit des Vogelzuges, aber gleich so, überrascht mich doch. Lese immer wieder gerne deine Berichte und Erlebnisse aus der Natur. Sehr schönes Blog.

    1. Vielen Dank, Urs. Ja, der Klingnauer Stausee ist extrem artenreich, es wurden schon insgesamt über 310 Vogelarten gesichtet, zum Teil natürlich auch Einzelbeobachtungen.

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