Sommerfrische im Oberengadin. Das tönt ziemlich altbacken, aber zumindest in diesem Sommer traf es zu, war es doch regelrecht erfrischend im Vergleich zum Unterland. Während dort eine Hitzewelle die Bevölkerung stöhnen liess, konnte man hier auf 1700 Meter angenehme Temperaturen geniessen. Und etwas unternehmen.

Was für eine Aussicht!

Ferienort gesucht

Bei der Suche nach dem Ferienort taten wir uns ein wenig schwer. Folgende Faktoren waren entscheidend: In der ersten Woche sind wir zu viert, in der zweiten zu zweit, die Jungs waren dann im Kletterlager im Albigna. So mussten wir zwei Orte suchen, wegen der Grösse der Wohnung und natürlich auch wegen der Abwechslung. St. Moritz kam nicht in Frage, zu teuer, zu touristisch, zu mondän – nicht unser Stil.

Pontresina

In Pontresina waren wir schon mal und hatten gute Erfahrungen gemacht. So suchten wir wieder eine Wohnung dort und wurden glücklich damit.

Maloja

Für die zweite Woche fand die Frau eine Wohnung in Maloja, die perfekt gelegen war: Weg von der Passstrasse mit viel Verkehr, vor der Terrasse nur noch Wiese und Berge, so dass wir uns sogar beim Kaffee an den Braunkehlchen erfreuen konnten.

Die ganzen zwei Wochen brauchten wir das Auto ausser für den Ortswechsel nur einmal, für die Val Trupchun. Dort kommt man leider mit dem ÖV nur sehr schlecht und spät hin. Ein Vorschlag an alle Tourismusdestinationen: Warum kann man nicht für eine oder zwei Wochen eine Art Generalabonnement für das Einzugsgebiet des Ferienortes anbieten? Das würde den privaten Autoverkehr sicher vermindern, der zusätzlich zu dem von den ständigen Bewohnern kommt.

Natur

Natürlich kriegt man im Engadin Natur satt, sie ist allerdings auch kaum mehr ursprünglich und wild, ausser im Nationalpark. Noch ist der Zustand hier besser als im Unterlang, das zeigen die zahlreichen Braunkehlchen, die wir gesichtet haben. Aber auch hier wird die Landwirtschaft immer intensiver, vorab im Talboden. Wir haben uns aufs Schöne konzentriert und vieles gefunden.

Wir konnten ganz viele schöne Beobachtungen machen. Für die Blumen war es Ende Juli, anfangs August schon ein bisschen spät, es blühten nicht mehr so viele. Um die Natur in Ruhe zu geniessen, haben sich diese Grundsätze bewährt:

  • Früh starten
  • Leicht erreichbare Orte meiden
  • Karte studieren, um eventuell weniger begangene Wege zu finden

Ja, Natur erleben kann anstrengend sein, aber sie ist es Wert.

Wanderungen

In Maloja gibt es eine schöne, kurze Rundwanderung um den Belvedere-Turm, der längst nicht so alt ist, wie er vermuten lässt. Der Bau wurde 1882 von Graf Camille de Renesse initiiert. Schautafeln erklären die Gletschermühlen, die dort entdeckt wurden. Bilder zum Rundgang sind oben im Abschnitt „Maloja“.

Ein weiterer schöner Spaziergang, zum Beispiel am Abend, führt am Maloja Palace vorbei an den Silsersee. In Pontresina empfiehlt sich zum Einlaufen eine Wanderung dem Flaz entlang nach Samedan.

zwei wandernde personen
Es ist nach wie vor flach

Auch einfach, aber weit, ist die Wanderung in die Val Roseg. Wenn man so lange braucht wie wir, weil wir immer wieder etwas entdeckt haben, kommt man unweigerlich in den Rummel, der aber nach dem Restaurant zum Talschluss hin wieder abnimmt.

bach, im hintergrund berge

Und wenn man im Engadin ist, muss man fast zwangsläufig den Nationalpark besuchen. Am meisten Tiere verspricht die Val Trupchun. Diesmal machten sich Gämsen und Steinböcke rar, Hirsche, Murmeltiere und Bartgeier (wenn auch weit weg) erfreuten uns dennoch.

In Maloja unternahmen wir eine eher kurze Wanderung zu den beiden Bergseen Lägh da Cavloc und Lägh da Bitabergh. Perfekt am Wendepunkt liegt ein Bergrestaurant, wo man sich etwas genehmigen kann.

Spiegeleien

Im Bergell kriegten wir eine Ahnung, wie heiss es im Unterland ist. Wir unternahmen dort eine kurze Wanderung von Castasegna nach Soglio.

blick auf soglio, wald und steile flanken im hintergrund

Wenn schon im Bergell, empfiehlt sich ein Besuch der Albignahütte. Eine Seilbahn erspart 1000 Höhenmeter, von der Staumauer aus ist es nicht mehr so weit bis in die Hütte. Belohnt wird man mit einer wunderschönen Landschaft, aber auch hier leiden Gletscher unter der Klimaerhitzung. Anfangs der Neunzigerjahre hätten wir als Aspiranten für Patrouillenführer im Militär die Cima dal Cantun Nordwand klettern sollen, als reine Eistour. Heute ist das gar nicht mehr möglich, weil schlicht kein Eis mehr vorhanden ist.

Ein schönes Gipfelziel ist der Piz Lunghin. Auf dem Weg dorthin kommt man an einem speziellen Ort vorbei, der einzigen Dreifachwasserscheide in Europa. Und die Aussicht vom Gipfel ist einfach sagenhaft.

frau auf dem gipfel, unten ein see
Die letzten Schritte zum Gipfel

Mountainbike- und Velotouren

Natürlich eignet sich das Engadin hervorragend zum Biken, es ist gar ein Hotspot dafür. Ob abfahrtsorientiert wie unser Junior Fabian, der zweimal nach St. Moritz fuhr, um die berühmten Abfahrtsstrecken zu fahren, oder eher gemütlich wie die Frau und ich, es hat für alle etwas. Eine gemütliche Runde ist jene zum Stazersee, dann runter nach Samedan an der berühmten Kirche San Gian mit der Turmruine vorbei und dem renaturierten Inn entlang bis La Punt Chamues-ch, anschliessend wieder zurück.

Eine richtige, anspruchsvolle Biketour ist der „Bernina Express“ über den Berninapass hinunter nach Poschiavo. Mit dem Zug gelangt man wieder zurück nach Pontresina.

Etwas weniger schwierig ist die Biketour den beiden obersten Seen entlang von Maloja nach Silvaplana Surlej und oben durch wieder zurück. Dort fängt dann das richtige Biken an.

Ein genussvoller Singletrail

Eher eine Velotour ist dann jene ins Val Fex. Diese ist mit einem normalen Velo problemlos machbar, fast am Ende des Tales wartet ein Restaurant, wo man gerne einkehrt.

3 radfahrer in einem tal, umgeben mit bergen

Eine kleine Bikerunde machten wir 2010 mit unseren noch kleinen Jungs nach Morteratsch von Pontresina aus. Silvan fuhr auf dem Trailer mit. Es war damals eine Tagestour, heute würden wir die Runde vor dem Frühstück machen. Lohnen tut sie sich aber auf jeden Fall.

Die kleine Rote im Grünen
Die kleine Rote im Grünen

Aber natürlich kann man auch ganz dem Inn entlang, von Maloja bis nach Innsbruck oder gar nach Passau. Wir sind seinerzeit 2013 in St. Moritz gestartet und bis nach Innsbruck geradelt.

Anreise

Wir reisten (wohl vorläufig ein letztes Mal) mit dem Auto an, da wir die Bikes dabei hatten und viel Gepäck wegen des Lokationswechsels und die Jungs ihr Klettermaterial noch dabei hatten. Grundsätzlich ist aber das Engadin gut erreichbar mit dem Zug. Nur für die Val Trupchun ist ein Auto fast unterlässlich, da man von Pontresina bis Varusch, dem Parkeingang, fast eine Stunde braucht mit dem ÖV und man dort erst um neun Uhr starten kann. Um diese Zeit wollen wir längst unterwegs sein. Von Maloja aus erreichten wir alle Ziele direkt von der Haustüre aus oder mit dem Postauto.

 

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