Der SAC Homberg nahm unsere Familie wieder mal mit auf eine Skitour in ein bekanntes Gebiet: Dem Lidernengebiet oberhalb des Urnersees. Das Ziel: Der Rossstock, für uns ein alter Bekannter. Wir Eltern waren schon öfters auf dem Gipfel, mit den Kindern schafften wir es vor drei Jahren im Sommer. Und vor einem Jahr versuchten wir es erstmals mit den Skis auf der berüchtigten Krisentour. Wir waren also gespannt, ob wir es diesmal schaffen werden.
Die Voraussetzungen dazu sahen am Samstag auf den ersten Blick gar nicht gut aus: Wir fuhren im Schneegestöber mit der rustikalen offenen Seilbahn hoch. Es schneite und schneite, die Sicht war ziemlich eingeschränkt. Zum Glück war die Lidernenhütte nur eine Viertelstunde entfernt. Der Tourenleiter und eine Teilnehmerin, die bereits eine Tour unternommen und zu Übungszwecken ein Biwak gegraben hatten, sehnten sich nach der Wärme und Trockenheit der Hütte und gingen schon mal voran, während wir uns noch bereit machten. Als auch wir kurz vor der Hütte waren, verdeckte ein Schneerutsch die Spur. Der muss gerade zwischen unseren Kollegen und uns abgegangen sein! Kurz darauf konnten auch wir uns in der Hütte verkriechen. Allmählich füllte sie sich, auch Dank Kursen der Bergsteigerschule Berg & Tal. Das Gebiet ist ideal für Kurse und Anfänger. Pius und Irene, die Hüttenwarte, und ihr Team zauberten ein feines Nachtessen auf den Tisch, so dass wir gestärkt waren für den nächsten Tag. Vor dem Zubettgehen nochmals die Nase rausstrecken: Es regnet! So ein Sch…
Am nächsten Morgen regnete es wenigstens nicht mehr. Beim Frühstück gesellte sich unser JO-Chef zu uns, der extra aus der Ostschweiz angereist war. Draussen hingen immer noch dunkle Wolken am Himmel. Wir machten uns bereit und gingen nach draussen. „Mann, ist das warm!“, entfuhr es mir. Der viele Schnee, der tags zuvor gefallen war, war natürlich durch und durch nass, eine richtige Pampe. Das konnte ja noch lustig werden mit der Abfahrt. Wir starteten Richtung Schmalstöckli, als ich plötzlich ein Knarren hörte: Alpenschneehühner! Gesehen hatte ich sie allerdings nicht. Vor dem Schmalstöckli drehten wir rechts ab, einen steilen Hang hoch, Spitzkehre um Spitzkehre. Gruppe um Gruppe verliess nun die Lidernenhütte, die meisten mit demselben Ziel wie wir, dem Rossstock. In gleichmässigem Tempo stiegen wir höher. Die Aussicht wurde immer besser, man sah ins Mittelland, in den Jura und in den Schwarzwald. Der Vierwaldstättersee und der Sempachersee hoben sich als helle Flecken vom Dunkel des schneelosen Mittellandes ab. Plötzlich flüsterten die Vordersten: „Silvan, komm schnell!“ Schon flogen zwei Schneehühner mit den typisch knarrenden Lauten an uns vorbei! Wunderbar!
Zeit für eine Pause und sich wieder mal richtig umzusehen. Immer mehr Berge kamen ins Sichtfeld, auch den Titlis sah man, hier aus einer ungewohnten Perspektive. Auch die Städte Luzern am Vierwaldstättersee und Zürich mit dem Zürichsee konnte man gut erkennen. Wie nah beieinander doch alles liegt. Der Gipfel rückte näher. Ich blickte mich mal um und begann die Leute zu zählen: Rund 50 Personen konnte ich auf die Schnelle zählen! Ein Geheimtipp ist der Rossstock definitiv nicht. Von wegen Einsamkeit der Berge. Aber das wussten wir ja zum Vornherein. Zum Gipfel hin wurde der Schnee immer harter. Vor dem Gipfelaufschwung machten wir ein Skidepot. Gar nicht einfach, die Skis im harten Schnee zu fixieren, zumal jetzt auch noch starker Wind aufgekommen war. Zu Fuss gingen wir weiter. Scheinbar hatte es auch auf dieser Höhe noch geregnet in der Nacht, die Oberfläche war zum Teil vereist. Fabian hatte einen richtigen Gipfeldrang, er ging allen voran und bewegte sich auf dem heiklen Terrain, als würde er auf dem Trottoir gehen. Der Grat wurde immer schmaler, bis er im Gipfel kulminierte. Geschafft! Fabian konnte endlich wieder mal einen Gipfel besteigen auf einer Skitour, wie er es sich schon lange gewünscht hatte. Wir genossen aber die Aussicht nur kurz, heftige Böen machten den Aufenthalt unangenehm und auch nicht ganz ungefährlich, vor allem für die Leichtgewichte. Silvan erreichte auf allen Vieren den Gipfel ebenfalls, er hatte normale Pistenschuhe, was das Gehen noch heikler machte. Für ein gemeinsames Gipfelfoto waren die Verhältnisse zu widrig, wir stiegen wieder ab zum Skidepot.
Jetzt wäre eigentlich der Höhepunkt der Tour gekommen, die Abfahrt, aber wie erwähnt liessen die Schneeverhältnisse sehr zu wünschen übrig. Die ersten paar Meter gingen noch einigermassen, die Unterlage war hart. Dann aber folgte der Nassschnee, was es fast verunmöglichte, schöne Kurven zu fahren. Dafür riss die Wolkendecke auf, die Sonne eroberte sich den Himmel. Wir kämpften uns nach unten, am meisten Mühe bekundete Fabian. Er konnte nicht runterschwingen wie üblich, schon glaubte er, er könne nicht skifahren. Dass die anderen ebenso Mühe hatten, änderte seine Meinung nicht.
Wir blickten Richtung Hagelstock in ein Tal, das von steilen Hängen und oben von Felsen gesäumt war. Unten gingen Skitouristen. Ich würde mich um diese Zeit (es war um die Mittagszeit) und bei der Wärme dort nicht hoch getrauen. Wie heisst es so schön: Es ist nicht schwer, ein guter Bergsteiger zu werden, ein alter hingegen schon. Und einige verlassen sich wohl voll aufs Glück. Wir beobachteten prompt eine Lawine, die über die Felsen stürzte und sich dann zu Tale wälzte. Zum Glück waren an der Stelle keine Personen unterwegs. Wir erreichten die Bergstation der Chäppelibergbahn, die Abfahrt nach Chäppeliberg schenkten wir uns. Trotz dem faulen Schnee: Es war eine tolle Tour, die Kinder konnten einen richtigen Gipfel mit den Skis besteigen. Den Abschluss der Tour genossen wir im Restaurant Kaiserstock in Riemenstalden, wo wir auf der Gartenterrasse die Sonne genossen und den Durst löschten.
Auf der Heimfahrt besichtigten wir die Hohle Gasse, in der unser Nationalheld Wilhelm Tell dem Vogt Gessler aufgelauert und ihn erschossen haben soll. Die Kinder nehmen aktuell die Tell-Sage durch in der Schule, da bietet sich so ein Besuch an, wenn die Gasse schon am Heimweg liegt. Nach der Tellsplatte und -kappelle im letzten Jahr besuchten wir somit wieder einen Originalschauplatz. Ja, Skitouren bilden (auch).
Info
Start: | Bergstation Chäppeliberg oder Lidernenhütte |
Ziel: | Tal- oder Bergstation Chäppeliberg oder Lidernenhütte |
Höhenmeter: | 750 Meter |
Dauer: | 3 – 4 Stunden |
Schwierigkeit: | L |
Höhepunkte: | Aussicht, Schneehühner |
Übernachtung: | Lidernenhütte |
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