Die sagenumwobene Val Roseg gehört natürlich auch aufs Tourenprogramm, so viel hat man ja schon gehört von diesem schönen Tal. Ob dem so ist, wollten wir natürlich selber überprüfen, allerdings gab es dann ein Planänderung in der Val Roseg. Aus Gründen.
Im Märchenwald
Wir starten um halb acht, Pontresina scheint noch wie ausgestorben. Gut so! Unser Ziel soll die Corvatsch Mittelstation Murtèl sein. Wir tauchen in den Wald ein, uns umgibt eine wunderbare Stille. Nur Vögel huschen und fliegen umher. Wir beobachten eine Spechtfamilie, ungefähr fünf Buntspechte brechen die Stille und machen mit ihren Rufen auf sich aufmerksam. Haubenmeisen und Tannenmeisen wuseln in den Ästen herum auf der Suche nach Nahrung.
Der Wald ist licht, Nebelfetzen hängen in den Ästen, es ist märchenhaft. Mit offenen Augen und Ohren schlendern wir auf dem breiten Wanderweg, wir kommen nur langsam vorwärts. Aber wir haben ja auch keine Eile.
Seitenwechsel
Plötzlich stehen wir vor Absperrband, der Wanderweg ist gesperrt, eine Umleitung markiert. Jä nu, wir wechseln halt über die Ova da Roseg, wie der Rosegbach auf rätoromanisch heisst. Statt aber direkt auf die Strasse zu gelangen, streifen wir auf einem schmalen Pfad dem Ufer entlang. Nach ungefähr 300 Meter müssen wir doch auf die Strasse, was wir für eine kurze Pause nutzen. Da kommt auch schon die erste Pferdekutsche angerollt. Das Tal ist autofrei (zumindest in der Theorie, bei uns fuhren ständig Autos vorbei), wer sich den Fussmarsch ersparen will, kann in Pontresina in eine Kutsche steigen.
Immer mehr
Der Morgen schreitet voran, wir weniger, so dass uns immer mehr Leute überholen. Dafür entdecken wir nicht weit von der Strasse Murmeltiere, am Gegenhang einen Adler. Bei einem Wasserfall machen wir Mittagspause, während nun pausenlos Leute an uns vorbeigehen und -fahren. Der Bach tost, riesige Wassermengen rauschen zu Tal. Kein Regen, alles Schmelzwasser. Die Gletscher gehen den Bach runter, wortwörtlich.
Wir kommen beim Gasthaus Roseg an, wo wir uns entscheiden müssen: Hoch zur Fuorcla Surlej wie geplant oder doch wieder zurück angesichts der fortgeschrittenen Zeit? Silvan will nicht mehr hoch, lieber noch die Natur hier erkunden, auch wir finden, dass es bereits zu spät ist, um noch dort hochzuwandern. Was wir nicht bedacht haben: Kilometermässig wäre es weniger weit, als durch das ganze Tal zurückzuwandern. Jedenfalls gehen wir noch weiter ins Tal hinein.
Es wird wild
Die Strasse weicht nun einem Wanderweg, abwechslungsreiche Wiesen säumen diesen. Schmetterlinge flattern umher. Silvan ist ganz aus dem Häuschen, er hat Apollo-Falter entdeckt. Das dauert nun eine Weile, bis er die fotografiert hat. Bei der Alp Ota Suot gabelt sich der Weg, aber beide führen zur Coaz-Hütte. Da wollen wir zwar nicht hin, aber zum Lej da Vadret, dem Gletschersee. Die Landschaft ändert sich, es sieht aus wie in der Tundra.
Ein Mann kommt uns entgegen, verschlammt bis zu den Knien. „Wollt ihr zur Coaz-Hütte? GEHT! NICHT! HIER! DURCH!“ Hatten wir nicht vor, aber danke für die Warnung. Ein Murgang hat beim Gewitter letzte Nacht den ganzen Weg hüfthoch mit Schlamm bedeckt. Entweder kämpften sie sich da durch, oder sie kehrten wieder um und nahmen den oberen Weg. Es kommen noch mehrere Leute entgegen, alle warnen uns. Das weckt natürlich unsere Neugier. Bald sehen wir das Ausmass: Eine Geröll- und Schlammlawine hat sich über hundert Meter breit in die Ebene ergossen!
Ein echter Naturfreund
Wir verzichten auf den Besuch des Sees, es gibt hier schon genug zu sehen. Nach einer kurzen Pause kehren wir zurück. Natürlich schauen wir uns um, da entdecken wir am Himmel einen Bartgeier! Allerdings nur kurz, dann verschwindet er. Kurz darauf setzt er sich auf einen Felsen am Horizont, wir können ihn grad noch so erkennen mit den Ferngläsern. Ein Turmfalke taucht auf, fliegt dauernd Angriffe, der Geier breitet zur Abwehr seine mächtigen Schwingen aus. Da kommt jemand entgegen und fragt, was wir da sehen. „Einen Bartgeier, dort oben auf dem Felsen, der Turmfalke attackiert ihn.“ Er guckt mit seinem Fernglas: „Tatsächlich, so schön, super!“ Er ruft seiner Begleitung, die ein wenig voraus war. Endlich mal ein richtiger Naturfreund, der sich wirklich freut. Einer, für den es nicht nur Steinböcke, Gämsen und Murmeltiere gibt.
Auf dem weiteren Weg locken wieder die Schmetterlinge, Silvan kann kaum aufhören mit fotografieren. Ich versuche mich auch als Naturfotograf, meine Ausrüstung ist aber nicht ideal dafür, aber das Resultat ist auch nicht übel. Ab jetzt halten wir nicht mehr so oft an, denn der Tag ist schon fortgeschritten. Unterhalb des Wasserfalls vom Morgen passe ich den Bergstelzen ab, ich erwische sie auch recht schön. Der Wald ist nun nicht mehr märchenhaft, aber wir geniessen es doch. Und merken, wie weit wir eigentlich gegangen sind, denn es zieht sich. Am Schluss haben wir rund 22 Kilometer in den Beinen. Über die Fuorcla Surlej wären es nur 14 Kilometer gewesen, dafür mehr Höhenmeter. Diese sparen wir uns fürs nächste Mal auf.
Info
Die Val Roseg ist ein sehr schönes Tal, das unbedingt einen Besuch Wert ist. Leider wissen das ganz viele Leute, es lohnt sich also, früh zu gehen oder die erste Kutsche zu nehmen, sie fährt aber erst um 10:10 Uhr ab Bahnhof Pontresina.
Start: | Pontresina |
Ziel: | Pontresina |
Strecke: | Pontresina – Restaurant Roseg Gletscher – Vscha da Samedan retour |
Distanz: | 22 Kilometer |
Höhenmeter: | 500 Meter |
Wanderzeit: | 5 Stunden |
Schwierigkeit: | T1 |
GPS-Track: | Route Val Roseg |
Höhepunkte: | Wald, Schwemmebene, Berge rundherum |
Alternative: | Über die Fuorcla Surlej zur Corvatsch Mittelstation Murtèl, mit dem ÖV zurück |
Relive ‚Ins Val Roseg und zurück‘
Ist logisch das um diese Zeit Autos da hin fahren. Um das Restaurant zu betreiben braucht es Personal. Der Rest vom Tag sind nur Kutschen und Wohlis Pferdeomnibus, teils auch Secsspaennig unterwegs. Und natürlich Biker und im Winter Variantenskifahrer.
Ich bin von St.Moritz über den Stazersee nach Pontresina und weiter ins val roseg gewsndert und bis nach Pontresina zurück. Eine lange aber sehr schöne Eanderung mit tollen Eindrücken.