Die Jungs waren im Bergsteigerlager des SAC, die Frau und ich hatten also freie Bahn. Sie hatte noch einen Hotelgutschein, den wir in Braunwald einlösen wollten. Die Anreise sollte aber nicht schnöde mit Auto oder Zug erfolgen, sondern wir wollten zu Fuss nach Braunwald.
Zum Waldisee
So besteigen wir also zu Hause den Bus nach Luzern und fahren dann mit dem Voralpenexpress dem Vierwaldstättersee, dem Zugersee und dem Lauerzersee entlang nach Schwyz. Nach zwei weiteren Busfahrten und fast drei Stunden haben wir unser Ziel, die Haltestelle „Schlänggen“ im Nirgendwo des Bisistals, erreicht. Über blühende Alpweiden steigen wir hoch, Wolken umhüllen die Gipfel der Schwyzer Voralpen. Auf einer Alp legen wir eine Pause ein, hören Murmeltiere und erblicken irgendwelche Hühnervögel, können sie aber nicht bestimmen. Wir denken, dass es vom Ort her am ehesten Birkhühner sein könnten. Kurz darauf fragen wir den Älpler, der vor der nahen Alphütte jeweils kurz mit den Wanderern plaudert. Er hat aber keine Ahnung, ob es hier Birkhühner gibt.
Einkehr vor den Tropfen
Am Waldisee, einem Stausee, kehren wir ein, es hat, trotz der Wolken, Durst gegeben. Zu unserem Leidwesen, aber nicht jenem des Wirtes, kann man ohne Problem bis hier hoch auf diese Alp fahren mit dem Auto. Könnte man das nicht, wäre das Restaurant einige der Gäste unerreichbar. Der Himmel verdunkelt sich, wir brechen auf. Ein paar Tropfen warnen uns, aber bald darauf kommt die Sonne wieder. Etwas weiter unten wollen wir eine Abkürzung nehmen, die wir auf der Karte gesehen haben. Da war aber nichts mehr, alles zugewachsen. Im Winter war es einfacher, hier hochzukommen. Steigen wir halt der Strasse entlang ab. Bald langen wir beim „Sahli“ an, dem Restaurant in der Nähe der Glattalpbahn-Talstation.
Wir melden uns zur Übernachtung an. Die Wirtin zeigt uns die „Älpler-Suite“, eine kleine Kammer, aber mit einem Doppelbett. Die Dusche ist im Keller, gleich neben den WCs, die auch die Restaurantgäste benutzen. Sehr einfach, aber zweckmässig. Und die Wirtin ist ein Original, hat viel zu erzählen und kennt wohl alle Einheimischen. Ihr ist auch aufgefallen, dass dieses Jahr viel mehr Leute in die Berge fahren. “ Es hat viel mehr Städter als normal“, meint sie, und meint damit Leute, denen man schon von 100 Meter Entferung ansieht, dass sie nicht in die Berge gehören. Uns sieht sie offenbar als Bergler an.
Start: | Haltestelle „Schlänggen“, Bisistal |
Ziel: | Talstation Glattalpseilbahn, Bisistal |
Strecke: | Haltestelle „Schlänggen“ – Rinderplangg – Waldisee – Gross Gade – Talstation Glattalpseilbahn, Bisistal |
Distanz: | 6 Kilometer |
Höhenmeter: | 400 Meter |
Dauer: | 1 ¾ Stunden |
Schwierigkeit: | T2 |
GPS-Track: | Waldisee |
Höhepunkte: | Waldisee, Ambiente in dem Talkessel, Einkehren im Bergrestaurant |
Alternative: | Start in Muotathal |
Zu Fuss nach Braunwald
Um acht fährt die erste Bahn hoch zur Glattalp. Um Viertel vor sind wir parat, aber es stehen schon viele Leute an, die Bahn fährt ununterbrochen (es gibt nur eine Gondel). Wir wollen Billette lösen: „Um Viertel vor neun könnt ihr hoch“, also in einer Stunde. Wir schauen uns an, der Entscheid ist klar: Wir wandern hoch. Das dauert zwar doppelt so lang, aber wir hätten einiges verpasst. Und wir geniessen die Kühle des Morgens, denn es soll wieder ein heisser Tag werden. Naturgemäss sind auch viel weniger Leute unterwegs hier. Wenn die wüssten, was sie verpassen!
Der Weg wird immer schmaler, ist aber immer gut zu gehen. Nach gut eineinhalb Stunden erreichen wir die Glattalp, eine Hochebene, wo allerlei Vieh weidet. Dort gibt es ein Restaurant, dessen Angebot wir gerne nutzen, denn es ist heiss und durstig. Die Schweine geniessen die Sonne, es scheint ihnen wörtlich sauwohl zu sein.
Nach dieser Erfrischung wandern wir weiter, vorbei am Glattalpsee, ebenfalls einem Speichersee wie der Waldisee. Ohne den Kanal, der das Wasser in den See leitet, würde man kaum erkennen, dass es sich um einen künstlichen See handelt. Am Horizont sehen wir die Furggele, den Pass, den wir überqueren müssen nach Braunwald. Rechterhand sehen wir lehrbuchmässig die Gesteinsfaltung. Schon verrückt, wie da während Jahrmillionen einfach Fels gefaltet wird.
Nach dem See steigt der Weg an, wird schmal. Ist zuerst alles noch grün um uns herum, wird es nach oben immer karger. Zuletzt halten sich nur noch die Spezialisten unter den Pflanzen.
Auf dem Pass
Der Ortstock, der Hausberg von Braunwald, wäre nicht mehr fern, aber da wir vom Tal aus gestartet sind, lassen wir den aus, wir haben in dieser Woche ja noch mehr vor. Der letzte Teil vor dem Pass ist mühsames Geröll: Zwei Schritte vorwärts, einer zurück. Wir erreichen die Furggele, machen Pause und geniessen die Aussicht. Wir lassen unsere Blicke schweifen auf Braunwald und ins Glarnerland, auf die andere Seite in die Schwyzer und Urner Alpen.
Auf der anderen Seite geht es ebenso steil runter wie vorher hoch, aber der Weg ist nicht so rutschig. Im flacheren Gelände queren wir ein Schneefeld, das hier übersommert. Die folgende grasbewachsene Schwemmebene bietet ein Gehen wie auf Wolken, verglichen mit dem vorherigen Auf- und Abstieg.
Den Bärentritt runter
Nun haben wir die Wahl: Nach links auf einem Bergweg nach Gumen und mit der Bahn runter oder direkt via Bärentritt nach Braunwald. Ich habe keine Ahnung, was der Bärentritt ist, aber direkt runter ist sicher schneller. Zu Beginn geht es noch normal abwärts, dann wird es immer steiler, dann kommen Ketten. Wir steigen einfach ab, ohne genauer zu schauen. Wir ahnen, dass es da runter geht, sehen tun wir das aber nicht genau. Irgendwann wird das Gelände flacher und geht in Wiese über. Gemütlich flanieren wir zwischen Blumen, schauen zurück: Wir sind eine fast senkrechte Felswand abgestiegen! Von der Brächalp führt der Weg nochmals steil abwärts, bevor wir Braunwald und unser Hotel erreichen. Zum Glück, unsere Trinkvorräte sind erschöpft und wir haben Durst. Jetzt etwas trinken!
Start: | Talstation Glattalpseilbahn, Bisistal |
Ziel: | Braunwald |
Strecke: | Talstation Glattalpseilbahn, Bisistal – Läcki – Glattalp – Furggele – Bärentritt – Braunwald |
Distanz: | 18 ½ Kilometer |
Höhenmeter: | 1470 Meter |
Dauer: | 6 Stunden |
Schwierigkeit: | T2, Bärentritt T3 |
GPS-Track: | Bisistal – Furggele – Braunwald |
Höhepunkte: | Glattalp mit See, Furggele mit Aussicht, Bärentritt |
Alternative: |
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Auf unbekannte Berge
Die Hotelchefin fragt, was wir heute vorhätten. „Wir wollen auf den Leuggelenstock“, antworte ich. Sie verdreht die Augen, als hätte ich gesagt, wir gingen kleine Katzen ertränken. „Ist das keine gute Idee?“, frage ich. „Wo ist dieser Berg?“, fragt sie zurück. Aha, also ein Geheimtipp, sehr gut!
Wir wandern durch Braunwald, eine Streusiedlung. Es ist halb neun, es geht aufwärts und es ist bereits heiss. In unserem Rücken erhebt sich der höchste Glarner, der Tödi. Zum Glück führt der Weg nun durch den Wald, bevor es abwärts geht zur Bächialp. Kurz danach wartet eine Bergwirtschaft, auf uns allerdings vergebens, wir wandern weiter zum idyllischen Oberblegisee. Allerdings wäre er noch einiges idyllischer, wenn es nicht so viele Leute hätte. So halten wir uns nicht auf am See und gehen weiter zum Ijenstock. Was für ein eigenartiger Name. Wir machen zuerst im letzten Schatten einer Fichtengruppe Pause, eher wir den Gipfel in Angriff nehmen. Oben! Oder doch nicht? Wir schauen nochmals auf die Karte und stellen fest: Das ist gar nicht der Gipfel, der ist dort drüben. Steigen wir halt über Stock und Stein wieder ab auf den Wanderweg, den wir zwischenzeitlich verlassen haben.
Auf dem richtigen Gipfel
Dann erwischen aber den richtigen Weg und den richtigen Gipfel. Eigentlich ist es nur ein von Heidelbeerstauden gekrönter Hügel, aber die Aussicht ins Glarnerland ist trotzdem schön. Wir kehren wieder zurück auf den Wanderweg und nehmen den „berühmten“ Leuggelenstock in Angriff. Eigentlich ist es eher eine Kuhweide an Hanglage, dafür hat es hier keine Leute. Jetzt sind wir auf dem Gipfel. Nein, doch nicht, dort hinten ist es noch höher. Aber jetzt! Nein, wieder nicht. Es ist aber sehr schön hier, moorig mit Wollgras, Felsen mit Heidelbeerstauden. Schlussendlich finden wir den eigentlichen Gipfel, kein nennenswerter, aber mit viel Aussicht. Und Kühe sind definitiv häufiger hier als Menschen.
Wir steigen wieder ab zum Wanderweg und auf diesem direkt zum See, wo es jetzt noch mehr Leute hat. Und das Bergrestaurant Bächialp hat Glück, diesmal haben wir Durst und kehren ein. Allerdings nur kurz, denn der Wind frischt auf und der Himmel verdüstert sich. Wir trinken schnell aus und gehen weiter. Die ersten Tropfen fallen, gehen in ein Nieseln über. Aber kaum begonnen, ist der Regen auch schon vorbei. Wir sind nur am Rand des Gewitters, sehen es abziehen Richtung Spitzmeilen. Bei Sonnenschein erreichen wir unser Hotel und löschen erst mal den Durst.
Start: | Braunwald |
Ziel: | Braunwald |
Strecke: | Braunwald – Bächialp – Oberblegisee – Jienstock – Leuggelenstock retour |
Distanz: | 21 Kilometer |
Höhenmeter: | 1030 Meter |
Dauer: | 5 ¾ Stunden |
Schwierigkeit: | T2 |
GPS-Track: | Leuggelenstock retour |
Höhepunkte: | Aussicht ins Glarnerland, Oberblegisee |
Alternative: | Auf dem Rückweg vom Oberblegisee zum Brunnenberg und mit der Seilbahn hinunter |
Bähnliwanderung
Es ist wieder heiss am Heimreisetag, aber wir wollen noch eine kleine Wanderung auf dem Panoramaweg unternehmen. Zu diesem Zweck fahren wir mit der Gondel zum Grotzenbühl, wo der Weg startet. Er führt durch den Wald, die Temperaturen sind dadurch relativ angenehm. Oberhalb der Waldgrenze erreichen wir den Seeblengrat, was uns eine schöne Aussicht beschert, natürlich mit dem dominierenden Tödi wieder im Süden. Der Weg ist schön und abwechslungsreich. Und er wartet mit einer kleinen Überraschung auf, er führt nämlich durch einen Tunnel. Dazwischen kann man auch durch ein Fenster rausblicken. Legt man den Kopf in den Nacken, erblickt man Deckenmalereien. Wieder draussen, erhebt sich über uns der Eggstock, wo zahlreiche Klettersteige durchführen und der Berg entsprechend besucht ist. Im Berggasthaus Gumen löschen wir den Durst, bevor wir mit dem Sessellift hinunter fahren. Bleibt uns noch die Reise ins heisse Unterland.
Start: | Bergstation Grotzenbühl, Braunwald |
Ziel: | Bergstation Gumen, Braunwald |
Strecke: | Grotzenbühl – Chnügrat – Seeblengrat – Gumen |
Distanz: | 5 Kilometer |
Höhenmeter: | 720 Meter |
Dauer: | 1 ½ Stunden |
Schwierigkeit: | T2 |
GPS-Track: | Bähnliwanderung Seeblengrat |
Höhepunkte: | Aussicht, schöner, abwechslungsreicher Weg auf dem Grat |
Alternative: | Die Strecke ist ein Teil des Panoramaweges Braunwald. Der ganze Weg endet wieder im Grotzenbühl. |
Braunwald
Braunwald ist eine Streusiedlung und nur mit der Bahn erreichbar. Grundsätzlich ist es autofrei, Landwirtschafts- und kleine Transportfahrzeuge können einem aber trotzdem ab und zu begegnen. Wir erkundeten das Dorf an einem eher trüben Tag, es hatte in der Nacht stark geregnet.
Das erste Ziel ist das Bergrestaurant Nussbühl, erreichbar auf einem einfachen Spaziergang in einer Stunde. Nebelfetzen umwabern die mächtigen Ahornbäume. Diese wären alleine einen Post wert, so faszinierend sind sie. Im Wald kurz vor dem Nussbühl ist die Stimmung geradezu mystisch.
Hunger
Nach einer Ovo im Nussbühl kehren wir nach Braunwald zurück. Es geht gegen Mittag, der Hunger meldet sich. Wie gut, dass gleich vor uns das „Bsinti“ liegt, Lesecafé und Kulturbar. Man kriegt dort zu Mittag einfache Gerichte. Wie der Name schon sagt, kann man zum Kaffee lesen. Es stehen Bücher zum Ausleihen und zum Kaufen im Regal. Auch Kunst gehört dazu, an den Wänden hängen verfremdete Fotografien. Nun ja, Geschmackssache.
Braunwald ist als Familiendestination bekannt und wird auch entsprechend beworben. Wir haben sehr viele Familien angetroffen, zum Teil waren drei Generationen zusammen unterwegs. Ein grosses Plus ist natürlich, dass der Ort autofrei ist. Es gibt einige Themenwege, für Abwechslung ist jedenfalls gesorgt.
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