Diese Pfingsten waren sehr spontan geplant: Am Mittwoch kam ich mit dem Vorschlag, die Thurauen bei Flaach im Kanton Zürich zu besuchen, sind sie doch das grösste Auengebiet in der Schweiz. Und ach ja, ich habe gelesen, der Pirol sei auch wieder zurück.
Wir seien mutig, meint die Dame am Empfang des Camping in Flaach. Ich, mutig? Das ist eigentlich nicht meine herausragende Eigenschaft, ich bin eher der vorsichtige Typ. „Sie sind mutig, an Pfingsten ohne Voranmeldung hierher zu kommen!“ Ach so. Na ja, es hat ja noch Platz. Der Campingchef fährt persönlich mit dem Fahrrad voraus und zeigt uns unseren Platz. Weil Pfingsten sei, könne es heute Nacht ein bisschen laut werden. Eine leichte Untertreibung, wie wir später feststellten. Schnell bauen wir unsere beiden Zelte auf, allerdings fehlt die Hälfte der Heringe. Kurzerhand schnitzen die Jungs mit ihren Sackmessern ein paar Ersatzheringe.
Im Naturzentrum Thurauen
Wir begeben uns zum Naturzentrum Thurauen, das im Campingplatz integriert ist. Es ist ein moderner Holzbau, der 2011 eröffnet wurde. Im gleichen Bau befindet sich das Restaurant „Rübis & Stübis“, in dem man gut, aber nicht ganz billig isst.
Da heute Samstag ist, öffent das Zentrum erst um 13 Uhr. Wir machen es uns also auf den Sitzgelegenheiten bei der Bienenwiese gemütlich und essen erst mal was.
Wir sind natürlich die ersten Besucher um eins. Ich frage gleich, ob sie auch Feldstecher vermieten, denn zu meinem eigenen Entsetzen habe ich diesen zu Hause vergessen, was für mich einer mittleren Katastrophe gleich kommt. Tun sie leider nicht.
Die Ausstellung ist relativ klein, nur auf einem Geschoss in einem Raum, bietet aber eine Fülle an Informationen. Zum einen erfahren wir etwas über die Thur selber. Bis ca. 1860 mäandrierte sie frei durch die Ebene und bedrohte die Siedlungen immer wieder mit Hochwasser. Mit der Thurkorrektion, bei der der Fluss in einen Kanal gelegt wurde, konnte dieses Risiko entschärft, aber nicht beseitigt werden. Durch die Korrektion gingen aber auch wertvolle Lebensräume und mit ihnen viele Arten verloren. Diesen Fehler korrigierte man zu Beginn des neuen Jahrtausends wieder. Der alte Verlauf konnte zwar nicht wieder hergestellt werden, aber mit umfangreichen Massnahmen renaturierte man das Mündungsgebiet, wo die Thur in den Rhein fliesst.
In den Thurauen gibt es aber auch trockene Standorten, die von anderen Spezialisten bewohnt werden. Habt ihr gewusst, dass der Iltis, ein Marder, seine Beute paniert? Da er auch giftige Frösche und Kröten frisst, wälzt er sie zuerst im Sand, um das Gift zu neutralisieren.
Auf dem Lehrpfad
Nun haben wir genug gelernt, wir wollen nach draussen. Über eine Treppe steigen wir auf das Gebäude und haben einen schönen Überlick über das Gelände. Ein Brücke führt über den Platz darunter. Auf der anderen Seite hat man einen Anblick, den man normalerweise nicht hat: Man sieht direkt in die Baumkronen. Nach dem Abstieg befinden wir uns mitten in einem Stück Auenwald, mit Sümpfen, Bächen und Teichen. Ich komme mir vor wie im tropischen Regenwald. Überall sind Frösche, wahrscheinlich Teichfrösche. Regungslos sitzen sie auf Ästen, die im Wasser liegen.
Eine Seilbrücke führt über einen Teich, jedoch würde man jetzt ziemlich nasse Füsse kriegen. Und überall sieht man Spuren vom Biber: Seine Pfade, die er immer geht, geschälte Äste, angenagte Bäume. Damit er nicht jeden annagt, sind sie zum Teil mit Drahtgeflecht eingewickelt. Bequeme Liegen laden zum Verweilen, Lauschen und Sehen ein. Es ist eine richtige kleine Oase der Ruhe im Trubel des Zeltplatzes. Holzbeigen dienen, je nach Lust und Laune, zum Absitzen oder zum Rumturnen. Die Kinder haben sich natürlich für zweiteres entschieden. Im Schilf macht ein Teichrohrsänger auf sich aufmerksam. Bei der nächsten Station lernt man die Bedeutung von Silberweiden kennen und mit bereitgestellten Weidenästen kann man sich im Flechten versuchen. Da der Rundgang so schön ist, machen wir ihn gleich nochmals.
In den Thurauen
Am Pfingstmontag fahren wir mit den Bikes in die Thurauen, die etwa 1 1/2 Kilometer vom Zeltplatz entfernt sind. Im Wald können wir auch wieder trockenen Fusses auf einem Holzsteg gehen. Die Äste hängen tief, Weiher reiht sich an Weiher. Wunderschön wild! Immer wieder meinen wir den Pirol zu hören, sind uns aber trotzdem nicht sicher.
Wir fahren weiter zur Ellikoner Brücke, in deren Nähe wir unsere Bikes abstellen und zu Fuss weiter gehen. Ein Lehrpfad für Kinder führt uns durch die Gegend. Am Anfang wird uns eine Aufgabe gestellt: Dem Eisvogel wurden die Eier aus dem Nest geklaut und wir sollen herausfinden, wer es war. Alle weiteren Tafeln geben Hinweise auf den Täter. Und ganz nebenbei lernen wir viel über den Auenwald, deren Bewohner und die Gegend allgemein. Wie schon erwähnt mäanderte die Thur früher frei und unberechenbar durch die Gegend. Bei einer Tafel, mitten im Wald, steht, dass hier früher die Thur durchfloss. Unglaublich!
Silvan entdeckt wie immer allerhand, zum Beispiel Mistkäfer oder eine Maus. An der letzten Tafel hält dann die weise Waldohreule (Silvan nennt sie Asio otus) Gericht über die Verdächtigen. Für uns ist der Fall klar, aber mehr verrate ich nicht. Zu unserem Leidwesen finden wir die finale Schatztruhe nicht. Vielleicht liegt es daran, dass unter der Brücke gefestet wird und die Leute dort alles verstellt haben.
Beeindruckt fahren wir wieder zurück und sind uns sicher: Wir kommen wieder, dann aber mit Feldstecher.
Ach ja: Beim Zeltabbauen kamen die fehlenden Heringe zum Vorschein. Sie lagen unter dem Zelt…
Infos Naturzentrum Thurauen
Öffnungszeiten 2015
Preise
Einzeleintritt
Erwachsene 7.–
Familien 15.–
Kinder ab 6 Jahre 5.–
Ermässigt (Legi, IV) 5.–
Kinder bis 6 Jahre gratis
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